Der Drachentöter
durch einen schmalen Dienstbotenkorridor einen verlassenen Hof. Auf der gegenüberliegenden Seite sah er wieder eine Tür. Er öffnete sie, entdeckte einen Korridor, der auf die Straße führte, und benutzte ihn. Zum Glück befand sich niemand auf dem unteren Bürgersteig, und er kam rasch voran.
*
Zehn Minuten später beobachtete Retief die Zufahrtswege zum Ritz-Krudlu von einer Verbindungstreppe zwischen den Bürgersteigen.
Ein Auflauf hatte sich vor dem Hoteleingang gebildet. Einheimische schwenkten Transparente mit den Aufschriften TERRY GO HOME und GASPIERRE BRAUCHT EUCH NICHT. Polizisten in gelben Uniformen versuchten den Mob in Schach zu halten. Etwas abseits stand ein Krultch-Offizier und unterhielt sich mit zwei älteren Einheimischen.
Retief lief zurück zum unteren Bürgersteig und entdeckte einen Spalt von einem halben Meter, der zwischen den Gebäuden verlief. Er schob sich in die Nische und kam nach ein paar Schritten zu einer Tür. Sie war versperrt. Vier Stationen weiter gab endlich eine Klinke seinen Bemühungen nach. Er betrat das innere – einen leeren Vorratsraum. Die Tür am anderen Ende war verschlossen. Retief trat zurück und stieß hart mit dem Stiefel gegen das Schloß. Die Tür sprang auf.
Einen Moment lang wartete er auf ein Alarmsignal. Als sich nichts rührte, huschte er in den Gang hinaus und erreichte eine völlig verschmutzte Treppe. Mühsam kletterte er über den Unrat hinweg.
Im Zwölften Stock betrat er den Korridor. Niemand war zu sehen. Er ging leise zum Zimmer 1203 und klopfte. Aus dem Innern hörte man eine Baßstimme: »Wer ist da?«
»Retief. Machen Sie schnell auf, bevor mich der Hausdetektiv sieht.«
Riegel schnappten zurück, und die Tür wurde aufgerissen. Julius Mulvihill zog ihn ins Innere und schüttelte ihm begeistert die Hand.
»Mister Retief, wir haben uns Sorgen um Sie gemacht. Gleich nachdem Sie fortgingen, rief Hrooze an und erzählte, daß sich ein Mob angesammelt hätte.«
»Nichts Ernsthaftes. Nur ein paar Enthusiasten, die für die Krultch Theater spielen.«
»Was ist geschehen?« Wee Willie kam aus dem Nebenraum. Er hatte Rasierschaum im Gesicht. »Wirft man uns bereits hinaus?«
»Nein, Sie sind hier relativ sicher. Aber ich brauche Ihre Hilfe.«
Der Hüne nickte und machte seine Finger geschmeidig.
Suzette La Flamme drückte Retief ein Glas in die Hand. »Setzen Sie sich und erzählen Sie.«
Retief nahm Platz, trank einen Schluck und schilderte in kurzen Worten die Lage.
»Was ich im Sinn habe, könnte gefährlich werden«, beendete er seine Zusammenfassung.
»Hier auf dem Planeten ist nichts ungefährlich«, entgegnete Willie.
»Und obendrein weiß ich noch nicht einmal, ob wir Erfolg haben werden«, fuhr Retief fort.
Der Hüne sah die anderen an. »Es gibt eine Menge Dinge, die hoffnungslos aussehen – aber die Mutigen Merivales haben sich noch nie einschüchtern lassen. Deshalb sind sie ja auf einhundertzwölf Planeten so beliebt.«
Das Mädchen warf den Kopf zurück. »Wenn überhaupt nichts unternommen wird, Mister Retief, ist diese Welt ab morgen ziemlich ungesund für uns.«
»Wenn Sie alle einverstanden sind …« Retief nickte. »Ich habe folgendes vor …«
*
Der Korridor war leer, als Retief, gefolgt von den vier Terranern, aus dem Zimmer schlich.
»Wie sollen wir an dem Mob vorbeikommen?« fragte Mulvihill. »Ich habe das Gefühl, daß sich die Leute nicht nur auf Slogans beschränken.«
»Wir werden es mit der Hintertreppe versuchen.«
Plötzlich hörte man an einem Ende des Korridors ein Geschrei. Ein halbes Dutzend Einheimische tauchten auf, schwitzend von dem beschwerlichen Treppensteigen. Sie kamen mit kleinen Schritten näher. Im gleichen Moment wurde auch die Tür am anderen Ende des Korridors aufgerissen, und eine zweite Gruppe von Gaspierre-Bewohnern drang auf die Terraner ein.
»Sieht nach einer Lynchparty aus«, sagte Wee Willie. »Los, an die Arbeit, Julie.« Er senkte den Kopf und rannte los. Die näherkommenden Eingeborenen wurden langsamer und wichen aus. Einer trat zu langsam zur Seite und flog gegen die Wand, als der Liliputaner ihn in Kniehöhe rammte. Mulvihill machte drei gewaltige Schritte, packte mit Wutgeheul zwei Angreifer an ihren ledrigen Nacken und stieß ihre Köpfe zusammen.
Die zweite Gruppe kam aufgeregt schnatternd näher. Retief empfing den ersten Mann mit einer rechten Geraden, schlug zwei weitere mit der Linken nieder und rannte zur Tür. Er drehte sich um.
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