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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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mich erstaunt an. Er hat ja keine Ahnung, wer ich bin und was ich hier will. Ich sage ihm meinen Namen, und dass ich hinter Christian Fust her bin. Ich sage nicht, dass ich Christian gut kenne. Jetzt will Dasgupta mir mit den Augen etwas zeigen. Er meint eine kleine Mappe, die auf dem Stuhl unter dem Esstisch liegt. Ich nehme sie zur Hand, was ihn zufrieden die Augen schließen und beinahe lächeln lässt. Dann nehme ich mein Telefon aus meiner Hosentasche und betätige den Notruf, jedoch ohne der Notrufzentrale die genaue Adresse mitteilen zu können. Ich kann nur den Namen des Instituts angeben und darum bitten, mein Telefon zu orten, weiß aber nicht, ob sie das so rasch hinkriegen. Dasgupta atmet schwer. Ich beschließe, hinunter auf die Straße zu laufen, um der Notrufstelle Straßennamen und Hausnummer nachreichen zu können. Ich suche nach Schlüsseln. In Dasguptas Jacket werde ich fündig. Ich sage Dasgupta, was ich vorhabe, springe die Treppe hinunter in den Innenhof und klettere über das Aluminiumtor. Als ich nach einem Straßenschild Ausschau halte, gewahre ich ein kleines Blitzen in einem Fenster. Es könnte das Küchenfenster sein, hinter dem der schwerverletzte Dasgupta liegt. Noch einmal ein Zucken, schließlich ein grelles Licht, und die Zeit hält an.
    Damit das grelle Licht ein wenig Leuchtkraft entfalten kann. Die Glasfläche von Dasguptas Küchenfenster wölbt sich nach außen, dann birst sie in gezackte Scheiben, die in immer kleinere Stücke brechen und sich in einen Scherbenregen verwandeln. Glassplitter schießen wie kleine Geschosse in die Finsternis. Ganz am Ende kommt der Knall und der obere Teil des geografischen Forschungsinstituts wird zu einem feuerspeienden Drachen. Zischend, brüllend speit er gelbweißblaue Gluten von sich, einmal, eine Viertelsekunde später ein zweites Mal, er berauscht sich an seinem Werk, und der Scherbenregen geht auf die Dächer der wenigen schrottreifen Autos nieder, die noch in dieser Straße abgestellt sind. Gegenstände, jetzt in rasendem Tempo, da die Zeit wieder intakt ist, fliegen auf die Straße herab.
    Ich bin wie festgeschnallt an diesen Augenblick. Ich kann mich nicht bewegen. Ein kleines Stück, vielleicht Metall, trifft mich am rechten Arm. Meine Sohlen sind Teil des Asphalts geworden. Ich zucke mit der Schulter, es soll eine Bewegung werden. Gedanken blähen sich in mir auf, aber ich denke sie nicht. Sie gewinnen bloß an Umfang und Leere, und schließlich platzen sie alle auf und überrennen mich. Dünne, schnelle Gedanken.
    Ein paar Sekunden nur. Gebt mir Zeit. Die Starre in meinen Muskeln lässt bereits nach.
    Eine beispiellose Willensanstrengung ist nötig, damit ich mich wieder bewegen kann. Dann renne ich zum Schiebetor, schneller als ich jemals zuvor gerannt bin. Ich springe in die Einfahrt und renne wieder die Treppe hinauf. Doch komme ich nicht weit, alles im oberen Geschoss steht in Flammen. In diesem Augenblick höre ich auch schon Sirenen und sehe draußen Blaulicht kreisen. Ich laufe ans andere Ende des mittleren Geschosses und mache dort ein Fenster auf. Am Rand des Hinterhofes öffnet es beinahe schon auf das Nachbargrundstück und auf die Mauer, die dieses Grundstück vom Institutsgebäude trennt. Ich klettere hinaus auf die Mauerkrone, und von ihr springe ich in einen dunklen Nachbargarten hinab.
    Neben mir kann ich im Dunkeln Metallteile ausmachen, alte Gerüstböcke, eine Art Tisch und etwas, das wie eine Egge aussieht. Ein wenig weiter nach links, und ich hätte mir sämtliche Knochen gebrochen und mich von oben bis unten aufgeschlitzt. Der wild wuchernde Garten ist hinten von dichten Büschen begrenzt. Ich klettere über diese Hecke und komme in einer dunklen Seitenstraße zu stehen, die nur durch das Blaulicht rhythmisch erhellt wird. Dort schleiche ich wohl hundert Meter weit aus dem Bereich des Geschehens. Ich nehme die SIM -Karte aus meinem Telefon und wühle sie in einen Haufen Müll hinein. Ich habe keine Lust, bloß dafür verhaftet zu werden, mich am falschen Ort befunden zu haben.
    Ich versuche einen kühlen Kopf zu bewahren. Wieso habe ich den Schuss im Institut nicht gehört? Wegen des Lärms überall dort draußen? Oder Dasgupta war bereits angeschossen, bevor ich mit Christians Wagen ankam. Vielleicht aber doch Christian, mit seiner dunklen Pistole. Oder der Fahrer. Oder der Fahrer mit Christians Pistole. Und wo ist der Fahrer die ganze Zeit gewesen?
    Ich ziehe mein Hemd aus und verwende es als Atemschutz. Auf

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