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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Schafe, Rinder, Metallurgie und wahrscheinlich auch den Pflug übernahmen sie entweder aus dem Mittleren Osten oder aus Europa. Es gab also keine »Geheimwaffe«, die allein für das Vordringen der Reitervölker verantwortlich war. Vielmehr waren sie die ersten, die mit der Domestikati­on des Pferdes und insbesondere auch mit der Einfüh­rung der Intensivlandwirtschaft nach der Invasion Süd­osteuropas das wirtschaftliche und militärische Bündel schnürten, das die Welt für die nächsten 5000 Jahre be­herrschen sollte. Ihr Erfolg beruhte somit, wie bei der 1492 beginnenden zweiten Phase der europäischen Ex­pansion, auf einem biogeographischen Zufall. Dieser wollte es, daß jene Völker drei entscheidende Merkmale vereinten : große Herden von Wildpferden in ihrer Hei­mat, offene Steppen und die Nähe zu mittelöstlichen und europäischen Zivilisationszentren.
    Wie die Archäologin Marija Gimbutas von der Universi­ty of California in Los Angeles schrieb, passen die russi­schen Steppenvölker, die im 4. Jahrtausend v. Chr. west­lich des Uralgebirges lebten, recht gut in unser postu­liertes Bild der Urindogermanen. Sie lebten zur richtigen Zeit. Ihre Kultur besaß die wichtigen für das Urindo­germanische rekonstruierten wirtschaftlichen Elemen­te (wie Rad und Pferd), nicht jedoch die fehlenden (wie Streitwagen und zahlreiche Bezeichnungen für Kultur­pflanzen). Und sie lebten am richtigen Ort : in der gemä-ßigten Zone, südlich der finnisch­ugrischen Völker und nahe der späteren Heimat der Litauer und anderer Bal­ten.
    Doch wenn alles so gut zusammenpaßt, warum bleibt die Steppentheorie des indogermanischen Ursprungs dann so umstritten? Es gäbe wohl keine Kontroverse, wäre es den Archäologen gelungen, eine zügige Expan­sion der Steppenkultur um 3000 v. Chr. von Südrußland bis Irland nachzuweisen. Aber die gab es nicht. Auf Fun­de, die auf die einfallenden Reitervölker selbst schließen lassen, stieß man nie weiter westlich als in Ungarn. Statt dessen entstand um 3000 v. Chr. und in der Zeit danach eine verblüffende Vielzahl anderer Kulturen in Euro­pa, die nach ihren jeweils charakteristischen Gegenstän­den bezeichnet wurden (zum Beispiel die Streitaxtkultu­ren). Diese neuen westeuropäischen Kulturen verbanden Kennzeichen der Steppe, wie Pferde und Militarismus, mit alten westeuropäischen Traditionen, vor allem der seßhaften Landwirtschaft. Aufgrund dieser Tatsachen verwerfen viele Archäologen die Steppenhypothese ins­gesamt und betrachten die neuen westeuropäischen Kul­turen als eigenständige lokale Entwicklungen.
    Es gibt jedoch eine einfache Begründung dafür, daß sich die Steppenkultur nicht in intakter Form bis nach Irland ausbreiten konnte. Die Steppe selbst erreich­te in der ungarischen Tiefebene ihre westliche Grenze. Hier machten auch alle später nach Europa einfallen­den Steppenvölker halt, zum Beispiel die Mongolen. Ein weiteres Vordringen nach Westen hätte eine Anpassung an die Waldlandschaft Westeuropas erfordert – durch Übernahme der Intensivlandwirtschaft oder durch Un­terwerfung bestehender europäischer Kulturen und Vermischung mit ihren Angehörigen. Die meisten der Gene der daraus resultierenden Mischlingsgesellschaf­ten könnten die Gene des alten Europa gewesen sein.
    Wenn es so war, daß Steppenvölker ihre urindogerma­nische Muttersprache in Südosteuropa bis nach Ungarn gewaltsam einführten, dann waren es die daraus resul­tierenden indogermanisehen Tochterkulturen, nicht die ursprüngliche Steppenkultur selbst, die weitere Able­ger im übrigen Europa hervorbrachten. Archäologische Funde deuten darauf hin, daß solche »Enkelkulturen« zwischen 3000 und 1500 v. Chr. in ganz Europa und im Osten bis nach Indien aufkeimten. Eine ganze Rei­he nicht­indogermanischer Sprachen hielten sich lange genug, um wenigstens schriftliche Zeugnisse zu hinter­lassen (wie das Etruskische), und Baskisch wird ja heu­te noch gesprochen. Wir müssen uns die indogermani­sche Dampfwalze also nicht als eine einzige Welle vor­stellen, die Eurasien überrollte, sondern als lange Kette von Ereignissen, die sich über einen Zeitraum von 5000 Jahren abspielten.
    Betrachten wir zum Vergleich, wie es zur heutigen Vorherrschaft der indogermanischen Sprachen in Nord- und Südamerika kam. Es gibt Aufzeichnungen in Hülle und Fülle, die beweisen, daß Invasionen von Sprechern indogermanischer Sprachen aus Europa die Ursache wa­ren. Jene europäischen Einwanderer

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