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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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huschte über den geschuppten Rücken und entdeckte nicht die geringste Verkrustung,
keine Narbe, keine Erhöhung, nichts. Makellos reihten sich die Schuppen aneinander, als habe er nie einen Flügel gehabt. Als wäre er niemals unterworfen worden. Das war doch nicht möglich!
    Das würde bedeuten, die verfluchte Bestie griff sie aus freiem Willen an.
    »Ben!«, hörte er Nica schreien und wirbelte herum. Sie kniete neben der Feuerstelle auf der Lichtung und setzte eben das aufgeschichtete Holz in Brand. Einen überdrehten Moment lang dachte Ben, sie würde tatsächlich wie geplant das Abendessen zubereiten wollen, doch Yanko hockte zitternd und wimmernd neben ihr und hatte die Arme um die Knie geschlungen.
    »Hilf mir!«, schrie sie weiter.
    Er sprang hinüber und sah, wie sich Krawinyjan eben auf den Gegner von Feuerschuppe stürzte. Feuerschuppe war ganz von glitzernden Kristallen überzogen und bewegte sich nur noch schwerfällig. Ohne weiter hinzusehen, stürzte Ben auf die Knie und pustete wie wild ins Feuer. Kalte Asche von gestern wirbelte auf und drang ihm in Mund und Nase, so dass er husten musste.
    »Was ist mit Yanko?«, keuchte er.
    »Er friert. Sein Fuß wurde vom Hauch eines Drachen gestreift, als er mich von ihm weggezerrt hat.« Nica schniefte. »Wir müssen ihn wärmen.«
    In diesem Moment loderten die Flammen aus den dürren Ästchen und Rindenstücken hinauf, das Feuer leckte um die dickeren Holzbrocken und fraß sich hinein.
    Ben sprang zu seinem Rucksack und zerrte die zwei letzten Fackeln daraus hervor, die Aiphyron mit der leicht brennbaren, harzigen Substanz aus seinem Rachen überzogen hatte.
Sofort war er zurück am Feuer und hielt sie beide in die Flammen.
    »Was hast du vor?«
    »Halte du Yanko warm, ich helfe Juri!« Und damit stürzte er – zwei hell lodernde Fackeln in den Händen – zurück zum Fluss, wo die beiden Drachen noch immer aufeinander einschlugen.
    Beide bluteten schwer, kleinere und bis zu gut zwei Schritt durchmessende Eisschollen tanzten auf den Wellen davon oder landeten am Ufer. Überall sah Ben das dunkle Rot von Juris Blut.
    »Verrecke, du hässlicher Eisklotz!«, brüllte er und schleuderte die brennende Fackel mit aller Wucht nach dem weißen Drachen. Er hatte gut gezielt und traf die Bestie mitten auf die Schnauze.
    Fauchend riss sie den Kopf hoch und suchte nach dem neuen Angreifer. Juri nutzte den Moment der Ablenkung sofort und schnappte blitzschnell zu. Tief gruben sich seine Zähne in die Kehle des weißen Drachen.
    »Ja!«, brüllte Ben und sprang ins Wasser. Es war eiskalt, Schauer liefen seine Beine hinauf und über den Rücken bis in seinen Kopf. Doch darauf achtete er nicht, er spürte ohnehin kaum noch etwas. Mit klappernden Zähnen watete er durch das hüfttiefe Wasser zu den ineinander verbissenen Drachen, näherte sich ihnen von der oberen Seite, wo nicht ständig die Schwänze peitschten.
    Im passenden Moment sprang er vor und rammte dem Weißen die brennende Fackel mitten in eine hässliche gefrorene Wunde. Zischend tropfte frisches, durchscheinendes Blut in den Fluss, der Drache schrie und warf sich herum.
    Ben hechtete davon, und blitzschnell schlug Juri seine rechte
Klaue in die frisch aufgebrannte Wunde, tief drangen die Krallen hinein. Der Weiße jaulte vor Schmerz auf und hieb wild um sich.
    Ben wurde von einer Welle davongespült, stieß sich noch weiter vom Grund ab, er musste fort, nur fort. Ohne Fackel war er nutzlos. Der Hauch des Drachen streifte über ihn hinweg, während er rasch untertauchte, um ihm zu entkommen.
    Einen Augenblick später kämpfte er sich ans Ufer, um zum Feuer zurückzukehren. Dort ließ sich wenigstens noch ein brennender Ast auftreiben. Feuer tat diesen Biestern weh! Frierend und durchnässt rannte er torkelnd über die Lichtung, die Knie waren steif, die Muskeln wollten ihm nicht mehr gehorchen, doch er zwang die Beine voran, balancierte das Gleichgewicht mit seltsam zur Seite gestreckten Armen aus. Seine Hände waren blau.
    Gerade ließ Aiphyron von einem weißen Drachen ab, der an zahlreichen Stellen mit schwarzem Ruß überzogen war, und dessen ehedem furchterregende Klauen nur noch Stümpfe zu sein schienen. In Aiphyrons Augen glomm heiße Wut. Nichts erinnerte an den freundlichen Drachen, den Ben kannte. Er stürmte quer über die Lichtung und warf sich brüllend auf den weißen Drachen, der eben Krawinyjan von sich stieß und sich suchend umwandte.
    »Juri!«, schrie Ben und fuchtelte mit den Armen.

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