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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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schauen wir noch einmal nach«, kündigte Meredith an.
    »Finger weg«, wiederholte Rachel.
    »Tun Sie’s für Dr. Thrift«, schmeichelte Meredith. »Sie hat wahrscheinlich noch nie einen erweiterten Muttermund gemessen.«
    »Wer soll das noch mal sein?«
    »Eine von unseren Ärztinnen im Praktikum«, sagte Meredith. »Und eine Freundin.«
    »Vielleicht beim nächsten Mal«, sagte ich. »Es eilt nicht.«
    »Ich bin eine einzige, riesige, unerträgliche Schmerzwelle! Mir ist piepegal, wer mir den Finger reinsteckt.«
    »Waren Sie in letzter Zeit pinkeln?«, erkundigte sich Meredith.
    »Nicht, seit ich hier bin«, erwiderte Rachel. »Ein Witz, was?«
    Meredith sagte zu mir: »Ein Witz , weil sie in den letzten sechs Monaten alle fünfzehn Minuten pinkeln musste.«
    »So’ne Scheiße«, sagte Rachel. »Ich hasse das.« Und sie fing an zu weinen, Humpty-Dumpty mit zwei Gurten um die Mitte, einem Krankenhausnachthemd vorn, einem hinten, die Arme ums Bett geklammert, die Füße in flaschengrünen ABS-Krankenhaussocken.
    »Sie machen das ganz toll«, sagte Meredith. »Sie sind müde. Wir müssen nicht jetzt nachschauen.«
    »Mir ist schlecht«, stöhnte Rachel. »Ich muss kotzen.«
    »Kein Problem«, sagte Meredith. »Genau wie wir’s besprochen haben.«
    »Ich kann nicht in eine Toilette kotzen. Das find ich eklig. Da wird mir nur noch schlechter.«
    »Unsere Toiletten sind blitzsauber«, bemerkte Florida.
    »Wir haben hübsche rosa Pfannen«, sagte Meredith. Und zu mir: »Könnten wir vielleicht -«, und deutete mit dem Kinn Richtung Toilette.
    »Wär’s nicht besser … da drinnen?«
    »Sie hat ja nur Wasser und ein Eis am Stiel intus«, erklärte Florida.
    »Uns macht das nichts aus, oder?« sagte Meredith. »Hauptsache, sie fühlt sich besser.« Sie stützte Rachel an einem Ellbogen, also ging ich ums Bett herum und stützte sie am anderen.
    »Ich hab seit Dienstbeginn noch nichts gegessen«, verkündete Florida.
    »Geh nur«, sagte Meredith. »Ich war schon, und jetzt habe ich ja Alice.«
    »Ich kotze«, sagte Rachel.
    »Schüssel!«, befahl Meredith. »Über dem Waschbecken. Oberstes Brett.«
    »Ihr werdet nicht mal merken, dass ich weg bin«, sagte Florida.
     
    »Wissen Sie, was Alice die letzten zwei Tage gemacht hat?«, versuchte es Meredith, als wir über das Linoleum schlurften, mit Rachel, die zwischen uns durchhing. Alle paar Runden blieb Meredith stehen und knetete sich ihren eigenen unteren Rücken.
    »Ist das hier nicht ein bisschen zu viel des Guten?«, fragte ich sie.
    »Mir geht’s gut. Das ist nur ein bisschen Ischias«, antwortete sie und brachte das Gespräch sofort wieder auf Rachels Wohlergehen, auf die Notwendigkeit, durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen, als uns die nächste Wehe abrupt stoppte. »Fragen Sie sie, was sie gestern gemacht hat«, schmeichelte Meredith.
    Doch Rachel funkelte uns nur wütend an. Da sagte ich, ohne gefragt worden zu sein: »Ich habe standesamtlich geheiratet.«
    »Wen«, fragte Rachel.
    »Meinen Freund.«
    »Sie sind durchgebrannt«, sagte Meredith. »Wie zwei verrückte Teenager in Las Vegas.«
    »Soll mich das jetzt ablenken?«, fragte Rachel. »Ich dachte nämlich, dass die Hauptsache hier Konzentration ist. Soll ich jetzt auf meinen Körper hören oder auf das Hochzeitsmärchen einer Wildfremden?«
    »Verzeihung«, sagte Meredith, zwinkerte mir aber über Rachels gesenkten Kopf hinweg zu.
    Ich sagte: »Möchte Ihr Körper lieber weiterwandern oder sich hinlegen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie und begann wieder zu weinen, laut und hemmungslos.
    »Soll ich einen Rollstuhl holen?«, fragte ich.
    »Wir sind schon fast wieder da«, meinte Meredith.
    »Wann kommt der Arzt?«, fragte ich.
    »Bedaure sehr«, sagte Meredith. »Ich bin hier der Doktor. Einen anderen brauchen wir nicht, Anwesende ausgenommen.«
    »Ich wollte keinen Arzt«, sagte Rachel. »Was soll der schon tun? Mir einen Dammschnitt verpassen, wenn ich grad nicht hinschaue, und dann meine Plazenta wegschmeißen?«
    »Nicht doch«, sagte Meredith. »Wir wollen doch unsere Brüder im weißen Kittel nicht diskriminieren, oder, Alice?«
    Wer war das, fragte ich mich - diese früher alles andere als umgängliche Bekannte, die bei der Arbeit wie ausgewechselt war. Dieser Engel unerschütterlicher Gnade? Im Versuch, Merediths scherzhaften Ton nachzuahmen, sagte ich: »Mein Lieblingsdoktor in der ganzen Klinik ist ein männlicher Geburtshelfer.«
    »Ganz blöd bin ich auch nicht«, sagte

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