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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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beruht. Da solche Bindungen bei ge­wöhnlichen und Zwergschimpansen nicht vorkommen, ergibt es keinen Sinn, bei ihnen von Ehebruch zu spre­chen. Wir müssen dieses Verhalten neu erfunden haben, nachdem es für unsere schimpansenähnlichen Vorfah­ren bereits zur Vergangenheit gehörte. Deshalb können wir die menschliche Sexualität und die Rolle, die sie bei unserem Aufstieg aus dem Tierreich spielte, nicht erör­tern, ohne uns auch sorgfältig mit der Wissenschaft vom Ehebruch zu beschäftigen.
    Die meisten Erkenntnisse, die wir über die Häufigkeit von Ehebruch besitzen, verdanken wir Befragungen und nicht der Bestimmung von Blutgruppen. Seit den vierzi­ger Jahren wurde die Legende, eheliche Untreue käme in den USA selten vor, durch eine große Zahl von Um­fragen, allen voran den Kinsey-Report, widerlegt. Doch auch in den angeblich so liberalen neunziger Jahren ist die Haltung zum Ehebruch noch immer sehr zwiespäl­tig. Er gilt als etwas Aufregendes : Kaum eine Unter­haltungsserie im Fernsehen kommt ohne ihn aus. Und es gibt auch nur wenige Themen, die mehr Anlaß zu scherzhaften Bemerkungen geben. Doch wie Freud fest­stellte, spielt Humor eine wichtige Rolle im Umgang mit Dingen, die uns sehr schmerzen. In der Geschichte der Menschheit war Ehebruch stets eine der Hauptursachen für Mord, Elend und Not. Bei der Behandlung dieses Themas kann man den wissenschaftlichen Ernst sicher nicht ganz bewahren, aber es fällt ebenso schwer, kei­nen Abscheu vor den sadistischen Institutionen zu emp­finden, die von menschlichen Gesellschaften ersonnen wurden, um das »Fremdgehen« unter Kontrolle zu be­kommen.
    Aus welchen Motiven suchen oder meiden Verheirate­te Sex mit fremden Partnern? Da Wissenschaftler für fast alles eine Theorie haben, wundert es nicht, daß auch eine Theorie des außerehelichen Geschlechtsverkehrs (abge­kürzt AEV, nicht zu verwechseln mit vorehelichem Ge­schlechtsverkehr = VEV) erfunden wurde. Für viele Tier­arten stellt sich das Problem des AEV überhaupt nicht, da sie keine Ehe praktizieren. So paart sich ein läufiges Berberaffenweibchen promiskuitiv mit jedem erwachse­nen Männchen seiner Horde, wobei es im Durchschnitt alle 17 Minuten zum Koitus kommt. Manche Säugetie­re und die meisten Vogelarten leben jedoch in »ehelicher Gemeinschaft «. Das bedeutet, Männchen und Weibchen gehen eine dauerhafte Bindung ein, um dem gemeinsa­men Nachwuchs Fürsorge und Schutz zu gewähren. Gibt es die Ehe erst einmal, besteht auch die Möglichkeit, dem nachzugehen, was Soziobiologen beschönigend als »kom­binierte Fortpflanzungsstrategie« (abgekürzt KFS) be­zeichnen. In einfachem Deutsch heißt das nichts anderes, als verheiratet zu sein und fremdzugehen.
    Zwischen verschiedenen Tierarten mit einer ehelichen Form des Zusammenlebens gibt es große Unterschiede im Ausmaß, in dem sie mehrere Fortpflanzungsstrate­gien zugleich verfolgen. Bei den kleinen Menschenaffen, die wir als Gibbons bezeichnen, gibt es äußerst wenige bekannte Fälle von außerehelicher Paarung, während das bei Schneegänsen an der Tagesordnung ist. Mensch­liche Gesellschaften unterscheiden sich in dieser Bezie­hung ebenfalls, doch ich vermute, daß keine den treuen Gibbons auch nur nahekommt. Um all diese Unterschie­de zu erklären, kamen Soziobiologen auf die Idee, spiel­theoretische Überlegungen anzuwenden ; danach ist das Leben ein evolutionärer Wettkampf, bei dem derjenige den Sieg davonträgt, der die meisten Nachkommen hin­terläßt.
    Die Wettkampfregeln ergeben sich aus den ökologischen Bedingungen und der Fortpflanzungsbiologie je­der Art. Herauszufinden gilt es dann, mit welcher Stra­tegie der Wettkampf am ehesten zu gewinnen ist : mit strenger Treue, purer Promiskuität oder einer Mischung aus beiden. Eines muß ich von Anfang an klarstellen : So nützlich dieser Ansatz für das Verständnis ehelicher Untreue bei Tieren sein mag, so heikel ist die Frage sei­ner Relevanz für menschliche Seitensprünge, worauf ich noch eingehen werde.
    Als erstes erkennt man, daß die optimale Spielstrategie für männliche und weibliche Angehörige derselben Art nicht gleich ist. Der Grund liegt in gewichtigen Unter­schieden in der Fortpflanzungsbiologie von Männchen und Weibchen: in der erforderlichen Mindestanstren­gung zur Fortpflanzung und in der Gefahr, betrogen zu werden. Betrachten wir diese uns nur allzu geläufigen Unterschiede nun etwas genauer.
    Für Männer besteht der Mindestaufwand zur

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