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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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auf, brach sie in unterarmlange Stücke und schleuderte sie mit Wucht in die Spalten, um giftige Schlangen und anderes Getier aufzuscheuchen, das sich dort möglicherweise wohnlich eingerichtet hatte.

    Tatsächlich stob aus einer der Höhlen ein seltsamer Vogel. Er hatte ein prächtiges, leuchtend rotes Gefieder und ähnelte einem aufgeplusterten Königsschwan, nur dass er dreimal so groß war und sein gelber Schnabel leicht gekrümmt und spitz wie der eines Raubvogels. Auch waren die Beine ein Stück länger und die Flügel kleiner, zu klein, um den Vogel in die Luft zu tragen. Wild schlug er mit ihnen um sich, krächzte laut und heiser und rannte mit zornig blitzenden Augen auf Yanko zu. Noch bevor er reagieren konnte, schnellte Aiphyrons Klaue vor und packte das zeternde Tier.
    »Hey, Bursche, bist du ein Feuervogel?«, knurrte er ihn an und hielt ihn sich prüfend direkt vor das rechte Auge, während er das linke zusammenkniff. Er musterte ihn mit derselben misstrauischen Abneigung wie ein Juwelier einen schlecht geschliffenen Edelstein.
    Hilflos krächzte und zappelte der Vogel im festen Griff der Drachenklaue.
    »Red deutlich! Ich kann dich nicht verstehen«, schnaubte Aiphyron.
    »Krah«, machte der Vogel.
    »Feuervogel oder nicht? Sag schon!«
    »Krah!«
    »Das ist keine vernünftige Antwort!«
    »Krah!«
    »Was?«
    »Krah!«
    Zu einer anderen Antwort schien der Vogel nicht in der Lage zu sein. Also ließ Aiphyron ihn nach weiterem Hin und Her langsam wieder auf die Erde und gab ihm einen aufmunternden Klaps auf den Hintern, so dass ein paar Federn knickten und der Vogel in den Bach schlitterte. Mit schlagenden
Flügeln tauchte er unter, sanfte Wellen plätscherten über ihn hinweg. Kurz darauf kämpfte er sich schimpfend wieder an die Oberfläche, reckte den langen Hals hierhin und dorthin, plusterte die Federn auf und ließ sich schließlich mit der Strömung davontreiben.
    Ben und die anderen hatten Aiphyrons Anfälle bei dem einen oder anderen roten Tier zu oft erlebt, um sich noch groß darüber zu wundern oder es gar zu kommentieren. Ben starrte dem Vogel hinterher, der sich auf dem Wasser bewegte, als wäre er dort zu Hause. Inzwischen reckte er den Kopf stolz in die Höhe, als wäre nichts gewesen. Als wäre er der unumstrittene König des Bachs und nicht eben von einem Drachen durch die Gegend gekegelt worden.
    »Dann macht es euch mal bequem«, sagte Aiphyron wieder ganz fidel und leckte sich hungrig über das Maul. »Ich schau mal, ob ich uns irgendein leckeres Tier zum Frühstück fangen kann.«
    »Du gehst jagen?«, fragte Yanko verblüfft.
    »Ja. Warum?«
    »Und was ist mit dem Vogel? Du hattest gerade einen riesigen Braten gefangen und ihn wieder freigelassen. Was hattest du an ihm auszusetzen?«
    »Sag mal, Junge, was ist mit dir los? Ich esse doch niemanden, mit dem ich schon geredet habe.«
    »Geredet...?«
    »Natürlich«, sagte Aiphyron und breitete die Flügel aus. »Bis gleich.«
     
    Die weiteren Höhlen erwiesen sich als verlassen, sah man von ein paar Schnecken, gefleckten Nachtasseln und anderen harmlosen Krabbeltieren ab. Es waren keine frischen Spuren
von größeren Tieren zu erkennen. Neugierig kletterten die drei Freunde auf die Felsen und sahen sich um. Die Bäume standen dicht, das Unterholz in der Umgebung war ausgeprägt, Anzeichen von Menschen ließen sich keine finden. Plötzlich rief Nica: »Pilze!«
    »Was?«, fragte Ben.
    »Seherpilze.« Ehrfürchtig deutete sie auf ein knappes Dutzend Pilze mit sonnengelben Lamellen und glänzend dunkelblauen, trichterförmigen Kappen, in denen sich im Herbst das Regenwasser sammelte. Sie wuchsen im dichten Moos auf der Nordseite eines Felsens, ihre Kappen hatten die Größe eines Handtellers.
    Langsam ging Nica auf sie zu und ließ sich auf die Knie sinken. Mit den Fingerkuppen strich sie vorsichtig über den größten Pilz.
    »Sind die essbar?«, fragte Yanko.
    »Essbar?« Nica wandte sich um, ihre Augen leuchteten. »Kennt ihr keine Seherpilze?«
    Ben und Yanko schüttelten die Köpfe, und Yanko hakte noch einmal nach.
    »Weit mehr als das«, versicherte Nica. »Sie lassen einen die Wahrheit erkennen. Eigentlich sind sie Priestern vorbehalten, aber ich habe mit einer Freundin schon mal welche gegessen. Wir konnten die Bäume atmen hören, und sie hat das wahre Gesicht eines Jungen gesehen, der ihr den Hof gemacht hat: Es war eine gierige Fratze mit bluttriefenden Raubtierzähnen. Daraufhin hat sie ihn zurückgewiesen, und er hat

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