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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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das?«, fragte er Aiphyron. Sein Kiefer zitterte.
    »Ich habe keine Ahnung. Wären wir ganz im Norden, im ewigen Eis, dann ja, aber hier? Hier weiß ich es nicht.«
    »Im ewigen Eis?«
    »Ja. Weit im Norden, jenseits eures Wolkengebirges und der Trolllande und noch jenseits des Meers gibt es eine große Insel, die besteht nur aus Eis und gefrorenem Schnee. Wenn die Sonne hoch am Himmel steht, dann gibt es dort Gebirgszüge, die glitzern wie klare Kristalle.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich war einmal dort. Ist schon lange her.«
    »Das klingt schön.«
    »Das ist schön.«
    »Fliegen wir auch mal hin?«, fragte Ben. Langsam kam wieder Leben in seine Finger, und der kalte Hauch und die Kreatur
unter ihnen war über die Aussicht auf eine Welt wie aus Kristallen vergessen. Er hatte die schneebedeckten Gipfel der Berge geliebt, nun könnte er eine ganze Welt sehen, die so aussah oder noch viel schöner. Ihn packte die Sehnsucht, ferne Länder zu sehen, die Städte, von denen fahrende Händler in Trollfurt berichtet hatten, und die nur nach einer langen, beschwerlichen und gefährlichen Reise zu erreichen waren. Es sei denn, man flog auf einem Drachen. Mit einem Drachen konnte man überall hingelangen. Kein Händler hatte je von dieser Insel aus glitzernden Eiskristallen erzählt.
    »Vielleicht«, brummte Aiphyron. »Eigentlich ist es mir zu kalt dort.«
    »Ach, komm schon! Ich will das sehen. Nur einmal und ganz kurz. Dann frierst du auch nicht lange.«
    »Jetzt erfüllt ihr erst einmal euren Schwur, dann sehen wir weiter.«
    Grimmig nickte Ben. Selbstverständlich musste vor diesem Schwur erst einmal alles andere zurückstehen. Ein Schwur war schließlich ein Schwur.
     
    In den folgenden Stunden sprach Ben viel mit Aiphyron, und sie alberten viel herum. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, dass in den letzten Wochen überwiegend die Drachen zusammen in der Sonne gelegen hatten und geflogen waren und er die meiste Zeit mit Yanko und Nica verbracht hatte. Natürlich hatte er Juri geheilt, aber davon abgesehen waren Menschen und Drachen meist unter sich geblieben. Ohne dass sie es bewusst gewollt hatten, war es einfach so passiert. Hier ein Scherz von Mensch zu Drache, da eine Bemerkung von Drache zu Mensch, auch mal ein längeres Gespräch, doch meist hatte es diese Trennung gegeben. Lag es
daran, dass sie doch sehr unterschiedlich waren, egal, wie gut sie sich verstanden? Ben wusste es nicht.
    Doch es gab andere Dinge, über die er jetzt nachdenken musste. Er rief die beiden anderen Drachen herbei, so dass sie alle nah beieinander flogen, und erzählte von seinen Erlebnissen in Falcenzca. Nicht von Anulas Zurückweisung, von ihr sprach er überhaupt nicht, aber davon, dass er durch die Straßen gejagt worden war und dass auf sie alle ein beachtliches Kopfgeld ausgesetzt war. Das war etwas, das die anderen erfahren mussten, schließlich ging es auch um ihre Köpfe.
    Yanko brüllte ein paar saftige Flüche in den Wind, und Nica sagte mit kalter Stimme: »Auch dafür wird der verdammte Ketzer zahlen.«
    Die Drachen ließen sich nicht sonderlich beunruhigen, schließlich wurden sie wegen ihrer Flügel sowieso in Hellwahs Namen gejagt. Für sie änderte sich nichts.
    »Das sind einfach widerliche, selbstgerechte, gedankenlose, hohlköpfige Besserwisser in polierten Metallhemden«, knurrte Juri. »Die glauben anscheinend alles, was man ihnen erzählt. Sagt ihnen einer, Drachenflügel sind verflucht, dann ziehen sie los und hacken sie einfach ab, ohne mit uns darüber zu sprechen, wo wir Drachen doch eigentlich am besten darüber Bescheid wissen müssten. So ein Schwachsinn! Ich beiß doch auch keinem Hasen die Hinterläufe ab, so dass er nur noch mühsam durchs Gras robben kann, und nenne ihn dann frei und meine Tat gnädig und gut. Oder rupfe einem Vogel die Federn aus und erwarte dann überschwänglichen Dank von ihm, weil ich ihn aus Neid an die Erde gefesselt habe und das Ganze Freiheit nenne, und...«
    »Das würde ein aufrechter Ordensritter niemals tun«, warf Yanko kichernd ein. »Nacktheit ist ein Frevel.«

    »Was ist ein Frevel?«, fragte Juri.
    »Nacktheit.«
    »Nein. Was bedeutet Frevel?«
    »Ein Frevel? Das ist so etwas wie eine Sünde, nur nicht ganz so schlimm.«
    »Sünde?«
    »Ich erklär’s dir später«, mischte sich Aiphyron ein, dem Ben dies alles schon vor einer Weile mühsam erklärt hatte. Zumindest so weit ein Drache es verstehen konnte.
    »Danke. Was ich aber sagen wollte: Diese Ritter glauben

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