Der Drachentöter
gleichzeitig den Stock aus der Hand und schlug ihn dem anderen Angreifer auf das Gelenk, als dieser seine Pistole abfeuern wollte. Die Waffe rutschte vom Bürgersteig und verschwand in der Tiefe. Der Kerl, den Retief getreten hatte, humpelte auf drei Beinen und wimmerte vor Schmerzen. Retief trat rasch auf ihn zu, riß ihm die Pistole aus dem Halfter und richtete sie lässig auf seinen Gefährten.
»Nimm jetzt deinen Kumpel mit zum Schiff und lasse sein Bein schienen«, sagte er.
Ein Ring von Einheimischen hatte sich um die Kämpfenden gesammelt. Sie versperrten den Weg. Retief steckte die Pistole in die Tasche, wandte den Krultch den Rücken zu und drängte sich durch die Menge. Ein großer Gaspierre-Polizist mit ledriger Haut trat näher. Retief rammte ihm einfach den Ellbogen in die Rippen und setzte seinen Weg fort. Die Menge begann zu murmeln. Zum Glück stand die Botschaft jetzt dicht vor ihm. Retief gmg auf den Eingang zu. Zwei Gaspierre-Soldaten in gelben Uniformen traten unter der Markise hervor.
»Terraner, haben Sie nichts von der Ausgangssperre gehört?« fragte einer in akzentfreiem Terranisch.
»Nein, wirklich nicht«, erwiderte Retief. »Vor einer Stunde war noch nicht die Rede davon.«
»Jetzt aber schon!« fauchte der andere. »Ihr Terries seid hier nicht beliebt. Wenn ihr die Öffentlichkeit aufstachelt, indem ihr durch die Stadt spaziert, können wir die Verantwortung für eure Sicherheit nicht mehr übernehmen.« Er unterbrach sich, als er die Krultch-Pistole aus Retiefs Tasche ragen sah.
»Woher haben Sie das da?« fragte er in seiner Heimatsprache. Dann jedoch wiederholte er den Satz in Pidgin-Terranisch: »Woher Pengpeng, Freund?«
»Ein paar Jungens spielten damit auf der Straße«, erwiderte Retief in der Landessprache. »Ich nahm ihnen das Ding ab, damit sie keine Dummheiten machen konnten.« Er wollte an den beiden Männern vorbeigehen.
»Halt!« rief der erste Posten – es war ein Hauptmann – scharf. »Wir sind noch nicht fertig. Sie erfahren von uns, wann Sie gehen können. So!« Er faltete die oberen Ellbogen aneinander. »Sie begeben sich sofort in Ihre Räume. Angesichts der angespannten interplanetarischen Lage habe ich meine Männer um das ganze Haus postiert, um der Botschaft den – äh – nötigen Schutz zu gewähren.«
»Sie stellen eine diplomatische Mission unter Arrest?« fragte Retief sanft.
»So würde ich es nicht nennen. Sagen wir mal so – es wäre für Ausländer im Moment nicht günstig, sich auf die Straßen zu wagen …«
»Auch noch Drohungen?«
»Die Maßnahme ist notwendig, um unliebsame Zwischenfälle auszuschalten.«
»Und die Krultch? Das sind auch Ausländer. Werden sie ebenfalls in ihren Schlafzimmern eingesperrt?«
»Die Krultch sind alte Freunde von uns«, erklärte der Hauptmann steif. »Wir …«
»Ich weiß. Seit sie bewaffnete Patrouillenschiffe um Gaspierre kreisen lassen, hat sich eure heiße Liebe zu ihnen noch vertieft. Natürlich haben auch die Schmiergelder dazu beigetragen.«
Der Hauptmann grinste. »Wir von Gaspierre sind eben praktisch veranlagt.« Er streckte die Hand mit den klauenartigen zwei Fingern aus. »Sie werden mir jetzt diese Waffe geben.«
Retief reichte sie ihm schweigend.
»Kommen Sie, ich bringe Sie auf Ihr Zimmer.«
Retief nickte gehorsam und folgte dem Einheimischen ins Innere der Botschaft.
»Ein Glück, daß Sie so vernünftig sind«, meinte der Hauptmann. »Schließlich könnte es ja auch sein, daß ihr Terries das Kabinett überzeugt, und dann wäre es doch unangenehm, wenn wir gleich zu Beginn Streitereien hätten.«
»Wie wahr«, murmelte Retief.
Er verließ den Aufzug im zwanzigsten Stock.
Der Hauptmann sah zu, wie er die Tür zu seinem Zimmer aufsperrte. »Vergessen Sie nicht – es wird Ihnen nichts zustoßen, solange Sie in Ihrem Raum bleiben.« Er winkte den Polizisten zu sich, der ein paar Meter entfernt im Korridor stand.
»Behalten Sie die Tür hier im Auge, Klosta …«
Retief ging ans Telefon und wählte die Nummer des Botschafters. Ein Summzeichen klang auf, aber niemand antwortete. Er sah sich im Zimmer um. In der Wand gegenüber der Tür war ein hohes, schmales Fenster eingelassen. Retief öffnete es, beugte sich vor und warf einen Blick auf die steil nach unten führende Fassade. Etwa siebzig Meter tiefer lag die Straße. Über dem Fenster führte die Wand nach etwa fünf Metern zu einem vorspringenden Sims.
Retief trat an den Schrank, holte eine Decke aus einem Fach und
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