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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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weiter vor der Metzgerei auf sie wartete.
    »Was gibt’s denn?«, wollte Ben wissen.
    »Willst du wissen, was der Ritter mit meinem Vater zu besprechen hat?«, antwortete Byasso mit einer Gegenfrage.
    »Natürlich.«
    »Dann komm mit.«
    Sie rannten den schmalen Weg zwischen der Metzgerei und der anschließenden Bäckerei entlang, der mit wucherndem, hüfthohem Unkraut zugewachsen war und zu keinem der beiden Grundstücke gehörte. Vor drei oder vier Generationen hatte sich darüber eine Familienfehde entwickelt, vier Menschen waren dabei getötet worden. Der damalige Bürgermeister hatte als Richter beide Nachbarn für verrückt und den schrittbreiten Streifen Land zwischen ihren Grundstücken zu Allgemeinbesitz erklärt. Da dieser Streifen aber als Sackgasse am Kanal endete, wurde er von der Allgemeinheit eigentlich nicht benutzt.
     
    Nach wenigen Augenblicken erreichten sie den Kanal, der weiter unten auch an Yirkhenbargs Anwesen vorbeifloss. Byasso führte sie triumphierend auf dem schmalen Uferstreifen entlang, als wäre der Weg ein großes Geheimnis. Wahrscheinlich war er das große Geheimnis von jedem Jungen in der Stadt, dachte Ben, und auch Yanko lächelte, als wäre er ihm vertraut.
    Der Bürgermeister lebte traditionell in Dagwarts Haus, dem
Gebäude, das der Stadtgründer selbst errichtet und bewohnt hatte. Die Mauer am Kanal war also schon alt und durch die Nähe zum Wasser feucht, der Verputz bröckelte, und Ben wollte seine Finger und Zehen schon in die Fugen krallen, da deutete Byasso auf die kleine Hintertür aus geschwärztem Holz. Augenzwinkernd kramte er den Schlüssel für das rostige Schloss aus seiner Hosentasche.
    Kein Klettern also, dachte Ben, doch Byasso führte sie hinter den Stallungen entlang zur Rückseite des schmutzig weißen Haupthauses und deutete dort auf eine Kellerluke.
    »Da runter. Mein Vater lässt mich schon alleine nie in sein Amtszimmer. Nur hohe Gäste bewirtet er immer dort.«
    »Und deshalb steigen wir in den Keller, statt an der Tür zu lauschen?«
    »Wartet’s ab.« Byasso grinste. »Ich habe nicht vor, mich beim Lauschen am Schlüsselloch von meiner Mutter erwischen zu lassen!«
    Sie klammerten sich an den Rand der Luke, ließen die Beine in die Tiefe baumeln und sich schließlich fallen, einer nach dem anderen. Sie landeten in einem Vorratskeller. Ben griff sich im Vorbeigehen zwei Äpfel und eine Zitrone aus den Regalen, stopfte sie in die Hosentaschen und folgte den anderen beiden an zwei Weinfässern und einer Treppe nach oben vorbei in eine kleine, holzverkleidete Kammer, die außer Staub nichts zu enthalten schien.
    »Was ihr jetzt zu sehen bekommt, das müsst ihr für euch behalten.« Byasso musterte sie ernst.
    »Schwört es«, verlangte er. »Schwört bei Hellwahs Sonnenlicht. Wenn ihr nicht schweigt, sollen euch die Augen aus dem Gesicht faulen und von fetten grauen Würmern verputzt werden.«

    »Wir schwören.« Ben zögerte keinen Augenblick, auch wenn dies ein mächtiger Schwur war. Weit unten im Süden sollte es eine ganze Stadt geben, die auf diese Weise einem Grafen und Drachenreiter Treue geschworen und ihn dennoch im Stich gelassen hatte. Jetzt lebten nur noch Blinde in der Stadt, ein paar sehende Kinder, die erst nach dem Schwur geboren worden waren, sowie ein stummer Bettler, der nicht hatte schwören können und nun, als der einzige Erwachsene mit Augenlicht so etwas wie der heimliche Herrscher war.
    »Gut. Denn davon weiß nicht einmal mein Vater.« Byasso langte hinter die Holzverkleidung, und ein leises Klacken ertönte, dann schwang ein schmaler Teil der Verkleidung an Scharnieren nach vorn. Dahinter verbarg sich ein schmaler, unbeleuchteter Gang.
    »Mann«, entfuhr es Yanko, »das ist unglaublich!«
    Byasso lächelte und ließ Ben und Yanko zwei Schritte vorausgehen. Die Wände bestanden aus rauen alten Ziegelsteinen, und eine dicke Staubschicht lag über allem. Die schwere feuchte Luft roch nach Moder.
    »Ist nicht besonders aufgeräumt«, grinste Byasso, nahm eine Laterne von einem Wandhaken gleich hinter der Tür und entzündete sie. Als er die Geheimtür hinter sich zuzog, blieb ihnen nur das spärliche Licht der kleinen Flamme, Fenster gab es hier unten keine.
    »Vorne rechts. Aber seid leise.« Er hatte die Stimme gesenkt und hielt sich den Zeigefinger an die Lippen.
    Am Ende des Gangs befand sich auf jeder Seite eine Tür. Ben, der vorausging, drückte die rechte auf und betrat einen länglichen Raum, in dem sich ein Strohsack zum

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