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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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den anderen die Laune, tanzt nicht, krallt sich an einem Glas Bier fest und ist von einem Moment auf den anderen todmüde. Ich dachte nach, ob ich jemals etwas über Leo gesagt hatte, das meinen Besitzanspruch rechtfertigte, irgendeine Andeutung, auf deren Basis Sylvie dieses unverhohlene Heischen nach seiner Aufmerksamkeit als illoyal klassifizieren könnte. Als er sich kurz in Richtung Herrentoilette absentierte, nippte ich schweigend an meinem Kaffee.
    »Was ist los?«, fragte Sylvie. »Komm schon. Irgendwas stimmt nicht.«
    »Ich frage mich, ob ich euch vielleicht allein lassen soll.«
    »Sei nicht kindisch. Was wäre denn das für eine Freundin, die sich erst selbst einlädt, und dann genau die Person abserviert, die das Geschäft eingefädelt hat.«
    »Was für ein Geschäft?«
    »Gar keins. Schlechte Wortwahl. Ich meine, uns zwei gibt’s nur im Paket - dich und mich.« Sie lächelte. »Das Drumherum ist vielleicht reine Projektion meinerseits.«
    »Na hoffentlich. Er ist praktisch verlobt mit Meredith.«
    Sylvie verdrehte die Augen.
    »Sie ist schwanger. Und du? Du hattest ein traumatisches Erlebnis in Sachen Liebe, das ist gerade mal vierundzwanzig Stunden her. Davon musst du dich erst mal erholen.«
    »Ich amüsier mich doch nur - vielleicht ein bisschen unanständig, aber harmlos. Also mach dir keine Sorgen. Ein kleiner Flirt hat noch niemandem geschadet. Betrachte es doch mal als Sozialarbeit: Der arme Leo kriegt etwas, was er lange entbehren musste - ein bisschen Gesellschaft der unbeschwerten Art.«
    »Versuchst du, mit ihm intim zu werden?«
    Sylvie lachte.
    »War das ein Nein ?«
    »Das war meine Art, meine Belustigung über deine Formulierung zum Ausdruck zu bringen, und über deinen tadelnden Ton. Pscht . Da kommt er. Ich werde mich bemühen, mein skandalöses Betragen ein wenig zu mäßigen.«
    »Sehen wir zu, dass es nicht zu spät wird -«
    »Aber ich bin nicht müde«, sagte Sylvie
     
    Pflichtbewusst forderte Leo nach jeder Runde mit Sylvie auch mich zum Tanzen auf, aber ich saß wie versteinert in meinem Sessel. »Ich weiß nicht, wie man zu dieser Musik tanzt«, sagte ich.
    »Zu was für einer Musik würdest du denn tanzen?«, fragte er.
    »Zu einer, wie sie sie in den Achtzigern in der Tanzschule spielten.«
    »Viel Glück«, sagte Sylvie.
    »Macht ihr zwei weiter«, sagte ich.
    Leo setzte sich hin, klopfte mir auf die Hand und fragte, ob mit mir alles in Ordnung sei.
    Noch vor einem Monat hätte ich mit meinem bewährten »Ich bin total k. o.« geantwortet. Doch jetzt sagte ich: »Ich bin ganz offensichtlich im Weg. Du und Sylvie, ihr braucht keinen Anstandswauwau.«
    Ich spürte, wie über meinen Kopf hinweg Blicke gewechselt wurden. Doch es waren bestimmt nachsichtige, liebevolle, denn schließlich hatte ich diese beiden Frohnaturen zusammengebracht - zwei enge Freunde von mir, die internistische Cheerleaderin und den beliebtesten heterosexuellen Krankenpfleger der Welt.
    »Bleib doch«, sagte Sylvie.
    »Geh nicht«, sagte Leo. »Ich meine, was willst du denn daheim anfangen?«
    Sylvie zeigte auf eine Schreibtafel an der Wand. »Kuck mal: Es gibt Cremeschnitten und Maispudding.«
    »Und Kekskuchen«, ergänzte Leo.
    »Wir könnten teilen«, schlug Sylvie vor.
    »Nein, danke. Ich bin satt. Vielleicht ein andermal.«
    Sie zuckten die Achseln und schafften es, ihre Freude zu maskieren. Leo bestand darauf, mich hinauszubegleiten. Mit der Nonchalance des Stadtjungen, der er von klein auf war, winkte er ein Taxi heran. Als das Taxi hielt, sagte ich Gute Nacht. Er erwiderte meinen Gruß, indem er meine Schultern drückte und mir einen Kuss auf die Stirn hauchte.
    Doch das war kein Ausdruck von Zärtlichkeit oder vielleicht Bedauern. Das war Leos Art, sich zu bedanken: Danke, Alice, alter Kumpel. Ich wusste, du würdest es verstehen.

22
    DAS LEBEN GEHT WEITER
    Sylvie hatte mich adoptiert, und nun hatte Sylvie mich wieder zu meinen Pflegeeltern zurückgeschickt.
    Ich nahm es schwer. Ich hätte zu ihr hinübergehen und sagen können: »Lass uns darüber reden«, oder, »Du fehlst mir«. Stattdessen vergoss ich bittere Tränen um das seltene Gut, das ich verloren hatte, das unerwartete Klopfen an der Tür und das Vergnügen ihrer stürmischen Gesellschaft. Wie ein schmollendes Schulmädchen brachte ich gerade noch ein Nicken zustande, wenn wir uns zufällig begegneten.
    Sie muss den ersten Schritt tun, war meine Logik. Wenn ihr etwas an unserer Freundschaft lag, dann sollte sie klopfen. Sie sollte

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