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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Geräte-Abschalten spricht.«
    »Moms Internist ist Jude, und sie liebt ihn heiß und innig. Stimmt doch, Ma?«, bemerkte Marie. »Er ist auch Arzt in St. Elizabeth.«
    »Dr. Goldberg«, sagte Mrs. Morrisey.
    »Goldstone, um genau zu sein«, berichtigte Leo.
    »Ich hätte Leo nicht bei Tisch über das Prozedere bei Lungenentzündung ausfragen dürfen«, bekannte ich. »Aber ich werde immer hellhörig, wenn mir etwas unterkommt, das ich eigentlich im Wahlkurs Medizinische Ethik hätte lernen müssen. Wie zum Beispiel: Würden Sie bei einer komatösen Greisin eine Antibiotikabehandlung einleiten? Ich will nämlich meine Lücken entdecken und füllen.«
    »Was Alice damit sagen will, ist Folgendes: Sie ist erst im ersten Jahr ihres Praktikums und hat noch jede Menge Lücken. Und wenn sie etwas hört, das ihr neu ist, dann verliert sie jegliches Gefühl für Zeit und Raum und passende Tischgespräche und veranstaltet gleich ein Seminar«, erklärte Leo.
    »Tu ich das?«
    »Ich zieh dich nur auf. Gewissermaßen.«
    »Ich glaube, es stimmt. Ich gerate tatsächlich in Panik, wenn ich das Gefühl habe, etwas zu hören, das ich eigentlich schon wissen müsste.«
    »Gibt es bei Ihnen keine Prüfungen?«, fragte Mrs. Morrisey.
    »Jeder Tag ist eine Prüfung«, erwiderte ich.
    »Nur im übertragenen Sinn«, schaltete Leo sich ein. »Sie meint, dass man sie ständig auf Trab hält.«
    »Warum tust du dir das eigentlich an?«, wollte Marie wissen. »Ist es das wert? All die Überstunden, das Blut, das Sterben?«
    »Chirurgen machen ganz schön Kohle«, sagte Michael. »Ein paar Jahre muss man vielleicht richtig ranklotzen, aber dann können andere sich die Nächte um die Ohren schlagen, und es kommt richtig Geld rein.«
    »Alice tut’s nicht des Geldes wegen«, bemerkte Leo.
    »Was willst du denn machen, wenn du dein Diplom hast, oder deine Approbation, oder wie immer das heißt?«, erkundigte sich Michael.
    »Rekonstruktive Plastische Chirurgie in der Dritten Welt.«
    »Und wer bezahlt das?«, fragte er.
    Ich erklärte ihm, dass man vielleicht die Hälfte des Jahres ästhetische Chirurgie für die Reichen mache und sich mit diesem Geld dann die Philanthropie leisten könne.
    »Und wenn du Kinder hättest?«, fragte Marie. »Würdest du die mitnehmen in die Dritte Welt, oder würdest du sie zu Hause bei deinem Mann lassen?«
    »Eine Kernfamilie im herkömmlichen Sinn kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Ihr Mann könnte ja als Missionar arbeiten, dann könnten Sie Ihr Werk gemeinsam vollbringen.« Dieser Vorschlag kam von Mrs. Morrisey.
    »Geniale Idee«, sagte Leo. »Kennst du irgendwelche Missionare, die da infrage kommen? Die könntest du Alice vorstellen.«
    »Werd ja nicht frech!«
    »Alice hat übrigens einen Verehrer«, verkündete Leo.
    Alle sahen mich an. »Leo übertreibt«, sagte ich.
    »Leo hält ihn für einen Kotzbrocken«, sagte Leo.
    »Und wofür hält Alice ihn?«, fragte Rosemary.
    Ich seufzte. »Die Frau dieses Mannes starb vor einem Jahr, und ich halte seine Nachstellungen für im Wesentlichen sexuell motiviert.«
    Mrs. Morrisey schnaubte und murmelte vor sich hin.
    »Das soll nicht heißen, dass ich ihn ermutigt habe oder sein Interesse erwidere. Ich wollte nur erklären, woher es kommt.«
    »Männer wollen nur das Eine«, konstatierte Mrs. Morrisey. »Und dieses Eine taugt auch nicht als Tischgespräch.«
    »Du hast dreizehn Kinder in die Welt gesetzt«, erinnerte sie Michael.
    Mrs. Morrisey knallte die Gabel auf ihr Platzdeckchen. »Verlass den Tisch«, herrschte sie ihn an.
    Leo lachte.
    »Du auch!«
    »Ma! Er ist sechsundzwanzig. Du kannst einen erwachsenen Mann nicht vom Tisch jagen, weil er darauf anspielt, dass du in deinem Leben Beischlaf hattest.«
    »Wir sind nicht allein«, sagte Rosemary, »und ich glaube nicht, dass es unserem Gast sehr angenehm ist, uns beim Streiten zuzuhören.«
    »In meiner Familie gibt es immer Streit, wenn ich nach Hause komme, und üblicherweise bin ich diejenige, die ihn heraufbeschwört. Macht euch also darüber keine Gedanken.« Ich versuchte, mir ein Lächeln abzuringen, wie es sich für einen guten Gast gehört. Und um die Lage weiter zu entschärfen, fügte ich hinzu: »Ich finde dieses Hähnchen überhaupt nicht trocken.«
    »Das war auch frisch. Wenn man ein gefrorenes hernimmt, geht beim Auftauen viel Saft verloren.«
    »Meine Mutter ist keine große Köchin«, sagte ich. »Insbesondere jetzt, wo sie nur mehr zu zweit sind.«
    »Wie viele Geschwister hast du?«,

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