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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Bizeps und Tätowierung - eine Krone, die entweder ein religiöses Symbol oder ein Bierlogo darstellte. Nach zwei sorgfältigen Messungen verkündete ich: »Neunzig zu sechzig. Ohnmächtig kann man sogar werden, wenn die Systole bei siebzig ist.«
    »Mir ist völlig egal, was die bei dir im Krankenhaus sagen«, meinte Ray. »Du bist gut .«
    »Wie heiß war das Wasser?«
    »So heiß, wie ich es vertragen habe. Keine gute Idee, was?«
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Die nichts mit dem Bad zu tun hat.«
    »Und zwar?«
    Ich zögerte. Dann sagte ich: »Starkes Pressen beim Stuhlgang.«
    »Schuldig im Sinne der Anklage«, sagte er fröhlich. Sein Handtuch war zu einem Lendenschurz abgerutscht. »Willst du vielleicht noch mal messen, Doc? Nur, damit nicht wieder was passiert?«
    Ich tat ihm den Gefallen, weil ich mich damit professionell ins allerbeste Licht setzen konnte. In diesem Moment wurde nämlich-trotz einer eventuellen vasovagalen Synkope seinerseits und eines mehr als zugeknöpften Nachtgewands meinerseits - sein Penis unter dem Frotteetuch augenfällig. Ob ich will oder nicht, ich muss Rays Feingefühl loben. Anscheinend war ihm das wirklich peinlich. Er deutete nach unten, für den Fall, dass die Augenfälligkeit nicht bis zu meinem Sehorgan vorgedrungen war: »Tschuldigung, Doc.«
    Offensichtlich wirkte mein wortloses Achselzucken wie Unkenntnis, die nach Abhilfe verlangte.
    »Mein Ständer! Ich dachte, er wär dir aufgefallen. Tut mir Leid. Ich hab versprochen, dich nicht zu belästigen, und dann muss diese blöde Geschichte passieren.«
    »Hauptsache, du hast dir nichts getan, als du von der Toilette gekippt bist - das ist das Einzige, worüber ich mir Sorgen gemacht habe.« Und weil ich nicht wollte, dass er mich für eine unaufmerksame Klinikerin hielt, fügte ich hinzu: »Ich habe deine Erektion durchaus bemerkt, aber sie hat mir nicht die Rede verschlagen. Der menschliche Körper macht, was er will, da gibt’s also nichts zu entschuldigen. Und es ist auch interessant, zu sehen, dass einer vasovagalen Ohnmacht ein Anstieg des systolischen Drucks folgen kann.«
    »Meinst du?«
    Ich meinte das ganz und gar nicht. Ich bediente mich dieser Worte nur, um Distanz zwischen mir und den Vorgängen in Rays nahe gelegenem Lendenbereich zu schaffen.
    »Doc, ich möchte ja nicht unverschämt sein, aber ich glaube, du solltest deinen Beitrag zu diesem Zustand nicht unterschätzen. Ehrlich. Wenn so was passiert, … dann hat das manchmal auch persönliche Gründe.«
    Ich blickte nach unten, auf ihn, auf meine Aufmachung und überlegte, ob meine nackten Füße oder der Duft der parfümierten Seife mir das eingebrockt hatten. Ich murmelte etwas Medizinisches vor mich hin, über die sexuelle Reaktion des Mannes, kontextuelle Fehlinterpretation.
    »Er ist der Richter«, erklärte Ray. »Vielleicht sagt er, dass du hier, in deinem Pyjama, auf deinem Bett … na, da haben wir ja unseren Kontext.«
    Wenn ich zurückblicke, erkenne ich, dass ich hier am Scheideweg stand. Ich stelle mir noch immer vor, wie ich den Film an dieser Stelle anhalten und den Patienten als geheilt hätte entlassen können. »Du bist wieder auf dem Damm«, hätte ich kurz und bündig sagen können. »Dein Puls und dein Blutdruck sind normal. Jeder hat in seinem Leben mal einen Schwächeanfall, das ist kein Grund zur Besorgnis. Gute Nacht und viel Glück.«
    Vielleicht sollte ich jetzt erwähnen, dass ich berufsbedingt bereits eine Menge Genitalien gesehen habe. An Männern jeden Alters. In Krankenhausbetten. Manchmal nur durch ein dünnes Krankenhausnachthemd davon getrennt. Und dass, aus empirischer Sicht, nicht alle Penisse gleich sind.
    Zu diesem kritischen Zeitpunkt also, zu dem ich, unter Berücksichtigung der Konsequenzen und Komplikationen der Erwiderung gewisser Aufmerksamkeiten, noch alles hätte stoppen können, wies ich Ray nicht die Tür. Ich, Alice Thrift, ließ eine, und schließlich auch die zweite, von Rays Händen, ungehindert über mein Pyjamaoberteil gleiten. Darüber hinaus nahm ich - willig, wenn auch nicht eifrig - diese Liebkosungen entgegen und teil an dem Gerucke und Gezucke und den flanellfreien Wohltaten, die unausweichlich folgten.

17
    KEIN ZUTRITT!
    Natürlich hatte ich über Orgasmen gelesen, doch war ich skeptisch, ob sie verdientermaßen eine solche Berühmtheit erlangt hatten. Oder ob ich jemals in den Besitz eines Abonnements für derartige Genüsse kommen würde. Als das, in meinem Fall, Unerwartete

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