Der Drachenthron: Roman (German Edition)
den Geruch der Drachen zu ihm, einen Hauch von Asche und verbrannter Kohle. Er sog den Duft förmlich in sich ein. Wenn er sie riechen konnte, dann konnten sie ihn nicht riechen. Du verlogener, mordender Bastard! Ich könnte dich gleich hier töten. Sofort.
»Mias und Arakir sind zurückgekehrt, bevor sie verwundet wurden. Die Weiße hat sie noch in der Luft angegriffen. Ich konnte nicht sehen, was mit Mias geschehen ist. Die Weiße muss ihn erwischt haben.« Semian blickte zu dem Drachen mit dem gebrochenen Flügel. »Arakir war auf Sturmböe. Ich habe beobachtet, wie er und die Weiße im Fluss gelandet sind und sich einen erbitterten Kampf geliefert haben. Arakir wurde zerquetscht, Sturmböe hat einen gebrochenen Flügel und wahrscheinlich einen gebrochenen Lauf. Die Weiße ist ebenfalls verletzt. Sie ist flussaufwärts entkommen. Sie ist gehumpelt, und ich habe sie nicht wegfliegen sehen. Der Knappe ist immer noch bei ihr, und der überlebende Söldner hat auch die Flucht ergriffen. Wahrscheinlich ist er längst über alle Berge.«
Nein, ich bin genau hier. Mit zusammengekniffenen Augen spähte Kemir den Pfeil entlang. Wohin soll ich zielen, Reiter Rotznase? Ins Gesicht? In den Hals, wie du es bei Sollos getan hast? Nicht ins Herz, denn dort schlägt schon lange nichts mehr. Langsam senkte er den Bogen. Dieser Weg wäre zu einfach. Semian könnte hier und jetzt sterben. Dann wäre Vergeltung geübt worden, aber Sollos würde es nicht zurückbringen.
Außerdem gab es da dieses klitzekleine Problem mit den vier anderen Drachenrittern. Sie trugen allerdings ebenfalls Rüstungen, und Kemir war sicher, im Wald verschwinden zu können, bevor sie ihre Drachen auf ihn hetzen konnten. Doch Semian einfach nur mit einem Pfeil zu durchbohren genügte Kemir nicht. Er lechzte danach, ihm Schmerzen und Leid zuzufügen. Den Ritter sollte ein langsamer und qualvoller Tod ereilen.
»Wir haben die Weiße gesehen. Ein paar Meilen flussaufwärts«, sagte einer der anderen Reiter. »Wir haben auch Sturmschatten kurz gesehen und dann Sturmböe. Verdammt noch mal! Was tun wir jetzt nur? Sollen wir uns auf die Fährte der Weißen begeben? Es wird schon dunkel.«
Langsam und qualvoll . Kemir spannte erneut den Bogen.
»Nein.« Semian verzog das Gesicht. »Ja. Nein. War Sturmschatten verletzt?«
»Schwer zu sagen.«
»Geh und find es heraus. Falls Sturmschatten fliegen kann, bringst du sie zurück zum Lager. Erzähl ihnen, was geschehen ist, und dass wir einen neuen Alchemisten brauchen. Sag ihnen, dass wir die Weiße gefunden haben. Dann kommt ihr alle hierher zurück. Jemand muss bei Sturmböe bleiben. Der Rest von uns …«
Der erste Pfeil traf Semian im Bein, genau oberhalb des Knies. Semian heulte auf, taumelte und fiel rücklings ins Wasser. Der zweite Pfeil bohrte sich in den Rücken eines der anderen Reiter. Der dritte Pfeil traf den verwundeten Drachen am Hals, doch das Tier zischte lediglich und versuchte, nach ihm zu schnappen. Kemir machte sich nicht die Mühe, einen vierten abzuschießen. Stattdessen trottete er ein Stück tiefer in den Wald, machte dann eine Kehrtwende und folgte dem Flusslauf. Die Ritter würden ihm nicht ins Unterholz folgen, davon war er überzeugt, und die Drachen könnten ihn in der Dunkelheit niemals finden. Reiter Semian nicht zu töten, stellte er überrascht fest, erfüllte ihn mit einem Gefühl der Genugtuung. Töten könnte er ihn nur ein einziges Mal. Kemir lächelte still in sich hinein. Pfeile hingegen kann ich immer und immer wieder in seine Arme und Beine schießen .
Es kostete ihn die halbe Nacht, bis er den weißen Drachen und den Knappen endlich fand. Der Drache lag zusammengerollt am Wasser und schlief. Der Knappe hatte sich an ihn geschmiegt. Als Kemir näher herankroch, bemerkte er eine weitere Gestalt, die leise schnarchte. Er schlich lautlos zum schlafenden Knappen, hockte sich neben ihn, zog ein Messer hervor und schob vorsichtig den Umhang des Burschen zur Seite.
»Knappe!«, zischte er und warf dem Drachen einen misstrauischen Blick zu. Dann rüttelte er den Kerl sanft. »Knappe!«
Der Knappe rührte sich. Der Atem des Drachen blieb unverändert.
»Knappe!«
Der Knappe öffnete die Augen. Kemir drückte ihm die Messerspitze an den Mund. »Sei leise, Knappe! Hätte ich dir etwas antun wollen, wärst du jetzt schon nicht mehr am Leben. Aber wenn du den Drachen aufweckst …«
»Wer bist du?« Der Knappe blickte schlaftrunken und verständnislos zu ihm hoch.
»Mein Name
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