Der Drachentöter
königliche Söhne von Sulinore. Für eine Nacht soll der alte Glanz auferstehen!«
Retief verabreichte Bozdune noch eine Ration Gas, dann übergab er den Gefangenen Therion.
»Behandeln Sie ihn nicht zu hart«, mahnte er. »Wir brauchen seinen Atem noch eine Zeitlang.«
Eine halbe Meile von der terranischen Botschaft entfernt, hielt Retief hinter einem Bogengang an. Er saß rittlings auf Tussores breitem Zentaurenrücken und beobachtete die fünfzig Mann starke Groaci-Truppe, die durch die Straßen marschierte und aufmerksam die Gegend absuchte.
»Fertigmachen«, sagte er leise. »Noch zehn Sekunden …«
Man hörte aus dem Hintergrund einen schwachen Aufschrei und einen Schuß. Dann rasten zwei Groaci davon, gefolgt von Sulinorern in hochgebundenen Togen.
»Los!« Retief stieß seine Stiefelspitzen in Tussores Flanken, und der mächtige Zentaur machte sich auf den Weg. Im nächsten Moment waren sie mitten im Kampfgewühl. Während Tussore mit seinen Hufen auskeilte, schwang Retief einen dicken Prügel.
»Dränge dich durch!« rief Retief seinem Reittier zu. »Aufräumen können wir später.«
»Aiii! Wie herrlich diese Grucker knirschen, wenn man sie niederstampft!« Der alte Krieger galoppierte auf das Tor zu. Retief warf einen kurzen Blick auf das Kampfgetümmel. Die Helden von Sulinore räumten gewissenhaft unter den Groaci auf.
Und dann war Retief in der Botschaft angelangt. Er rannte die breite Freitreppe nach und stand mit einem Mal Botschaftsrat Clutchplate gegenüber.
»Retief!« Seine Blicke fielen auf den schwitzenden Tussore und die Horde von Sulinorern, die ihm folgte.
»Du liebe Güte! Verrat! Hochverrat! Halluzinationen!« Er wirbelte herum und wollte fliehen, aber Retief hielt ihn zurück.
»Hat das Bankett schon begonnen?« fragte er.
»F-f-fängt gerade an«, stammelte der Botschaftsrat. »Das Groaci-Todgemüse schmeckt mir nicht, und deshalb ging ich kurz ins Freie …« Er stolperte zur Seite, als Retief an ihm vorbeistürmte.
An der hohen Flügeltür zum Bankettsaal stand ein Gardesoldat in untadeliger blauer Uniform. Er sah aus dem Augenwinkel die herannahende Meute und griff nach seinem Revolver. Retief hieb ihm mit der Handkante gegen das Gelenk, daß er die Waffe fallen ließ. »Tut mir leid, Junge«, sagte er und stieß mit dem Fuß die Tür auf. Von beiden Seiten des U-förmigen Tisches richteten sich die Blicke auf ihn. Retief deutete auf die sulinorischen Diener, die hinter jedem Gast standen.
»Packt sie!« befahl er und ging mit gutem Beispiel voran.
*
»Sie sind wahnsinnig geworden, Retief«, sagte Botschaftsrat Clutchplate und starrte bleich auf das Bild der Verwüstung. Eben war der letzte Diener gefangen worden. »Was soll das bedeuten? Sie führen eine Räuberschar in das Botschaftsgebäude? Selbst wenn es mein Leben kostet, protestiere ich! Was haben Sie mit diesen armen Dienern vor? Sie stehen unter CDT-Schutz.«
»Sie werden es schon überleben – wenigstens einige«, sagte Retief. Er holte ein Tranchiermesser vom Tisch, beugte sich über einen der gefallenen Kellner und schlitzte ihn vom Kinn bis Nabel auf; Clutchplate würgte. Botschafter Shindlesweet brach schweigend zusammen, als Retief einen Krebs von einem halben Meter aus dem Innern der Hüllen holte.
»Das sind keine Sulinorer, sondern Blugs.« Er griff wieder in die Verkleidung und hielt einen kleinen Tank hoch. »Und das hier ist ihr Atmosphärevorrat – flüssiger Stickstoff.«
»Blugs?« Cluchplate warf einen Blick auf das bewußtlose Geschöpf, aus dessen Nasenlöchern brauner Rauch quoll. »Aber wie –? Hören Sie, Retief, selbst wenn es sich um – äh – Blugs handelt, was hätten sie denn unbewaffnet tun können? Weshalb diese gewaltsame Lösung des Problems?«
»Blugs ernähren sich von Felsen«, erklärte Retief. »Und sie scheinen ihren Stoffwechsel hervorragend steuern zu können. Normalerweise atmen sie unschädliche Gase aus. Aber wenn sie sich in einer schwierigen Situation befinden, entströmt ihnen Stickstoffoxyd. Und wenn ihnen Gefahr droht, können sie drei oder vier giftige Stickstoffoxyde ausatmen. Hier, in diesem geschlossenen Saal, hätten sie nur auf ein Kommando hin jedem der Gäste in den Nacken geblasen und Bingo! Alles erledigt.«
»Aber weshalb nur?« wimmerte Cluchplate.
»Ich glaube, Botschafter Shith kann uns erzählen, weshalb sie zufällig hier waren – anstelle der echten Sulinorer«, meinte Retief.
Shith, der immer noch starr in Tussores Griff
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