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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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größere Macht im Universum sein.«
    »Ich nenne es Schicksal. Mir gefällt der Gedanke, dass ich erst die Zahnaufhellung gewonnen, dann in den Spiegel geschaut und mich entschlossen habe, mich über kosmetische Chirurgie zu informieren. Und da warst du. Dann vergehen ein paar Monate, ich falle in Ohnmacht, und wer kommt mir zu Hilfe, als ich wieder zu mir komme?« Er grinste und machte eine Geste, als warte ich hinter den Kulissen auf mein Stichwort. »Niemand anderer als Frau Dr. T.!«
    »Frau Dr. T. ist k. o.«, sagte ich. »Und das Schicksal will es, dass du diese Hallen jetzt verlässt, damit sie morgen keine unschuldigen Patienten umbringt.«
    »He, he!«, schnauzte er. »Was ist das denn für eine Logik? Du wirst niemand umbringen - morgen nicht und überhaupt nie. Alles, was du brauchst, ist ein bisschen Selbstvertrauen und Übung. Es wird nicht mehr lange dauern, dann macht es klick! Wie wenn man lernt, mit Handschaltung zu fahren oder einen Golfball richtig zu erwischen. Übung macht den Meister, du kannst doch schließlich nicht jedes Mal einen Hysterischen kriegen, wenn du einen Schläger in die Hand nimmst, oder dich hinters Steuer setzt.«
    Ich tat seinen Rat ab als die Aufmunterungsversuche eines Außenstehenden, der es zwar gut meinte, aber nicht wusste, wodurch sich das Schwingen eines Golfschlägers von der Resektion eines Dickdarms unterschied. Ich sagte, ich wisse seine aufbauenden Worte zwar zu würdigen, doch gleichzeitig bestätigten sie auch meine Vorbehalte. Wenn er bliebe, würden wir uns weiter unterhalten. Ich aber musste schlafen. Vielen Dank und Gute Nacht.
    »Ich hatte gedacht, wir bleiben zusammen heut Nacht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss um halb sechs aufstehen. Ich hab nur ein Kissen. Dein Wagen steht im Parkverbot. Vielleicht ein andermal.«
    Er setzte sich auf den Bettrand. »Gibt es in deinem übervollen Terminkalender eine Lücke für einen Gutenachtkuss? Ich mache auch ganz schnell.« Als er sich vorbeugte, um ein Zusammenpressen unserer Lippen herbeizuführen, gingen meine Arme in die Höhe und legten sich um seinen Hals, was wiederum in ein verlängertes Abschiednehmen mündete, das ein unvorhergesehenes Widerstreben gegen besagtes Abschiednehmen mit sich brachte.
    Dr. Shaws Sekretärin hätte allein wegen ihrer beruhigenden Stimme und ihres mütterlich besorgten Raunens eingestellt worden sein können. Sie erklärte mir, dass Dr. Shaw keine neuen Patientinnen mehr annehme. Ich könne mich jedoch vertrauensvoll an seine Partner Goh und Garfinkle - beides hervorragende Ärzte - wenden. Wolle ich einen Termin bei ihnen?
    »Eigentlich geht es um etwas, worüber Dr. Shaw und ich gestern Abend in der Kantine gesprochen haben. Ich mach gerade mein chirurgisches Praktikum -«
    »Geht es um eine seiner Patientinnen?«
    Ich verneinte. Es gehe um mich, und das Thema sei eher sozialer als gynäkologischer Natur.
    Das schien ihr einen Moment die Rede zu verschlagen. Doch sie erholte sich rasch genug, um zu fragen, ob es dringend sei, oder ob Dr. Shaw gegen Abend zurückrufen könne.
    »Wäre es irgendwie möglich, ihn zwischendrin kurz zu sprechen?«
    »Sie gehören zum Personal?«
    Ja, sagte ich, Dr. Alice Thrift. Ich wollte mich zwar nicht darauf verlassen, dass uns unsere Dienstpläne eine zufällige Begegnung bescherten, aber vielleicht würde ich ihm ja demnächst wieder in der Kantine über den Weg laufen.
    Mit gedämpfter Stimme fragte sie mich: »Schaffen Sie’s, um zwölf bei ihm im Büro vorbeizuschauen? Die machen bis eins Mittagspause. Gewöhnlich macht er ein Nickerchen auf der Couch, hat aber nichts dagegen, wenn man ihn stört.«
    »Ich laufe momentan an einer sehr kurzen Leine, wenn ich’s also heute nicht schaffe, versuche ich’s morgen oder übermorgen.«
    Jetzt war das Läuten eines anderen Telefons und das Summen der Sprechanlage zu hören. »Haben Sie was zu schreiben?«, fragte sie.
    »Warum?«
    »Ich gebe Ihnen seine Durchwahl.«
    »Das ist schrecklich nett von Ihnen -«
    »Und seine Privatnummer, für alle Fälle.«
    Ich wand mich. »Sollten Sie das wirklich tun?«
    »Es ist auch meine Privatnummer«, sagte sie.
     
    Ich war nicht in der Lage gewesen, die ersten drei Fragen zu beantworten, die während der Morgenvisite gestellt wurden - über die Symptome der Patientin, ihre Krankengeschichte und über die bevorstehenden Untersuchungen. Stattdessen gaben meine Kollegen von allen Seiten ihr kluges Urteil ab und entschuldigten sich nicht einmal mit

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