Der Dorfpfarrer (German Edition)
anschließen. Montégnac soll fruchtbar gemacht werden; wir wollen Wassermengen finden, um Ihre unbebaute Ebene zu speisen. Wie Moses schlagen Sie an einen Felsen, Tränen werden da heraussprudeln!«
Als der Pfarrer von Montégnac von seinen Freunden gefragt wurde, was er bei Madame Graslin ausgerichtet habe, sprach er von ihr wie von einer Heiligen.
Gleich am Tage nach dem Kaufe schickte Graslin einen Architekten nach Montégnac. Der Bankier wollte das Schloß, die Gärten, die Terrasse und den Park wiederherstellen, den Wald durch eine Anpflanzung erreichen, und setzte an diesen Wiederaufbau einen stolzen Eifer.
Zwei Jahre später wurde Madame Graslin von einem furchtbaren Unglück betroffen. Im August 1830 wurde Graslin durch Handels- und Bankbankerotte überrascht und trotz seiner Vorsicht mit hineingezogen. Er ertrug weder den Gedanken eines Konkurses noch den, ein in vierzig Arbeitsjahren erworbenes Vermögen von drei Millionen zu verlieren.
Die moralische Erkrankung, die sich aus seinen Aengsten ergab, verschlimmerte die in seinem Blute immer entfachte Entzündungskrankheit, und er sah sich genötigt das Bett zu hüten. Seit ihrer Schwangerschaft hatte sich Véroniques Freundschaft für Graslin bemerkbar und alle Hoffnungen ihres Verehrers Granville zunichte gemacht. Sie versuchte ihren Gatten durch unermüdliche Sorgfalt zu retten, hatte aber nur den Erfolg, die Martern ihres Mannes um einige Monate zu verlängern. Diese Frist wurde Grossetête sehr nützlich, der, als er das Ende seines ehemaligen Gehilfen voraussah, diesen um die für eine prompte Liquidation der Habe notwendigen Aufschlüsse bat. Graslin starb im April 1831 und die Verzweiflung seiner Witwe wich nur der christlichen Ergebung. Véroniques erstes Wort war, daß sie ihr eigenes Vermögen hingäbe, um die Gläubiger zu befriedigen; doch das Graslinische Vermögen reichte dazu aus, ja es blieben noch Summen übrig. Zwei Monate später ließ die Liquidation, für die Grossetête sich verwendete, Madame Graslin die Besitzung Montégnac und sechsmalhundertsechzigtausend Franken, ihr ganzes, ihr gehörendes Vermögen. Der Name ihres Sohnes blieb also makellos; Graslin schmälerte niemandes, nicht einmal seines Weibes Vermögen. Francis Graslin besaß noch etwa hunderttausend Franken. Monsieur de Granville, dem Véroniques Seelengröße und gute Eigenschaften bekannt waren, machte ihr einen Antrag, doch zur Ueberraschung von ganz Limoges wies Madame Graslin den neuen Generalprokurator unter dem Vorwande ab, daß die Kirche die zweite Ehe verdamme. Grossetête, ein verständiger Mann mit sicherem Blick, gab Véronique den Rat, ihren und Monsieur Graslins Vermögensrest in Staatsschuldscheinen anzulegen. Unverzüglich legte er die Summen im Monat Juli selber in dem der französischen Fonds an, welcher die großen Vorteile bot, drei vom Hundert einbrachten und damals für fünfzig Franken verkauft wurden. Francis hatte also sechstausend Livres Rente und seine Mutter etwa vierzigtausend. Véroniques Vermögen war noch das größte im Bezirke. Als alles geregelt worden war, zeigte Madame Graslin ihren Plan an, Limoges zu verlassen, um zu Montégnac bei Monsieur Bonnet zu leben. Von neuem rief sie den Pfarrer zu sich, um ihn über das Werk zu befragen, das er in Montégnac unternommen hatte, und an dem sie sich beteiligen wollte. Edelmütig versuchte er sie von diesem Entschlusse abzubringen, indem er ihr bewies, daß ihr Platz in der Gesellschaft sei. »Ich bin aus dem Volke geboren worden und will zum Volke zurückkehren,« erwiderte sie.
Voller Liebe für sein Dorf widersetzte der Pfarrer sich Madame Graslins Berufung um so weniger, als sie sich freiwillig dazu verpflichtet hatte, nicht mehr in Limoges zu wohnen, wo sie das Hotel Graslin an Grossetête abtrat, der es zu seinem vollen Werte übernommen hatte, um sich für die Summen, die ihm geschuldet wurden, zu decken.
Am Tage ihrer Abreise gegen Ende des Augustmonats 1831 wollten viele ihrer Freunde Madame Graslin bis vor die Stadt begleiten. Einige kamen bis zur ersten Poststation mit. Veronique saß mit ihrer Mutter in einer Kalesche. Der vor einigen Tagen zum Bischof ernannte Abbé Dutheil befand sich mit dem alten Grossetête auf dem Vordersitze des Wagens. Als man über die place d'Aîne kam, verspürte Veronique eine heftige Empfindung; ihr Gesicht zog sich derartig zusammen, daß man das Spiel der Muskeln sehen konnte. Sie preßte ihr Kind an sich mit einer krampfhaften Bewegung, welche
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