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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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oberflächlichen Blick gemustert und nicht erkannt. Wenn sie ihn nicht mehr erkannten, wem sollte es dann gelingen? Trotzdem schlug sein Herz laut, und er sah sich angespannt um, zuckte bei jedem lauten Ruf und schnellen Schritt in seinem Rücken zusammen.
    Die beiden hohen Flügel des fein verzierten Gittertors standen offen, doch der Durchgang wurde von zwei wahrlich großgewachsenen, muskulösen Wächtern versperrt, die Ben um Haupteslänge überragten. Sie trugen grüne Tuniken mit goldenen Verzierungen, die blanken Messingschnallen ihrer breiten Schwertgurte glänzten hell im Sonnenlicht. Beide hatten markante Gesichtszüge und ein mächtiges Kinn, das sie nach vorn gereckt hielten, doch war der eine blond, während der andere dünnes schwarzes Haar hatte. Die Nase des Blonden war riesig und gebogen.
    Bei Regen könnte sie glatt zwei Feen Schutz bieten, schoss es Ben durch den Kopf, als er vor dem Tor anhielt, eine rechts, eine links. Zumindest solange er sich nicht erkältete und niesen musste. Er biss sich auf die Lippen, um nicht loszulachen.

    Die beiden Wächter musterten ihn mit versteinerten Gesichtern, ohne die Köpfe zu senken. Keiner sagte ein Wort.
    »Ja, guten Tag. Ich wollte fragen, ob die Dienerin Anula hier ist. Ich würde sie gern... besuchen«, sagte Ben nach ein paar Augenblicken des Schweigens. Über der Hetzjagd und dem Kopfgeld hatte er ganz vergessen, sich eine glaubwürdige Geschichte zu überlegen, warum er sie sprechen wollte. Und er war noch immer zu durcheinander, um sich eine überzeugende Erklärung einfallen zu lassen, als der blonde Wächter schließlich fragte: »Und wer bist du?«
    »Ähm, ein alter Freund«, stammelte Ben, der gerade noch daran dachte, nicht seinen Namen zu nennen, der groß und breit als der eines Geächteten überall in der Stadt ausgehängt war.
    »So alt siehst du gar nicht aus«, entgegnete der Blonde, ohne mit der Wimper zu zucken. »Aber doch alt genug für einen Namen.«
    »Das schon, natürlich habe ich einen Namen. Jeder hat einen. Aber ich würde sie gern überraschen. Wenn ihr ihr nun meinen Namen verratet, dann ist die ganze Überraschung dahin, oder?«
    »Ja«, sagte der Wächter gedehnt und ohne die geringsten Anstalten zu machen, ihn einzulassen oder Anula herbeizuholen. Er starrte Ben mit hellblauen Augen an, in seinem Kopf schien es zu arbeiten, ganz langsam. »Aber das ist nicht mein Problem. Mein Problem ist allein die Sicherheit von Herrn Dicimes Anwesen.«
    »Sehe ich so aus, als könne ich die bedrohen?« Langsam fand Ben seine Selbstsicherheit wieder. Er versuchte ein unschuldiges Lächeln und zeigte den beiden Männern seine leeren Handflächen.

    »Da hat er auch wieder Recht«, mischte sich nun der zweite Wächter ein. Er grinste breit. »Komm, lass ihn rein. Das Bürschchen ist kein Räuber. Und wie ein Mörder sieht er auch nicht gerade aus.«
    Auch der Blonde begann bei der Vorstellung, Ben könnte gefährlich sein, zu grinsen. »Aber was, wenn er Anula belästigt? Erinnerst du dich noch an den liebestollen, betrunkenen Zimmerer, der sie beim letzten Markt zum Tanz abholen wollte? Drei von uns hat es gebraucht, den Kerl wieder vor die Tür zu setzen.«
    »Ja, aber das war ein Mann. Den Kleinen mit dem süßen roten Kopftuch schmeißt Anula eigenhändig raus, wenn er ihr dumm kommt. Dafür muss sie nicht einmal ihre Arbeit unterbrechen.«
    »O ja.« Versonnen lächelte der Wächter. »Sie hat wirklich ein lebhaftes Temperament.«
    Mit einem Grinsen, das immer breiter wurde, sahen die beiden Männer sich an. Ben unterdrückte den Wunsch, ihnen gegen das Schienbein zu treten.
    »Au ja, das will ich sehen, wie Anula den Kleinen zur Schnecke macht«, sagte schließlich der Blonde und ließ Ben passieren.
    »Mit hängendem Kopf wird er wieder rausgeschlichen kommen«, ergänzte sein Kamerad, bevor er sich Ben zuwandte: »Wahrscheinlich ist sie hinter dem Palast, heute ist Waschtag.«
    »Danke«, sagte Ben und schlüpfte an ihnen vorbei. Innerlich knirschte er mit den Zähnen. Die würden Augen machen, wenn er mit Anula an der Hand hier hinausmarschierte.
    »Wenn sich das dürre Seefahrerchen an Anula ranmacht, stopft sie ihn lächelnd in den Wäschetrog, wringt ihn kurz
aus und schickt ihn tropfnass auf die Straße zurück«, hörte er den einen Wächter noch sagen.
    Der andere prustete los: »Oder hängt ihn auf die Leine.«
    »Auf die Leine, das ist gut! Anula hat schon ganz andere ganz anders abserviert.«
    »O ja«, murmelte nun der

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