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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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weit eingefallene Gebäude am Rand eines Dorfs. Menschen standen als kleine Punkte herum, einige schimmerten silbern in der Sonne, als trügen sie eine Rüstung.
    »Ritter.« Aiphyrons Stimme war voller Verachtung.
    Ben spuckte im Vorüberfliegen hinunter, in der vagen Hoffnung, einen von ihnen zufällig zu treffen.
    »Das kann ich auch«, knurrte Aiphyron, flog eine Schleife und spuckte direkt über den Rittern einen dicken Batzen in die Tiefe. »Aber ich glaube nicht, dass wir den Brand so löschen können.«
    Ben lachte auf, und sie flogen weiter. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Aiphyron getroffen hatte.
     
    Als sich die Sonne dem Horizont näherte, erreichten sie Chybhia. Die Stadt lag nicht fern eines gedrungenen, felsigen, zerklüfteten Bergs an einem großen, langgestreckten
See, dessen Wasser von außergewöhnlicher Klarheit war. Auf ihm brach sich das Sonnenlicht wie nirgendwo sonst. Jetzt am Abend erstrahlte der Schaum der sanften Wellen in einem hellen Rot, am Mittag funkelte angeblich die ganze Wasserfläche klarer als Diamanten. Sah man dann von oben hinein, strahlte einem die Sonne ebenso gleißend entgegen wie vom Himmel, daher hatte der See den Namen Hellwahs Spiegel.
    Die Häuser Chybhias waren überwiegend aus weißem Stein gebaut, und viele waren am Ufer des Sees errichtet, denn jeder suchte die Nähe zu dem heiligen Gewässer. So zog sich ein großer Teil der Stadt wie ein schmaler Streifen an Hellwahs Spiegel entlang, auf der Landseite geschützt von einer mächtigen weißen Mauer, auf deren Kamm sich mehrere Schritt hohe, gewundene Stahlzinken erhoben, welche die Strahlen der Sonne repräsentieren sollten und gleichsam Angreifern den Zugang zur Stadt verwehren.
    Doch nicht nur auf dem Land erhoben sich die Häuser. Zahlreiche breite, bebaute Brücken führten weit auf den See hinaus, kreuzten sich oder führten gar auf riesigen Säulen im Bogen über die Gebäude einer anderen Brücke hinweg. Die Kapitelle der Brückenpfeiler waren mit erhabenen vielstrahligen Sonnen verziert. Jahr um Jahr wuchs die Stadt weiter auf den See hinaus.
    Je näher sie kamen, umso deutlich erkannten sie, wie prächtig Chybhia wirklich war. Viele der Häuser waren Paläste, die Tempel reich verziert, und der pompöse Eingang des bestimmt zweihundert Schritt langen Stadions, in dem viele der heiligen Wettkämpfe stattfanden, hatte ein Dach aus Goldplatten.
    Die Straßen schienen sehr belebt, ein Gewühl aus Punkten in unterschiedlichsten Farben wogte sich in alle Richtungen.
Der Lärm, den sie machten, wurde als Gemurmel bis zu Aiphyron und Ben hinaufgetragen. Weit draußen auf dem See, sogar jenseits der mächtigen Türme, die mit großen Katapulten die seewärtigen Grenzen der Stadt bewachten, schwamm eine Handvoll Häuser auf Flößen. Nicht alle hatten den Anker geworfen, manche ließen sich offenbar treiben. Chybhia war so groß, dass Ben lange nicht jede Straße, geschweige denn jede Einzelheit von oben aufnehmen konnte.
    »Lass uns ein Versteck finden, bevor sie dich entdecken«, sagte er. Doch weder der See noch die umliegenden Felder oder weitläufigen Wiesen im Umland der Stadt boten Schutz vor neugierigen Blicken. Auch der Berg kam nicht in Frage, er war der Austragungsort für wenigstens einen Wettkampf.
    »Wie wäre es mit dem Wäldchen dort hinten?«
    »Ziemlich weit weg. Da laufe ich morgen ja den halben Tag, um in die Stadt zu kommen.«
    »Fauler als ein Sack Mehl, der Herr Ben«, knurrte Aiphyron. »Keine Angst, ich bring dich morgen vor Sonnenaufgang schon wieder nah genug an die Stadt heran, damit deine zarten Füße keine Bläschen bekommen. Aber wahre Helden jammern wirklich weniger herum.«
    »Ich jammere nicht. Ich dachte, dass vielleicht die Zeit drängt. Abgesehen davon kann ich ohne Blasen leichter an einem Wettkampf teilnehmen. Das Einfachste wäre es nämlich, ich würde den Drachen gewinnen. Dann wird er mir überreicht, und wir müssen nicht in die Ställe einbrechen. Bestimmt sind die gut bewacht.«
    »Dir ist schon klar, dass auf dich ein Kopfgeld ausgesetzt ist? Willst du als Vertreter der Geächteten antreten, oder was?«
    »Schon mal was von Verkleiden gehört? Klar ist es als Drache
schwer, die Schuppen zu wechseln, aber wir Menschen können uns andere Kleidung anlegen.«
    »Und das macht euch zu einem anderen?«
    »Manchmal.«
    »Und als was willst du Bürschchen dich verkleiden? Als geschrumpfter Held?«
    »Sehr witzig. Es ist völlig egal, als was ich mich ausgebe, Hauptsache

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