Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
gesagt. Und nicht an die Nase, sondern weg vom Körper.«
Ben zog eine Grimasse, gehorchte jedoch.
Aiphyron hustete ganz leicht, und eine kleine Flamme schoss aus seinem Maul. Hell loderte das obere Ende von Bens Fackel auf.
»Heiliger Hühnerfurz!«, fluchte er bewundernd. »Ich dachte, du kannst kein Feuer spucken!«
»Hab ich nie gesagt«, brummte der Drache. »Ich mag es nur nicht.«
Die Fackel leuchtete besser als jede von Menschenhand geschaffene, die Ben je gesehen hatte. Ihr Schein war leicht bläulich und reichte hinauf bis an die Höhlendecke hoch über ihnen. Ben ging umher und leuchtete den weiträumigen Bereich hinter dem Wasserfall gründlich aus, um nur ja nichts und niemanden zu übersehen. Dann stiegen sie tiefer unter das Plateau.
Von der Höhle zweigten nur kurze, kleine Stollen ab, deren Ende Ben immer schnell und mühelos erreichte, wenn er es nicht sogar schon vom Hauptgang her sehen konnte. Dieser blieb stets hoch und breit genug, so dass Aiphyron und er bequem nebeneinander vorankamen.
Drei große Säle durchwanderten sie, der hinterste und größte durchmaß sicher siebzig Schritte und war beinahe halb so hoch. An seiner Decke und auf dem Boden wuchsen hier und da helle Tropfsteine, in den meisten von ihnen erkannte Ben
Gesichter. Eine besonders hässliche Fratze nannte er Sidhy und trat mit dem Fuß dagegen.
Doch weder stießen sie auf weitere Riesenfrösche oder andere Untiere, noch entdeckten sie die Knochen der in der Sage angeblich gefressenen Kinder. Die Höhle gefiel ihnen, und so beschlossen sie hierzubleiben, bis Aiphyron wieder fliegen konnte. Die Tage würden sie draußen verbringen, bei Nacht und Regen versprach die Höhle ihnen Schutz. Sie suchten sich einen schönen Schlafplatz im hinteren Bereich, wo das Tosen des Wasserfalls kaum noch zu hören war, und Ben holte sich Laub und Gras von draußen, um den Felsboden ein wenig zu polstern.
Wieder schlief Aiphyron als Erster ein. Während seine regelmäßigen Atemzüge durch die Dunkelheit drangen, tauchte immer wieder der geifernde Riesenfrosch vor Bens geistigem Auge auf. Er spürte das Klatschen der klebrigen Zunge auf seiner Haut und sah die fiesen gelben Augen. Er zwang seine Gedanken nach Trollfurt, zu Nica, und mit ihr gelang es ihm, den Riesenfrosch zu verdrängen und endlich in einen tiefen, ruhigen Schlaf zu fallen.
UNGEWOLLT
S eit Yanko kleinlaut, aber deutlich und mehrmals zugegeben hatte, dass er sich wohl geirrt habe und Ben doch der Mörder sein musste, hatte man ihn wieder in die Trollfurter Gemeinschaft aufgenommen. Dass er trotz seiner Läuterung nicht an kaltblütigen Mord, sondern Totschlag in hitzigem Zorn zu glauben schien, ließ man ihm durchgehen, schließlich waren abweichende Meinungen das Vorrecht der Jugend, sofern sie nicht zu sehr abwichen. Das Wichtigste war, dass er Bens Schuld nun öffentlich anerkannte.
Auch wenn Yanko jetzt wieder mit den anderen Jungen lachte und sprach und herumzog, seine Rachegedanken hatte er noch nicht aufgegeben. Keinen einzigen Namen hatte er von der Liste gestrichen.
Er gebärdete sich so geläutert und beinahe schon unterwürfig, dass selbst Sidhy ihn zum Schulterknubbelrubbeln einlud. Dass Yanko ihn neulich angegriffen hatte, hatte dieser inzwischen gönnerhaft verziehen; immerhin war er ja als Sieger aus dem Kampf hervorgegangen, und Yanko hatte sich endlich untergeordnet. Sidhy stolzierte durch die Straßen, als wäre er der König der Trollfurter Jungen. Innerlich knirschte Yanko mit den Zähnen, doch nach außen lächelte er und nahm die Einladung an, weil er hoffte, dass auch Nica da sein würde. Seit ihrem Treffen an den Schleierfällen bekam er sie nicht mehr aus dem Kopf, sie war die Einzige, die wusste, was er wirklich dachte, immerhin war es ihre Idee gewesen.
In der Schule lächelte sie ihn an und sprach auch mal zwei,
drei Sätze mit ihm, doch nicht viel mehr, um nicht aufzufallen. Jedes Mal schlug sein Herz schneller. Es half nichts, dass er es ihm verbot, weil doch sein bester Freund Ben Nica liebte und er sie ihm nicht wegnehmen wollte.
Dann fragte er sich: Wieso wegnehmen? Ben hatte Nica doch nie besessen, sie wusste nicht einmal von seiner Zuneigung. Und hatte Ben diese Zuneigung nicht sogar selbst bestritten? Es gab also keinen Grund, darauf Rücksicht zu nehmen, vielleicht irrte sich Yanko ja auch, und Ben empfand tatsächlich nichts für sie. Außerdem würde Ben wahrscheinlich nie zurückkehren. Nica würde sich irgendwann in einen
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