Der Drachentoeter
architektonischen Wundern. Es protzt mit prächtigen Friesen, Statuen und Skulpturen, obwohl mir gerade nicht der Sinn danach steht, sie zu bewundern. Ich bin hier, um mit Zerberius zu reden. Der will aber nicht. Also zerre ich ihn in eine intime Nische und schiebe ihn unsanft auf eine Bank. Er hat lange Haare, ist dürr und ich komme mir ohne eine gute, weite Tunika über meinem fetten Wanst mal wieder höchst lächerlich vor.
»Ich arbeite für Euren Vater!«
Zerberius wird sofort stumm wie ein Fisch und starrt auf seine Füße. Dabei umklammert er eine Tüte Weintrauben, die von den Dienern kostenlos verteilt werden.
»Erzählt mir von dem Fall«, fordere ich ihn auf.
Zerberius bleibt stumm und feindselig. Im Inneren des Marmorgymnasions ist es zwar kühler, als in der Hitze draußen, aber trotzdem noch ungemütlich. Ich muss das Bedürfnis unterdrücken, diesen jungen Knallkopf einfach stehen zu lassen und in das Becken zu springen. Der Gedanke an meine Schulden ist dabei sehr hilfreich. Also starte ich noch einen Versuch.
»Ihr werdet in einer Woche vor Gericht gestellt, Zerberius. Boah-Handel ist ein schweres Verbrechen. Der Einfluss Eurer Familie wird Euch nicht weiterhelfen, weil Vizekonsul Rhizinius die Anklage übernimmt, und der ist ein Feind Eures Vaters. Wollt Ihr Euren Vater entehren?«
Keine Reaktion.
»Wollt Ihr an ein Ruder gekettet auf einer Galeere enden? «
Zerberius schiebt sich eine Traube in den Mund. Ich spiele mit dem Gedanken, ihn zu ohrfeigen. Aber das ist vielleicht keine so gute Idee, mit so vielen Senatoren als Zuschauern. Ich kann ihn einfach nicht zum Reden bringen. Das verstehe ich nicht.
»Wen schützt Ihr? Den Prinzen? Vor Gericht wird man es so oder so herausfinden, also könnt Ihr es mir auch genauso gut jetzt sagen, solange es noch etwas nützt.«
Zerberius sitzt mürrisch da und schweigt. Die Sache ist hoffnungslos.
»Ich werde es herausfinden, wisst Ihr. Ich werde Eure Vergangenheit im Kuriya-Becken sehen und dann erfahren, woher das Lalula kommt.«
Plötzlich wirkt der junge Mann gequält.
»Tut das nicht!«, bittet er.
»Warum nicht? Vor wem habt Ihr Angst?«
Zerberius springt plötzlich von der Liege hoch und stürmt davon. Die Tüte Weintrauben lässt er liegen. Ich sehe ihm hinterher, nehme dann die Tüte und esse die restlichen Trauben. Ich bemerke, dass er etwas auf das Papier gekritzelt hat. Merkwürdige, hässliche Zeichen, die mit Kohlestift eingeritzt sind. Ich stehe langsam auf. Auf der anderen Seite des Saals befindet sich ein Fresko, auf dem zwei wunderschöne Wassernymphen mit einem jungen Mann herumtollen, der Flügel an seinen Füßen hat. Er schwebt elegant über dem Wasser. Glückspilz. Ich schaffe meinen Wanst aus dem Badehaus hinaus. Ich bin froh, dass ich hier wegkomme. Zwischen all diesen jungen Körpern fühle ich mich schrecklich alt.
Ich schlendere den Mond-und-Sterne-Boulevard entlang, bis ich in die Stadtmitte komme. Dann nehme ich eine Abkürzung, durch den verfallenen Tempel von Sankt Miserius. Ich komme gerade an einer halb zerfallenen Säule vorbei, als plötzlich etwas in den Marmor vor mir einschlägt und mir die Splitter um die Ohren fliegen. Ich gehe in eine Kampfhocke und wirble mit gezücktem Schwert herum. Aber es ist niemand zu sehen. Leise schleiche ich um die Säule herum und untersuche dann den Durchgang vor mir. Immer noch keiner zu sehen. Nicht mal ein Fußabdruck ist auf dem staubigen Boden zu erkennen. Es ist sehr ruhig in den Ruinen, und ich kann auch nichts riechen, auch als ich die Luft einsauge. Sehr vorsichtig gehe ich zu der Säule zurück. Ich habe da so eine Ahnung, was dort eingeschlagen ist.
Auf dem Boden liegt ein zwanzig Zentimeter langer Armbrustbolzen. Ich starre ihn an, und was ich sehe, gefällt mir nicht. Die Armbrust ist eine tödliche Waffe und hat eine immense Wirkung. Sie durchschlägt Rüstungen und kann noch aus hundert Metern einen Ritter auf seinem Pferd erledigen. Ich betaste den Bolzen und überlege, wer ihn wohl abgefeuert haben könnte. Ich wusste nicht, dass die Meuchelmörder eine solche Waffe einsetzen. Und auch der Freundeskreis nicht. Sehr merkwürdig. Ich schiebe den Bolzen in meinen Beutel und setze meinen Weg fort, das Schwert immer noch in der Hand. Damit handle ich mir einige misstrauische Blicke ein, als ich die Ruinen verlasse und wieder auf die Hauptstraße gelange.
In der Rächenden Axt tastet sich Ghurd, ein langsamer Leser, mühsam seinen Weg durch das
Weitere Kostenlose Bücher