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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Jurgis.
    »So, so?« Der andere lächelte höhnisch. »Nach sieben wird bei uns kein Frühstück mehr serviert.«
    »Ich habe großen Hunger«, sagte Jurgis ernst, »und ich möchte was zu essen kaufen.«
    »Fragen Sie meine Frau.« Der Farmer wies mit dem Kopf über die Schulter.
    Seine Ehehälfte zeigte sich zugänglicher, und für zehn Cent bekam Jurgis zwei dickbelegte Sandwiches, ein Stück Kuchen und zwei Äpfel. Den Kuchen aß er gleich im Weitergehen, da er am unbequemsten zu tragen war. Nach ein paar Minuten kam er an einen Bach; er kletterte über einen Zaun, ging hinunter ans Ufer und lief einen Waldpfad entlang. Bald fand er ein gemütliches Plätzchen. Dort verzehrte er sein Mahl und löschte seinen Durst im Bach. Dann lag er stundenlang da, tat nichts weiter als schauen und sich freuen, bis er schließlich müde wurde und sich im Schatten eines Buschs schlafen legte.
    Als er erwachte, brannte ihm die Sonne ins Gesicht. Er setzte sich auf, reckte die Arme und sah dem vorüberplätschernden Wasser zu. Gleich unter ihm bildete der Bach eine kleine Bucht, eine tiefere Stelle, ruhig und geschützt, und da kam Jurgis plötzlich eine großartige Idee: Wie wär’s mit einem Bad? Das Wasser kostete nichts, und er könnte hineingehen – bis zum Hals! Es wäre das erste Mal, seit seinem Weggang aus Litauen, daß er ganz ins Wasser taucht.
    Als Jurgis damals in die Yards kam, war er so reinlich gewesen, wie es ein Arbeiter sein kann. Doch mit der Zeit hatten ihn Krankheit, Kälte, Hunger und Verzweiflung, der Schmutz bei der Arbeit und das Ungeziefer zu Hause dahin gebracht, sich im Winter gar nicht mehr und im Sommer nur so weit zu waschen, wie sein Körper in eine Schüssel hineinpaßte. Im Gefängnis hatte er einmal geduscht, aber seitdem nicht mehr – und jetzt wollte er schwimmen!
    Das Wasser war warm, und in seiner Freude plantschte er wie ein kleiner Junge darin herum. Danach setzte er sich nahe am Ufer im Wasser hin und begann, sich mit Sand abzuscheuern, systematisch, Zoll für Zoll. Da er schon einmal dabei war, wollte er es gründlich machen, wollte wissen, wie man sich fühlt, wenn man sauber ist. Sogar den Kopf schrubbte er sich mit Sand und kämmte sich aus seinem langen schwarzen Haar die »Krümchen« heraus, tauchte so lange unter, wie er es aushielt, um zu sehen, ob er sie nicht alle ersäufen könne. Da die Sonne noch immer warm genug war, holte er seine Sachen vom Ufer und wusch sie Stück für Stück; als Schmutz und Schmiere den Bach hinuntertrieben, grunzte er vor Zufriedenheit und wagte sogar zu hoffen, daß er den Düngergestank loswürde.
    Er hängte alles auf, und während es trocknete, lag er in der Sonne und schlief wieder lange und fest. Als er aufwachte, waren die Sachen obenauf heiß und brettsteif, auf der Unterseite jedoch noch ein wenig klamm. Da er aber Hunger hatte, zog er sie trotzdem an und machte sich wieder auf den Weg. Mit einiger Mühe, denn er besaß kein Taschenmesser, brach er sich einen handfesten Stock ab, und so bewaffnet marschierte er wieder die Landstraße lang.
    Nach einem Weilchen sah er ein großes Farmhaus, und er bog in den Weg ein, der zu ihm hinführte. Es war gerade Abendbrotzeit, und der Farmer wusch sich vor der Küchentür die Hände.
    »Bitte, Sir«, sprach Jurgis ihn an, »könnt sich wohl etwas zu essen haben? Ich will’s auch bezahlen.«
    Sofort wurde er angeblafft: »Wir füttern hier keine Tippelbrüder durch! Schleich dich!«
    Jurgis ging ohne ein Wort, doch als er um die Scheune herum war und an ein gepflügtes und geeggtes Feld kam, in das der Farmer junge Pfirsichbäume gesetzt hatte, riß er im Gehen eine Reihe davon mitsamt den Wurzeln heraus, im ganzen über hundert Bäumchen, bis er am Ende des Feldes anlangte. Das war seine Antwort und zeigte seine Stimmung: Von jetzt an schlug er zurück, und wer sich mit ihm anlegte, dem zahlte er mit gleicher Münze heim!
    Hinter der Obstplantage kam Jurgis durch einen Hain, dann durch ein Feld mit Wintergetreide und schließlich auf eine weitere Landstraße. Bald sah er wieder ein Farmhaus, und da ein paar Wolken aufzogen, fragte er dort außer nach Essen auch nach einem Nachtquartier.
    Als er merkte, daß der Farmer ihn mißtrauisch musterte, fügte er hinzu: »Ich wäre mit einem Platz in der Scheune zufrieden.«
    »Hm, ich weiß nicht«, sagte der Mann. »Rauchen Sie?«
    »Ab und zu«, gab Jurgis Antwort. »Aber wenn, dann draußen.« Als der Farmer eingewilligt hatte, fragte er: »Was kostet

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