Der Drache aus dem blauen Ei
Luftmatratze. Dann landete sie mit einem lauten „Platsch!“ im Wasser. „Irgendetwas hat mich geschubst“, schimpfte sie.
„Iiieh!“, schrie ein Mädchen, das mitten im See schwamm. „Da ist ein großer Fisch im Wasser! Er hat mein Bein gestreift!“
„Irgendetwas tritt meinen Wasserball von unten!“, rief ein empörter Mann.
„Oh nein, dieser kleine Torfkopf ärgert die Badegäste“, stöhnte Alexander entsetzt auf. „Wir müssen ihn sofort herausholen.“
„Toller Plan! Und wie sollen wir das machen?“, zischte Anja. Am Ufer machte sich Unruhe breit. Ein Mann rief: „Jemand hat mich am Fuß gekitzelt.“
Zwei Frauen schwammen eilig an Land.
Lavundel schoss aus dem Wasser, kletterte blitzschnell an Alexander hoch und kauerte sich auf seine Schulter. „Hulfe!“, piepste er. „Ein Riesenfrosch ist hunter mir her!“
Ein Luftblasenstrudel blubberte an der Oberfläche, dann erschien nicht weit vom Ufer ein Kopf. Und eine Tauchermaske. Ein richtiger Taucher! Er trug eine Sauerstoffflasche auf dem Rücken.
„Achtung! Da ist ein grünes Krokodil im Wasser“, rief er dem dicken Mann mit der Kamera zu. „Es greift den Jungen an.“
Der Mann, der eben wieder den See gefilmt hatte, schwenkte die Kamera – und filmte Alexander mit Lavundel. Anja war ganz starr vor Schreck.
„Nicht bewegen, Junge!“, befahl der Taucher und schwamm auf das Ufer zu. „Ich helfe dir!“
„Iiiek!“, kreischte Lavundel. Er hopste eilig ins Wasser zurück und verschwand in der Tiefe.
„Rufen Sie die Polizei!“, rief der Taucher dem Mann mit der Kamera zu. „Und den Tierarzt und die Feuerwehr. Wir müssen die Eltern des Jungen suchen. Er muss zum Arzt, falls das Tier ihn gebissen oder gekratzt hat. Vielleicht ist es giftig.“
Alexander packte Anja an der Hand.
„Weg hier“, befahl er. Rasch flitzten sie zu den Fahrrädern und rasten davon. Ein Stück weiter versteckten sie sich im tiefen Gebüsch.
„Was machen wir denn jetzt?“, flüsterte Anja verzweifelt. „Lavundel ist immer noch da drin.“
Alexander war ganz blass geworden. „Wir müssen Mama und Papa Bescheid sagen“, sagte er. „Und zwar schnell.“
Sie radelten zum Kindersee. Zum Glück wussten sie, wo sie ihre Eltern finden würden. Sie lagen immer am flachen Seeufer, damit Bo dort spielen konnte. Schon von Weitem sah Anja Mamas großen gelben Sonnenhut und Papas rote Badehose. Sie wusste, dass es gleich richtig Ärger geben würde. Trotzdem war sie unendlich erleichtert, ihre Eltern zu sehen.
„Was ist denn mit euch passiert?“, rief Mama, als sie Anja und Alexander heranstürmen sah.
Anja schluckte schwer, dann sprudelte sie die ganze Geschichte heraus. „Wir wollten ihn doch nur ganz kurz mal schwimmen lassen“, beteuerte sie. „Und jetzt sucht der Taucher ihn. Und die Polizei. Und die Feuerwehr.“
Mama vergaß sogar zu schimpfen. „Kommt mit, Kinder!“, sagte Papa und stand auf.
Als sie am großen See ankamen, waren tatsächlich die Polizei und die Feuerwehr da.
„Bitte verlassen Sie alle den See“, hallte es aus einem Megafon. „Hier ist ab sofort Badeverbot.“
Die Menschen strömten ans Ufer. Dort standen sie nur und rätselten. „Im See soll ein Ungeheuer schwimmen“, sagte eine Frau zu einer anderen. Ein Mann ergänzte: „Wahrscheinlich ein Krokodil. Oder ein Saurier.“
„Wie das Ungeheuer Nessie“, setzte sein Freund hinzu.
„Wartet hier!“, sagte Papa. Unauffällig schlenderte er am See entlang und schlug sich dann in die Büsche. Aber Lavundel fand er nicht.
„Er ist abgetaucht“, meinte er, als er wieder zurückkam. „Wir können ihn nicht suchen, solange die Feuerwehr da ist. Wir warten, bis es dunkel ist. Jetzt gehen wir erst einmal nach Hause.“
„Heißt das, du willst ihn hierlassen?“, fragte Mama entrüstet.
Papa zuckte mit den Schultern. „Solange er sich am Grund zwischen den Wasserpflanzen versteckt, ist er in Sicherheit. Vergesst nicht: Er ist immer noch ein Drache. Drachen wissen selbst am besten, wie sie sich draußen in der Natur vor den Menschen verstecken müssen.“ Er lächelte verschmitzt. „Sie sind so gut darin, dass noch nirgendwo jemand was von ihnen gemerkt hat – nicht in Sibirien, nicht in China oder in der Karibik. Habe ich Recht?“
Papa hatte Recht. Wahrscheinlich hatte Lavundel ganz genau gewusst, warum er ins Wasser zurückgesprungen war, statt sich ans Ufer zu flüchten.
Das blaue Wunder
Es war nicht leicht, zu Hause auf die Dunkelheit zu warten.
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