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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Bonne.
    »Niemals!«
    »Was ist niemals?«, brummte Uschma, als sie gefunden hatte, wonach sie suchte. In der Hand hielt sie ein gekrümmtes Horn, anscheinend ein Signalhorn.
    »Wir haben noch niemals vorher eine Trollfrau gesehen«, erklärte Milo. »Wir dachten immer, es gibt nur Krieger.«
    Dies schien eine empfindliche Stelle bei der Trollfrau zu treffen. Empört stützte sie sich auf die Unterarme.
    »Das würde euch wohl so passen«, grollte sie. »Ihr hattet wohl gehofft, dass jeder von uns, den ihr tötet, auf ewig einer weniger ist. Aber so läuft das nicht.«
    »Wir haben noch nie einen Troll getötet«, unterbrach Bonnesie. »Und ich kann versichern, dass noch kein Blaubeers jemals einem Troll etwas getan hat.«
    »Weil ihr nicht wolltet, oder weil ihr nicht konntet?«
    »Weil auch noch nie ein Troll uns etwas angetan hat«, sagte Milo schnell, um seinem Bruder aus der Erklärungsnot zu helfen.
    »Und jetzt hofft ihr, dass es dabei bleiben wird«, grunzte sie. »Wartet, ich will euch was zeigen.«
    Uschma erhob sich, wobei sie fast gegen die Höhlendecke stieß. Tief gebeugt und mit schlackernden Armen, verließ sie die Höhle und ging ein Stück den Tunnel hinunter. Dann bog sie plötzlich in einen der Seitengänge ab.
    »Wetten, dass ich zuerst draußen bin«, stieß Milo hervor, aber sein Bruder war schon aufgesprungen.
    Ohne irgendetwas von ihrem Hab und Gut mitzunehmen, rannten sie los. In Windeseile stürmten sie aus der Höhle hinaus und den Gang entlang. Unter ihren Füßen spürten sie den lehmigen Boden, aus dem Wurzelenden hervorragten ebenso wie festgetretene spitze Steine und Knochensplitter. Sie tauchten ins Dunkel, und alles, was sie sahen, war der kleine helle Fleck am Ende des Tunnels. Ihre Beine waren immer noch steif, die Kälte der Nacht steckte in ihren Knochen, doch die Angst ließ sie schneller rennen als jemals zuvor.
    Uschmas Fluch hallte durch das Trollversteck wie der Schrei eines Sterbenden. Holz splitterte, ein Gefäß zerplatzte auf dem Boden, dann ertönte ein markerschütterndes Brüllen.
    Der Ausgang war nicht mehr weit. Milo konnte bereits die kühle, saubere Morgenluft schnuppern. Bonne war direkt hinter ihm. Da er sonst meist schneller war als Milo, leisteten ihm seine Beine wohl doch nicht den gewünschten Dienst. Aber um aus der Höhle herauszukommen, würde es sicherlich reichen. Mit etwas Glück konnten sie in den hohen Farnen und dem Gestrüpp abtauchen. Wenn der Wind richtig stand, hätten sie eine Chance.
    Die kalte Luft brannte in Milos Lungen. Sein Kopf dröhnte. Für einen kurzen Augenblick legte sich ein Schatten über das rettende Licht am Ende des Tunnels. Doch dann kam es zurück, heller als zuvor.
    Der Ausgang war nur noch wenige Schritt entfernt, und immer noch hörte Milo das Gebrüll der Trollfrau weit hinter sich. Er schöpfte Hoffnung. Als er nach der ersten Wurzel der umgestürzten Eiche am Eingang griff und ihm lose Erde ins Gesicht rieselte, war er der festen Überzeugung, das Richtige getan zu haben. Er schwang sein Bein den Erdwall hinauf und hievte den Rest des Körpers hinterher. Auf allen vieren kletterte er aus der Kuhle, die der Wurzelballen hinterlassen hatte. Oben angekommen, blickte er über die Schulter, um nach Bonne zu sehen. Sein Bruder war ihm dicht auf den Fersen. Außer Atem, aber mit einem Lächeln auf dem Gesicht, hatte auch er es geschafft, aber eben nur als Zweiter.
    Milo wandte sich von ihm ab, um zu sehen, wo sie am besten im Dickicht untertauchen konnten, da schoss plötzlich eine Feuerkugel auf seinen Kopf zu. Er bog sich gerade noch rechtzeitig nach hinten, um ihr zu entgehen. Augenblicklich zog ihm der Geruch von versengten Haaren in die Nase. Schemenhaft erkannte er drei kleine Gestalten, als ihn etwas Hartes in den Bauch traf. Der Schlag presste ihm die Luft aus den Lungen, unwillkürlich verkrümmte er sich. Das Letzte, an das er sich erinnerte, war die brennende Kugel, die erneut auf ihn zuraste, und das Brüllen seines Bruders.
    Milo wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er die Augen wieder aufschlug. Sein Schädel dröhnte, und die Haut an seinem Hals bis hinauf zur Wange war taub. Als er den Mund öffnete, um mit der Zunge seine spröden Lippen zu befeuchten, stieg Übelkeit in ihm auf. Bittere Krümel rieselten ihm in den Rachen, und er musste husten. Milo versuchte, diesen Geschmack irgendwie aus dem Mund zu bekommen, doch es wurde nur schlimmer. Gequält warf er sich hin und her. Er wollte nach seinem

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