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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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blauäugige, blonde Menschen als furchtbar häßlich anzusehen.
    Um die Prägungstheorie der Partnerwahl einem strengen Test zu unterziehen, müßten wir Experimen­te wie dies anstellen : Man bringt einige schwedische Ba­bys zu Adoptiveltern in Neuguinea oder sorgt dafür, daß ein paar schwedische Eltern dauerhaft schwarze Gesich­ter und Körper bekommen. Dann wartet man 20 Jahre, bis aus den Babys Erwachsene geworden sind, und un­tersucht, ob sie als Sexualpartner Schweden oder Neu­guineaner bevorzugen. Wieder einmal scheitert die Su­che nach der Wahrheit an praktischen Problemen. Doch zum Glück können solche Tests an Tieren mit ganzer experimenteller Strenge durchgeführt werden.
    Zum Beispiel an Schneegänsen mit ihrer bläulichen oder weißen Färbung. Ist die Präferenz für weiße oder bläuliche Gänse erlernt oder angeboren ? Kanadische Biologen legten frisch ausgeschlüpfte Gänse aus Ei­ern, die im Brutapparat ausgebrütet worden waren, in ein Nest von »Pflegeeltern«. Nachdem die Jungen auf­gewachsen waren, wählten sie Paarungspartner mit der gleichen Färbung wie der der Pflegeeltern. Gänsejunge, die in einer größeren, gemischten Schar aus bläulich ge­färbten und weißen Gänsen groß geworden waren, zeig­ten später keinerlei Präferenz für Blau oder Weiß. Und noch ein Experiment führten die Wissenschaftler durch: Sie färbten einige der Gänse rosa, woraufhin der Nach­wuchs eine Präferenz für rosa gefärbte Gänse entwickel­te. Mithin ist Gänsen die Farbpräferenz nicht angebo­ren, sondern sie wird durch Prägung auf die Eltern (so­wie Geschwister und Spielgefährten) gelernt.
    Wie kam es also nach meiner Ansicht zu den Unter­schieden zwischen den Bewohnern verschiedener Teile der Erde ? Das Innere unseres Körpers blieb für uns un­sichtbar und wurde durch die natürliche Selektion ge­staltet, beispielsweise mit dem Ergebnis, daß Afrika­ner und nicht Schweden als Schutz gegen Malaria das Sichelzellen-Hämoglobin-Gen entwickelten. Viele un­serer äußerlichen Merkmale gehen ebenfalls auf die natürliche Selektion zurück. Doch wie bei den Tieren hatte die sexuelle Selektion einen großen Einfluß auf die For­mung jener äußerlichen Merkmale, die bei der Partner­wahl eine Rolle spielen.
    Beim Menschen handelt es sich dabei vor allem um die Haut, die Augen, das Haar, die Brüste und Geschlechts­organe. In allen Teilen der Welt entwickelten sich die­se Merkmale parallel zu den durch Prägung entstande­nen ästhetischen Präferenzen, wobei im Ergebnis Un­terschiede im Aussehen standen, die ein gutes Maß an Willkür beinhalten. Welche Population am Ende gera­de eine bestimmte Augen- oder Haarfarbe hatte, könn­te zum Teil auch auf einem Zufall beruhen, den Biolo­gen als »Gründereffekt« bezeichnen. Damit ist folgen­des gemeint: Wenn eine kleine Zahl von Individuen ein unbesiedeltes Gebiet kolonisiert, in dem sich später ihre Nachkommen vermehren und ausbreiten, dann do­minieren die genetischen Anlagen der wenigen Grün­dungsindividuen die spätere Population immer noch für viele Generationen. So wie manche Paradiesvögel ein gelbes Gefieder haben und andere ein schwarzes, so ha­ben manche menschlichen Populationen blondes Haar und andere schwarzes, manche blaue Augen und andere grüne, manche orange Brustwarzen und andere braune.
    Damit will ich nicht sagen, daß Klimabedingungen und Hautfarbe überhaupt nichts miteinander zu tun ha­ben. Ich gestehe ein, daß die Bewohner tropischer Re­gionen im Durchschnitt dunkler sind als die Bewohner gemäßigter Zonen, wenngleich mit vielen Ausnahmen, und daß dies wahrscheinlich das Ergebnis der natürli­chen Selektion ist, wobei wir den genauen Mechanismus nicht kennen. Ich weise aber darauf hin, daß die sexu­elle Selektion immerhin stark genug war, um für eine recht unvollkommene Korrelation zwischen Hautfarbe und Sonneneinstrahlung zu sorgen.
    Falls Sie immer noch skeptisch sind, wie sich äußer­liche Merkmale und ästhetische Präferenzen zusam­men zu verschiedenen, willkürlichen Endpunkten hin entwickeln konnten, denken Sie doch nur an die wech­selnde Mode. Als ich in den frühen fünfziger Jahren die Schule besuchte, fanden die Frauen Männer mit Bür­stenhaarschnitt und Glattrasur besonders attraktiv. Seit­her haben wir eine ganze Parade von Herrenmoden er­lebt – Barte, lange Haare, Ohrringe, lila gefärbtes Haar und den Irokesen-Haarschnitt, um einige aufzuzählen. Hätte irgendein Mann in

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