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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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nicht als mich selbst. Und wenn es als fahrender Kesselflicker ist.«
    »Klingt nicht sehr glaubwürdig«, brummte Aiphyron und tauchte in Richtung Erde. Sie hatten das Wäldchen erreicht, das sich aus der Nähe als gar nicht so klein herausstellte. Die Bäume standen dicht, es war ein gutes Versteck. »Kesselflicker gewinnen keine Wettkämpfe, ohne enttarnt zu werden, wenn du mich fragst.«
    »Ach ja?«
    »Ja.« Der Drache setzte auf einer kleinen Lichtung auf, an deren Rand ein schmaler Bach entlangfloss. »Denkst du nicht, dass all die versammelten Helden, Ritter und Adlige misstrauisch werden, wenn sie von einem Handwerker geschlagen werden? Noch dazu von einem Jungen wie dir? Ich denke, sie sind zu sehr von sich selbst eingenommen, um das zu ertragen.«
    »Hm«, brummte Ben. Das klang überzeugend, doch das wollte er nicht zugeben.
    »Ich sage dir, mach dir einen schönen Tag, finde heraus, wer den Drachen gewinnt, und wir jagen ihn ihm ab, sobald er die Stadt verlässt. Dort drin wimmelt es sicher vor Ordensrittern.«
    Das klang weit weniger heroisch und abenteuerlich, aber vernünftig. Und tatsächlich weniger gefährlich. Beinahe unmerklich nickte Ben.

    Suchend blickte er sich nach etwas Frischem zu essen um, doch außer ein paar Beeren entdeckte er am Rand der Lichtung nichts Schmackhaftes, und so kramte er ein zähes Stück Dörrfleisch aus dem Rucksack, das Yanko in Trollfurt eingesteckt hatte.
    »Ich will ja nicht schon wieder damit anfangen«, sagte Aiphyron. »Aber wäre es nicht schön, bald in ein anderes Land zu fliegen, das nicht vom Orden beherrscht wird? Ich meine, wir hetzen ständig von einer Stadt zur nächsten, und wir Drachen dürfen uns immer in der Nähe verstecken. Immer dasselbe. Zu dritt war es nicht ganz so öde, aber jetzt bin ich auch noch allein.«
    »Bald bist du ja wieder zu zweit«, blaffte Ben, dessen Angst schleichend wiedergekehrt war, seit sie den Boden berührt hatten. »Meinst du, ich bin wild darauf, allein in so eine Stadt zu laufen? Ich werde gejagt!«
    »He, was ist los, Junge? Ich hab doch nur Spaß gemacht.« »Toller Spaß«, brummte Ben, der auf keinen Fall zugeben wollte, dass er sich vor dem Gang in die Stadt fürchtete, davor, vom Orden erwischt zu werden.
    Gehenkt.
    Oder von den unerbittlichen weißen Drachen gefressen. Doch dann platzte es aus ihm heraus, und er erzählte Aiphyron von all diesen Ängsten. Der Angst, dass irgendwer doch seine Verkleidung durchschaute, der Angst vor jedem Schritt im Rücken, vor jedem nächtlichen Geräusch im Gebüsch, das ein anschleichender Kopfgeldjäger sein könnte. Der Angst, die ihn nur hoch in den Lüften in Ruhe ließ, und die jetzt mit aller Macht zurückgekommen war, weil Yanko und Nica nicht bei ihm waren. Auch wenn ihre Begleitung in Vierzinnen nicht viel geholfen hatte.

    »Aber ich bin bei dir«, sagte Aiphyron.
    »Klar.« Ben knuffte ihn gegen die Schnauze. »Du liegst hier faul auf der Lichtung und frisst gelangweilt irgendwelche roten Käfer.«
    »Ich kann morgen über der Stadt kreisen und dich im Auge behalten, hoch oben. Selbst wenn irgendein Ritter mich als fernen Punkt sieht und sogar ahnt, was ich bin, was soll er schon groß tun? Hochfliegen? Sein Schwert nach mir schmeißen?«
    Ben grinste und fühlte sich gleich ein wenig wohler. Alles schien nun weniger schlimm, seit er es ausgesprochen hatte. Seit er wusste, dass Aiphyron doch irgendwie bei ihm sein würde. »Aber wie willst du mich von so fern im Auge behalten?«
    »Es sind gute Augen.«
    »Und wenn ich in einem Gebäude verschwinde?«
    »Dann warte ich, bis du es wieder verlässt. Im schlimmsten Fall verliere ich dich auch, aber ich finde dich wieder. Und ich werde es bemerken, wenn sich ein weißer Drache der Stadt nähert. Dann gebe ich dir ein Zeichen oder hole dich sofort raus. Ich lass nicht zu, dass dich ein weißer Drache erwischt.«
    »Gut«, sagte Ben und machte es sich unter einer jungen Himmelsbuche am Rand der Lichtung bequem. In dieser Nacht wurde er nicht von Albträumen geplagt.
     
    Das kniehohe Gras war feucht vom Tau, und als Ben in der Morgendämmerung schließlich die Straße nach Chybhia erreichte, war seine Hose durchnässt und klebte kühl an den Waden. Leichter Wind wehte vom See herüber, und Ben sehnte sich nach der Sonne, die ihm die Beine trocknen und
wärmen würde. Ganz langsam schlenderte er Richtung Stadt, die vielleicht noch zwei Meilen entfernt lag. Er wollte nicht als Erster am Morgen Einlass begehren, um nur

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