Der Drachentoeter
belästigst, dann komme ich über dich wie ein böser Bann.«
Marihana erhebt sich geschmeidig. »Unser Gespräch ist beendet«, sagt sie etwas weniger kühl.
Es ist mir also gelungen, sie zu ärgern. Sehr gut. Das zeigt, was für ein blödsinniger Narr ich geworden bin. Wie komme ich dazu, eine Meuchelmörderin in ihrer eigenen Höhle zu reizen?
»Eine letzte Frage noch: Wie schafft Ihr Meuchelmörder es, dass Eure Haut so blass bleibt? Ist es Schminke, ein Spezialtraining oder was?«
Marihana zieht an einer Glockenschnur. Zwei Meuchelmördernovizen tauchen auf und eskortieren mich über einen langen Flur zur Vordertür.
»Ihr solltet euren Laden ein bisschen aufhübschen«, schlage ich vor. »Besorgt euch doch mal ein paar Friedhofspflanzen.«
Sie würdigen mich keiner Antwort. Anscheinend üben sie gerade die Lektion: Wie schaffe ich es, eine grimmige Miene zu behalten, ohne auch nur einen Muskel zu rühren? Draußen auf der staubigen Straße, schüttele ich mich. Meuchelmörder. Sie verursachen mir eine Gänsehaut.
11. Kapitel
Als ich durch die geschäftigen Außenbezirke von Zwölf Seen flaniere, nehme ich meine übliche Abkürzung durch die Sankt Rominius Gasse, einen schmalen Weg. Hinter der ersten Ecke warten drei Männer mit gezückten Schwertern auf mich.
»Was denn, was denn?« Ich ziehe mein eigenes Schwert.
Sie kommen einige Schritte näher.
»Wo ist das Tuch, Thraxas?«, fragt einer.
»Ich habe keinen Schimmer.«
Sie versuchen, mich zu umzingeln. Ich brülle meinen Schlafzauber. Meine drei Angreifer fallen sofort zu Boden. Sehr gut. Ich bin höchst erfreut. Jedes Mal, wenn mir das gelingt, durchrieselt mich eine freudige Wärme. Ich bekomme dann das Gefühl, dass mein Leben doch nicht ganz vertan ist.
Der Schlafzauber hält etwa zehn Minuten an, so dass mir Zeit für eine kleine Leibesvisitation bleibt, bevor ich den Schauplatz verlasse. Aber in ihren Taschen finde ich nichts von Interesse. Doch die drei tragen alle dieselbe Tätowierung: zwei verschränkte Hände, das Zeichen des Freundeskreises.
Hinter mir spricht jemand. Ich wirble herum und bemerke, dass es ein Fehler war, nicht sofort wegzulaufen. Die Worte gehören zu der geheimen Sprache, die nur uns Zauberern bekannt ist. Und sie bilden einen gewöhnlichen Gegenzauber. Was bedeutet, dass jeder Zauber, der gerade in dieser Gegend ausgesprochen wurde, nicht mehr lange wirkt. Was wiederum zur Konsequenz hat, dass die drei wütenden Mitglieder des Freundeskreises ihr Bewusstsein jeden Moment wiedererlangen.
Ich starre den Zauberer angewidert an. Es ist vollkommen sinnlos, mir die Mühe zu machen, einen Schlafzauber zu lernen, ihn zu behalten und ihn zu benutzen, wenn der Kerl einfach daherkommt und ihn storniert. Während ich ihn anstarre, fällt mir auf, dass er für einen Zauberer ziemlich groß ist. Und er trägt außerdem ein sehr scharf aussehendes Schwert am Gürtel. »Ihr musst dieser Georgius Drachenfresser sein, von dem alle reden.« Er antwortet nicht. Die drei Kumpane rappeln sich langsam auf und tasten nach ihren Schwertern. Ich renne wie von Sinnen die Sankt Rominius Gasse entlang.
Ich bin besorgt. Nicht so sehr wegen der Klingen der drei Männer – im Schwertkampf nehme ich es mit fast allen Bewohnern von Turai auf – sondern wegen des Zauberers. Etwas in der Art, wie er seinen Gegenzauber gesungen hat, gibt mir das Gefühl, dass er mächtig ist, und auch durchaus fähig, noch einen oder zwei weitere Zauber im Kopf zu behalten. Wenn einer davon ein Herzinfarktbann ist, bin ich erledigt. Selbst ein banaler Schlafzauber würde ihnen genug Zeit geben, mich fertig zu machen. Ich muss verrückt gewesen sein, als ich mein Schutzamulett verhökert habe. Oder wirklich dringend ein Bier gebraucht haben.
Für einen Mann mit meiner schlechten Kondition bin ich ganz schön schnell, aber als ich um die nächste Ecke biege, kommen drei weitere Schläger auf mich zu. Sechs Bewaffnete und ein Zauberer. Ich scheine dem Freundeskreis wirklich auf die Zehen getreten zu sein.
Vor mir sehe ich einen hölzernen Kanaldeckel. Das Kanalsystem von Turai ist eines der Weltwunder, behauptet man jedenfalls. Es besteht aus einem Tunnelsystem, das vom Palast geradewegs ins Meer führt. Und nicht zum ersten Mal in meiner Karriere als Verbrechensbekämpfer gerate ich in eine Lage, in der ich es aus nächster Nähe bewundern kann. Ich reiße den Deckel hoch und tauche in den Tunnel ab.
Der Gestank ist schier unerträglich. Ratten huschen in alle
Weitere Kostenlose Bücher