Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
nach weiteren Strohhalmen tastete.
»Wo ist Jack?«, fragte Clementine. »Er wird doch hoffentlich mit uns frühstücken, oder?«
»Nein, er ist schon fort«, antwortete Abbey.
»So früh?« Sybil zog die Stirn in Falten. »Macht er wieder Jagd auf Aborigines?«
»Er will diejenigen finden, die Tom und Max mit ihren Speeren verletzt haben.«
Sybil riss die Augen auf. »Max wurde von einem Speer getroffen? Das wusste ich nicht.« Sie schaute beklommen aus dem Fenster. »Man kann sich ja gar nicht mehr aus dem Haus wagen!«
Auch Clementine blickte zutiefst beunruhigt drein.
»Jack wird die Angelegenheit schon regeln, Mrs. Hawker, keine Angst«, sagte Abbey. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, wie sehr auch sie sich um ihn sorgte. Es wäre niemandem gedient, wenn Sybil vor lauter Sorge einen hysterischen Anfall bekäme.
Den Teller Fleisch in der Hand ging Abbey zur Hintertür. Als sie die Hand nach der Klinke ausstreckte, klopfte es, und sie fuhr zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten erschrocken zusammen.
Als sie öffnete, standen Ben Dobson und Oliver Hubert vor ihr.
»Guten Morgen. Wenn Sie Mr. Hawker suchen, der ist nicht da.«
»Morgen, Miss Scottsdale. Nein, wir würden gern mit Mrs. Hawker sprechen«, sagte Ben.
»Guten Morgen, Ben, Oliver«, grüßte Sybil und kam an die Tür. »Was gibt’s denn?«
»Wir wollten Ihnen nur sagen, dass Jack uns gewarnt hat. Wir wissen Bescheid wegen der Geschichte mit den Aborigines und werden die Augen offen halten. Tun Sie, was immer Sie sonst auch tun, Sie können unbesorgt sein, wir haben unsere Waffen griffbereit. Jack meinte nur, Sie sollten sich nicht allzu weit vom Haus entfernen.«
»Nach allem, was passiert ist, habe ich nicht die Absicht, auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen«, erwiderte Sybil. »Ich hoffe, Jack ist nicht so unvernünftig gewesen, allein loszureiten. Er sollte lieber den Constable verständigen, als sich selbst auf die Suche nach diesem Gesindel zu machen.« Sie sorgte sich nicht nur um Jack, sondern auch um Tom und William und die arme Martha.
»Elias und Pater John begleiten ihn, und bewaffnet sind sie auch«, beruhigte Oliver sie. Dass der Pater sich weigerte, eine Waffe zu tragen, verschwieg er ihr wohlweislich. »Ich werde den ganzen Tag hier sein und zwischen dem Farmhaus und den anderen Gebäuden meine Runden drehen. Sie können also unbesorgt sein.«
Sybil machte ein zweifelndes Gesicht. »In der Stadt würde es so etwas nicht geben«, klagte sie und verließ die Küche.
»Danke, dass Sie uns Bescheid gesagt haben, Mr. Dobson, Mr. Hubert«, sagte Abbey. »Ich werde heute nämlich einige Male zur Scheune müssen, um nach Max zu sehen.«
»Keine Sorge, von der Schmiede aus habe ich die Scheune gut im Blick«, meinte Ben. »Ich werde schon aufpassen, dass Ihnen nichts passiert.«
Abbey bedankte sich noch einmal, und die beiden Männer verabschiedeten sich. Während sie zur Scheune ging, um Max das Fleisch zu bringen, kümmerten sich Sybil und Clementine um Ralph, dessen Verbände gewechselt werden mussten. Obwohl Sybil sich alle Mühe gab, die Wunden sauber zu halten, eiterten sie und rochen faulig.
»Sieht nicht gut aus, hm?«, meinte Ralph nach einem prüfenden Blick auf seine Brandwunden.
»Nein, nicht besonders«, murmelte Sybil. »Wann wollte Dr. Ashbourne denn wieder vorbeikommen?«
Ralph runzelte die Stirn. »Eigentlich heute, hat er gesagt. Aber ob er es tatsächlich schafft, ist eine andere Frage.«
In der Scheune setzte sich Abbey ins Stroh zu Max und hielt ihm einen Brocken Fleisch vor die Nase. Er schnupperte daran und fraß nach langem Zureden ein kleines Stückchen.
»Komm schon, Max, einen Bissen noch«, drängte Abbey sanft. Aber Max legte den Kopf wieder hin und machte die Augen zu.
Die Tür zur Scheune öffnete sich. Aber nicht Jack, wie Abbey gehofft hatte, sondern Clementine streckte den Kopf herein.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
»Nein, eigentlich nicht.«
»Na schön, dann leiste ich Ihnen wenigstens ein bisschen Gesellschaft.« Sie kam herein und blickte auf Max hinunter. »Dass er so still daliegt, ist man von ihm gar nicht gewohnt, nicht wahr?«
»Stimmt«, seufzte Abbey. »Appetit hat er auch keinen. Er hat bloß ein winziges Bröckchen Fleisch genommen.«
»Wahrscheinlich hat er Schmerzen. Und die Wunde blutet immer noch.« Ihr Blick fiel auf den dunkelroten Fleck auf seinem Verband.
»Ich sollte ihn frisch verbinden. Jack meinte, wenn die Wunde sich entzündet
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