Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
Vom Netzwerk:
ist.«
    »Ich weiß schon. Aber bei jemandem, der mit einer Persönlichkeit wie der meinen geschlagen ist, braucht es schon mehr als guten Willen, ein guter Gesprächspartner zu sein.«
    Er fragte, ob ich jemals fernsehe.
    Gelegentlich, sagte ich. Warum?
    »Darum. Da kriegt man mit, wie eine normale Unterhaltung hin und her geht, und wie man sich benimmt, wenn man verliebt ist oder einfach nur scharf aufeinander. Oder wie man einem Patienten sagt, dass es keine Hoffnung gibt, oder wie man sich durch die Kaffeepause schwafelt.«
    »Was ist das für eine Sendung?«
    »Jede beliebige Serie tagsüber. Da siehst du jede Menge unverarbeitete Gefühle und Leidenschaften. Aber gleichzeitig würdest du sehen, dass die Leute bloß ihren Text aufsagen und gar nicht meinen, was sie sagen. Sie spielen. Sie tun nur so als ob. So ist das Leben: Du musst dein Liedlein singen, auch wenn dir gar nicht danach ist.« Er zwinkerte mir zu. »Auch wenn du so fertig bist wie sonst niemand auf der Welt.«
    Er ging hinüber und packte die Brote aus. Dabei zählt er auf: »Melanzane parmigiana, Hackfleischbällchen, Wurst und Paprika. Die machen alles selbst. Ein bisschen matschig, aber das gehört dazu. Hast du dir schon mal was von Manero in der Hanover Street geholt?«
    Ich verneinte, fügte aber - mit nicht zu überhörender Inbrunst - hinzu, dass sie verführerisch aussahen und ich am Verhungern sei.
    Er suchte sich zwei Teller, teilte die Brote kunstgerecht und fragte: »Wohin?«
    »Ich habe Klapptische.«
    »Nicht für mich. Wir klappen das Bett auf und essen da.«
    O. K., sagte ich, aber erst abziehen und Sets drauf.
    »Hast du schon mal ohne was an gegessen?«
    Nein, sagte ich, nicht seit ich Kind war.
    »Da können wir richtig die Sau rauslassen - uns die Schmiere übers Kinn laufen lassen und anschließend zusammen baden.«
    Ich sagte, na gut. Nackt essen und im Doppelpack baden klang sowohl befreiend als auch romantisch. Hatte er auch wieder Kondome dabei?
    Ray lächelte. »Ja, Frau Doktor. Hab ich. Sie denken doch nicht im Traum, Ray Russo würde Ihnen ungeschützten Verkehr zumuten?«
    Ich sagte, ich wisse es sehr zu schätzen, dass er die Verantwortung für diese Vorkehrung übernommen habe, denn mir sei es doch etwas unangenehm, in der Krankenhausapotheke Verhütungsmittel zu verlangen. Ob er auch einen Korkenzieher mitgebracht habe? Würden wir unter diesen Umständen Servietten benötigen? Solle ich mich jetzt meiner Kleidung entledigen?
     
    Es klopfte, während wir aßen. Sofort sah ich in einer Schreckensvision, wie die Szene auf einen potenziellen Besucher wirken musste: zwei Erwachsene, die sich gegenseitig große Stücke matschigen Essens in den Mund schoben, dessen Rückstände und Spuren Gesicht sowie darunter liegende Körperstellen befleckten. Genau in dem Moment, als es klopfte, kniete Ray vor mir und zeichnete meinen Brustwarzenvorhof mit einem Stück Wurst nach.
    Ohne einen Ton zu sagen, legte er den Finger auf den Mund und schüttelte den Kopf.
    Ungläubig riss ich die Augen auf: Ich sollte nicht antworten?
    Der wird schon wieder gehen, las ich von seinen Lippen ab.
    Reflexartig und nervös trällerte ich: »Wer ist da?«
    »Sylvie Schwartz!«
    Ray zuckte die Achseln. Jetzt ist es zu spät. Mach, was du willst.
    Ich rief zurück: »Sylvie? Ich kann jetzt nicht aufmachen. Ich bin … indisponiert.«
    »Hab ich Sie geweckt?«
    »Mhm. Nein. Ich meine, ich bin im Bett, aber ich kann nicht an die Tür kommen.«
    »Hoppla. Kein Problem. Ich wollte nur fragen, ob Sie vielleicht Lust auf Sushi oder Thailändisches haben.«
    »Vielen Dank fürs Fragen. Ein andermal gerne.«
    »Alles klar. Entschuldigen Sie die Störung.«
    Ray machte ein Gesicht, das zu sagen schien: Das hast du davon, wenn du dich nicht tot stellst. Die rennt dir gleich die Tür ein.
    »Ich freu mich, dass Sie vorbeigekommen sind«, rief ich ihr nach.
    Ray rollte die Augen.
    »Gute Unterhaltung«, antwortete sie.
    Als sie ihre Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, sagte ich: »War doch wirklich nett von ihr, dass sie ihr Versprechen so schnell eingelöst hat, findest du nicht? Sie wollte mich zum Essen einladen, und jetzt weiß ich, dass sie’s ernst gemeint hat.«
    »Du wirst von Minute zu Minute beliebter. Bald werde ich eine Nummer ziehen müssen.«
    Ich erwiderte, dass ich diesen Ausdruck - eine Nummer ziehen - in Zusammenhang mit der Registrierung der Patienten in der Notaufnahme kannte.
    »Ich dachte eher an die Feinkosttheke «, bemerkte

Weitere Kostenlose Bücher