Der dritte Schimpanse
namens George Augustus Robinson für die Aufgabe angeheuert, die überlebenden Tasmanier zu finden und zur 50 Kilometer entfernten Flinders-Insel zu bringen. Robinson war überzeugt, zum Wohle der Tasmanier zu handeln. Er erhielt 300 Pfund Vorschuß und 700 Pfund nach Ausführung seines Auftrags. Unter wirklichen Mü-hen und Gefahren und mit Unterstützung einer mutigen Eingeborenen namens Truganini gelang es ihm, die verbliebenen Tasmanier zusammenzubringen – anfangs freiwillig mit dem Hinweis darauf, es würde sie ein noch schlimmeres Schicksal erwarten, wenn sie nicht aufgä-ben, doch später auch unter Gewaltanwendung. Viele von Robinsons Gefangenen starben auf dem Weg nach Flinders. Nur etwa 200 kamen an, die letzten Überlebenden der einstigen Population von 5000 Tasmaniern.
Robinson war entschlossen, diese auf Flinders zu zivilisieren und Christen aus ihnen zu machen. Die von ihm geleitete Ansiedlung glich einem Gefängnis, an einem windigen Ort mit wenig Süßwasser gelegen. Kinder wurden von ihren Eltern getrennt, um die Arbeit des »Zivilisierens« leichter zu machen. Der strikt reglementierte Tagesablauf umfaßte Bibellektüre, Singen von Kirchenliedern und Inspektion von Betten und Eßgeschirr auf Sauberkeit. Die karge Gefängniskost hatte jedoch Unterernährung zu Folge, die zusammen mit Krankheiten zum Tod vieler Eingeborener führte. Neugeborene überlebten selten länger als ein paar Wochen. Die Regierung kürzte zudem die finanziellen Mittel in der Hoff -nung, die Eingeborenen würden aussterben. Im Jahre 1869 waren nur noch Truganini sowie eine weitere Frau und ein Mann am Leben.
Das Foto zeigt William Lanner, den letzten Tasmanier.Foto von Wooley, aus der Sammlung des Tasmanian Museum and Art Gallery.
Diese letzten drei Tasmanier erregten das Interesse von Wissenschaftlern, die glaubten, hier ein Zwischenglied zwischen Mensch und Affe gefunden zu haben. Als der letzte männliche Tasmanier, ein gewisser William Lanner, 1969 gestorben war, wetteiferten zwei Ärzteteams unter Leitung von Dr. George Stokell von der Royal Society of Tasmania und Dr. W. L. Crowther vom Royal College of Surgeons darum, Lanners Leichnam abwechselnd zu exhumieren und wieder zu begraben, wobei einzelne Körperteile abgeschnitten und gegenseitig entwendet wurden. Dr. Crowther nahm sich den Kopf, Dr. Stokell die Hände und Füße und jemand anders Oh- ren und Nase als Souvenirs. Lanners Haut verarbeitete Dr. Stokell zu einem Tabakbeutel.
Das Foto zeigt Truganini, die letzte Tasmanierin.Foto von Wooley, aus der Sammlung des Tasmanian Museum and Art Gallery.
Vor ihrem Tod im Jahre 1876 hatte Truganini, die letzte Tasmanierin, schreckliche Angst, ihrem Leichnam könne eine ähnliche Verstümmelung widerfahren, und bat um eine Seebestattung – doch vergebens. Wie sie befürchtet hatte, ließ die Royal Society ihr Skelett ausgraben und stellte es im Tasmanian Museum bis 1947 öffentlich zur Schau. In jenem Jahr gab das Museum schließlich Beschwerden über diese Geschmacklosigkeit nach und transferierte Truganinis Skelett in einen Raum, zu dem nur Wissenschaftler Zutritt hatten. Doch auch dagegen gab es Proteste. Im Jahre 1976 – genau ein Jahrhundert nach Truganinis Tod – wurde ihr Skelett gegen den Willen der Museumsleitung eingeäschert und die Asche ins Meer gestreut, wie sie es gewünscht hatte.
Die Tasmanier waren zwar wenige an der Zahl, ihre Ausrottung hatte jedoch für Australien große Bedeutung, da Tasmanien die erste Kolonie des Kontinents war, die ihr Eingeborenenproblem gelöst hatte und dabei einer »Endlösung« am nächsten gekommen war. Offenbar war man mit Erfolg alle Eingeborenen losgeworden. (In Wirklichkeit hatten Kinder tasmanischer Frauen und weißer Robbenfänger überlebt, deren Nachfahren für die tasmanische Regierung heute einen wunden Punkt darstellen.) Viele weiße Festlandaustralier waren auf die tasmanische Lösung wegen ihrer Gründlichkeit neidisch und wollten sie nachahmen, doch hatten sie auch eine Lehre aus den dort gemachten Erfahrungen gezogen. Die Ausrottung der Tasmanier war nämlich in besiedelten Gebieten vor den Augen der Presse geschehen und hatte manch negativen Kommentar hervorgerufen. Deshalb wurde die Ausrottung der sehr viel zahlreicheren Festland-Aborigines im Grenzland, weit von den städtischen Zentren entfernt, in die Tat umgesetzt.
Nach dem Vorbild der tasmanischen »roving parties« setzten die Regierungen des
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