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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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forsch.
    Doch Ben bezweifelte, dass er sich dessen wirklich so sicher war. Dafür wanderte Yankos Blick zu oft zwischen die Bäume, zu suchend, zu ängstlich.
    »Und warum haben sie keine Schulterknubbel?«, fragte Ben, während er zugleich auf ein fernes Schnüffeln lauschte.
    »Weil sie nie Flügel hatten.« In Aiphyrons Stimme lag Verachtung. »Weiße Drachen werden im Eis geboren. Wie der
Winter bringen sie mit ihrer Kälte Stillstand und Tod. Sie fühlen nichts. So jemand fliegt nicht, so jemand kriecht.«
    Richtig zufrieden war Ben mit dieser Erklärung nicht, sie war zu knapp. »Aber wie können die Ritter sie dann unterwerfen, wenn man ihnen nicht die Flügel abschlagen kann?«
    »Man kann sie nicht unterwerfen, aber man kann sie auf einen bestimmten Geruch ansetzen. Solange sie ihm folgen, ist nichts anderes von Bedeutung. Sie suchen denjenigen, dessen Geruch sie in ihrer Schnauze tragen, und wenn sie ihn haben, töten sie ihn.«
    »Und dann? Kehren sie zu dem Ritter zurück, der sie losgeschickt hat?«
    »Nein. Sie haben nichts Hündisches an sich. Sie kehren heim ins Ewige Eis. Du erinnerst dich? Das Eis, das du so gern sehen wolltest.« Aiphyron grinste.
    »Danke. Ich hab es mir anders überlegt.« Ben schüttelte sich.
    »Einst gab es jedoch Menschen, denen sind die Weißen wie Hunde gefolgt«, sagte Krawinyjan. »Es waren nicht viele, doch über die Jahrhunderte tauchte immer wieder einer auf, der die Weißen befehligen konnte. Man nannte sie Eisherrscher, und ihre Gabe war ebenso selten wie die eines Drachenflüsterers.«
    »Du meinst, ein solcher Eisherrscher hat uns die auf den Hals gehetzt?«
    »Blödsinn«, brummte Aiphyron. »Das wäre ein dämlicher Zufall. Jedes Kind, das ein Kleidungsstück, ein Möbel oder nur ein paar halb gekaute Essensreste mit eurem Geruch besitzt, kann die Drachen auf euch hetzen. Dazu braucht man keine besondere Gabe.«
    »Das wollte ich auch nicht behaupten. Ich habe nur gesagt,
dass unter Umständen...« Krawinyjan warf einen Seitenblick auf Aiphyron und schüttelte den Kopf. »Ja, gut, ich habe nichts gesagt.«
    »Na also.« Langsam löschte Aiphyron die Flammen um Feuerschuppe, um Ben den Weg frei zu machen. Das Gras, auf das das Eis getropft war, war abgestorben, der Boden hart wie im Winter, doch schmerzte die Kälte nicht mehr, wenn man auf sie trat.
    »Siehst du mich, Feuerschuppe?«, fragte Ben und blickte dem Drachen direkt in die von weißer Kälte überzogenen Augen.
    »Nur einen Schemen.«
    »Dann erschrick jetzt nicht«, sagte er und kniete sich vor ihm auf die Erde. Ganz vorsichtig fasste er auf die offenen Augen, ihre Oberfläche war glatt und eiskalt.
    »Ihr anderen lasst euch von Aiphyron ein neues Feuer entfachen, wärmt euch und macht etwas zu essen. Wenn ich hier fertig bin, habe ich Hunger«, sagte Ben noch, dann vertiefte er sich ins Heilen.

EIN ALTER ZAUBER
    I n den folgenden Tagen pflegten sie ihre Wunden und fragten Krawinyjan über seine Vergangenheit aus, wieder und wieder suchten sie nach einer Verbindung zu Norkham, doch vergeblich. So wenig ihnen der Gedanke gefiel, so wenig sie es verstanden, er war nicht der gesuchte Drache. Doch wo war er abgeblieben? Hatte etwa noch ein anderer Sieger eines Wettkampfs einen Drachen verliehen bekommen?
    »Ich glaube, er war nie in Chybhia«, sagte Yanko schließlich, dessen Fuß wieder normale Temperatur angenommen hatte. »So oft wie die Ritter in Vierzinnen das gegenüber den einfachen Leuten betonten, daran war etwas faul. Und das haben sie nicht getan, um die Ketzer zu demütigen, sondern einzig, um Norkham auf eine falsche Fährte zu locken. Sie waren überzeugt, irgendwer würde es dem geflohenen Ketzer berichten, doch weil sie nicht wussten, wer es verraten würde, mussten sie es möglichst jeden wissen lassen. Deshalb war auch der Käfig in Chybhia verhangen. Niemand sollte den Drachen vorzeitig sehen und beschreiben können, und ganz besonders nicht Norkham, von dem sie hofften, er würde in Verkleidung auftauchen, um ihn zurückzugewinnen. Oder zu befreien versuchen.«
    »Das alles war nur eine Falle? Und warum haben sie nicht den richtigen Drachen genommen?«, fragte Nica. »Dann hätten sie sich das Theater mit dem Käfig sparen können.«
    »Vielleicht weil er schon irgendwohin unterwegs war, als sie den Plan fassten? Ich weiß es nicht.«

    »Oder sie hatten Angst, dass der geraubte Drache vielleicht doch noch auf seinen alten Herrn hören würde«, vermutete Ben. »Das hätte zu ziemlich

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