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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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einer das hier verlangte Tempo durch, ohne daß seine Aufmerksamkeit mal für einen Augenblick nachließ – und schon hackte ihm die Stanze ein Stück Hand ab. Dann die sogenannten »Heber«, deren Aufgabe darin bestand, jene Hebel zu betätigen, die die getöteten Rinder vom Boden hochzogen. Sie hasteten auf einer Laufplanke unterm Dach hin und her und hatten dabei durch den Dunst und Dampf nach unten zu schauen. Da die Architekten des alten Durham die Schlachthalle nicht zur Bequemlichkeit der Heber gebaut hatten, mußten sich diese alle paar Schritte unter einem Querbalken durchducken, der etwa anderthalb Meter über ihrer Planke verlief, wodurch sie sich eine so krumme Haltung angewöhnten, daß sie nach ein paar Jahren einen Gang wie die Schimpansen hatten. Am schlimmsten dran aber waren die Leute in den Düngerfabriken und in den Kochereien. Die konnte man keinem zeigen, denn der Duft eines Düngerarbeiters hätte jeden normalen Werkbesucher schon aus hundert Schritt Entfernung in die Flucht gejagt, und was die anderen betraf, die in den Räumen voller Wrasen arbeiteten, wo sich oft Brühkessel auf gleicher Höhe mit dem Fußboden befanden – ihr »Berufsleiden« bestand darin, in diese Kessel zu fallen, und wenn man sie herausfischte, war nicht mehr genug von ihnen übrig, das vorzeigenswert gewesen wäre. Manchmal blieb so ein Unfall tagelang unbemerkt, und inzwischen waren sie dann, mit Ausnahme der Knochen, schon als »Durhams Feinschmalz« in die Welt hinausgegangen!

10
    Zu Anfang des Winters hatte die Familie noch genug Geld verdient, daß stets ein bißchen übrigblieb zum Abstottern der Schulden, aber als Jurgis dann statt neun oder zehn Dollar nur noch fünf bis sechs in der Woche nach Hause brachte, langte es kaum mehr für den bloßen Unterhalt. Der Winter ging vorüber, der Frühling kam, und sie lebten weiter von der Hand in den Mund, schlugen sich von einem Zahltag zum andern durch. Marija war verzweifelt, denn noch immer zeigten sich keinerlei Anzeichen, daß ihre Fabrik wieder anfangen werde, und ihre Ersparnisse gingen zur Neige. Die Heiratspläne mußte sie vorerst aufstecken, denn die Familie käme ohne sie nicht durch – bald allerdings würde sie zu einer Belastung für sie werden, denn wenn ihr Geld aufgebraucht war, müßte sie sie umsonst beköstigen, um so zurückzuzahlen, was sie ihr schuldete. Jurgis, Ona und Teta Elzbieta beratschlagten darum oft bis in die Nacht hinein, wie sie über die Runden kommen sollten, ohne Hunger zu leiden.
    So hart waren ihre Lebensbedingungen, daß sie keine noch so kurze Atempause von ihren Sorgen finden oder auch nur erhoffen konnten, keinen einzigen Augenblick, in dem sie nicht der Gedanke ans Geld bedrückte. Kaum hatten sie wie durch ein Wunder die eine Schwierigkeit hinter sich gebracht, zeichnete sich schon eine neue ab. Zu all ihrer körperlichen Mühsal kam also noch die ständige seelische Belastung; den ganzen Tag und fast auch die ganze Nacht wurden sie von Sorgen und Ängsten verfolgt. Das war wahrhaftig kein Leben mehr, sondern bestenfalls ein Vegetieren, und für den Preis, den sie dafür zahlten, fanden sie das zu wenig. Sie waren ja bereit, ununterbrochen zu arbeiten, aber wenn man schon sein Bestes gibt, sollte es dann nicht mindestens zum Leben reichen?
    Die notwendigen Anschaffungen wollten kein Ende nehmen, desgleichen die unvorhergesehenen Ausgaben. Einmal froren ihnen die Wasserrohre ein und platzten, und als sie sie in ihrer Unwissenheit auftauten, hatten sie eine furchtbare Überschwemmung im Haus. Es passierte, als die Männer auf Arbeit waren, und die arme Teta Elzbieta rannte hinaus auf die Straße und schrie um Hilfe, da sie nicht wußte, ob sich die Flut überhaupt stoppen ließe oder ob sie nun ihr Leben lang ruiniert wären. Wie sich am Ende zeigte, war die zweite Vermutung gar nicht so abwegig, denn der Klempner verlangte ihnen fünfundsiebzig Cent pro Stunde ab und noch einmal die gleiche Summe für seinen Gehilfen, der bloß dagestanden und ihm zugeschaut hatte; obendrein berechnete er den Anweg für zwei Mann sowie noch eine Menge Material- und Nebenkosten. Und als sie die Januarrate für das Haus bezahlen gingen, versetzte sie der Makler in Angst und Schrecken mit der Frage, ob sie sich schon um die Versicherung gekümmert hätten. Auf ihre Bitte um nähere Erklärung wies er sie auf eine Klausel in dem Vertrag hin, wonach sie das Haus auf eintausend Dollar weiterzuversichern hatten, sobald die gegenwärtige Police

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