Der Dritte Zwilling.
aufspüren, wenn sie außer den Namen nichts hat?«
»Eindeutig ja«, erwiderte Berrington. »Wir sind in der Psychologischen auf solche Sachen spezialisiert. Eineiige Zwillinge aufzuspüren gehört ja zu unserem Job. Wenn sie gestern abend die Liste bekommen hat, dann kann sie inzwischen schon ein paar der Gesuchten gefunden haben.«
»Das hab’ ich befürchtet. Läßt sich das irgendwie überprüfen?«
»Ich denke, ich könnte die Leute anrufen und fragen, ob Jeannie sich bei ihnen gemeldet hat.«
»Du mußt aber diskret vorgehen.«
»Du regst mich auf, Jim. Manchmal stellst du dich an, als hätte außer dir in ganz Amerika niemand auch nur einen Funken Hirn im Schädel. Daß ich diskret sein muß, weiß ich selber. Ich rühr’ mich wie der.« Er schmetterte den Hörer auf die Gabel.
Die Namen der Klone und ihre Telefonnummern standen, mit einem einfachen Code verschlüsselt, in seinem elektronischen Adreßbuch. Er nahm es aus der Schreibtischschublade und stellte es an.
Er hatte ihren Werdegang über all die Jahre hinweg im Auge behal en. Mehr als Preston oder Jim empfand er ihnen gegenüber väterliche Gefühle. In den ersten Jahren hatte er sich von der Aventine-Klinik aus ab und zu unter dem Vorwand, man untersuche die Spätfolgen der Hormonbehandlung, brieflich an die Eltern gewandt. Später, als diese Ausrede nicht mehr plausibel war, hatte er sich verschiedene Täuschungsmanöver ausgedacht. Zum Beispiel hatte er so getan, als sei er Immobilienmakler und rufe an, um zu fragen, ob die Familie am Verkauf ihres Hauses interessiert sei. Oder er hatte den Vertreter eines Buchversands gespielt und den Eltern ein Buch mit einem Verzeichnis der Stipendien angeboten, welche für die Kinder ehemaliger Militär angehöriger in Frage kämen.
Mit wachsendem Unbehagen hatte er miterlebt, wie die meisten der Klone von intelligenten - wenn auch kaum zu bändigenden - Kindern zu draufgängerischen jugendlichen Kriminellen und schließlich zu brillanten, aber labilen Erwachsenen heranwuchsen. Sie waren die unglücklichen Produkte eines historischen Experiments. Das Experiment als solches hatte Berrington nie bereut, aber er hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber den Jungen. Als Per Ericson auf einer Skipiste in Vail bei einem Salto mortale ums Leben gekommen war, hatte er geweint.
Versonnen betrachtete er die Liste und überlegte sich dabei eine neue Ausrede für einen Anruf. Dann griff er zum Telefon und wählte die Nummer von Murray Clauds Vater. Es klingelte und klingelte, ohne daß jemand an den Apparat ging.
Der nächste, den er anrief, war George Dassault. Eine vertraute Stimme meldete sich. »Hallo, wer ist dran?«
»Hier Bell Telephone Company, Sir. Wir führen eine Untersuhung über betrügerische Telefonanrufe durch. Haben Sie in den letzten vierundzwanzig Stunden seltsame oder ungewöhnliche Anrufe er halten?«
»Nein, nicht daß ich wüßte. Aber ich bin am Freitag weggefahren, so daß in dieser Zeit ohnehin niemand an den Apparat gegangen ist.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Auskunft, Sir. Auf Wiederhören.«
Jeannie mochte Georges Namen herausgefunden haben - erreicht hatte sie ihn nicht. Hier blieb also alles offen.
Berrington wählte die Nummer von Hank King in Boston.
»Hallo, wer ist dran?«
Merkwürdig, dachte Berrington, alle melden sich am Telefon auf die gleiche, nicht gerade sehr höfliche Art und Weise. »Hier Bell Telephone Company, Sir.
Wir untersuchen betrügerische Telefonanrufe. Hat sich in den letzten vierundzwanzig Stunden jemand bei Ihnen gemeldet, der Ihnen merkwürdig oder irgendwie verdächtig vorkam?«
Hank lallte. »O je, o je … Wir hatten hier eine irre Fete, Mann, da merk’ ich mir doch nicht, wer hier anruft.« Berrington verdrehte die Augen. Natürlich! Hank hatte ja gestern Geburtstag. Jetzt war er be trunken oder mit Drogen vollgedröhnt oder beides. »Nee, warte mal ‘n Augenblick! Ja, da war was, jetzt weiß ich’s wieder. Mitten in der Nacht ruft doch da wer von der Polente an. Polizei von Boston, hatse gesagt.«
»Sie?« Das kann Jeannie gewesen sein, dachte Berrington, und eine düstere Vorahnung stieg in ihm auf.
»Ja, es war eine Frau.«
»Hat sie ihren Namen genannt? Wir könnten dann die Echtheit des Anrufs überprüfen.«
»Hat sie, ja, aber ich kann mich nicht mehr erinnern. Sarah oder Carol oder Margaret oder … Susan, ja! Detective Susan Farber.«
Damit war der Fall klar. Susan Farber war die Autorin von Identical Twins Reared Apart , dem
Weitere Kostenlose Bücher