Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
wunderschön hier, und die Hawkers sind reizende Leute.«
Sabu schnaubte verächtlich. »Niemand respektiert meinen Glauben.«
»Ich weiß nicht viel über Ihren Glauben, Sabu. Ist es in Ihrer Religion üblich, dass an Feiertagen gefastet wird?«
»Fasten ist eine Art der inneren Reinigung. Aber das kann jemand wie Sie natürlich nicht verstehen«, fauchte er.
»Da haben Sie Recht. Ich verstehe wirklich nicht, wie Hungern der inneren Reinigung dienen soll.«
»Ich esse tagsüber Früchte und nehme am Abend eine kleine Mahlzeit zu mir, ich hungere nicht. Fasten ist gesund. Es ist eine Form der Selbstdisziplin, die mich dem höchsten Wesen näherbringt.«
»Oh.« Abbey konnte ihm nicht ganz folgen. »Wissen Sie, Sabu, ich respektiere Ihre Ansichten durchaus, auch wenn Sie das vielleicht nicht glauben. Was ich nicht verstehe, ist, warum Sie sich an den Tagen, an denen Sie die Nähe des höchsten Wesens suchen, weigern zu kochen.«
Sabus Augen wurden ganz schmal. Offenbar dachte er, sie wolle ihn auf den Arm nehmen und sich über seinen Glauben lustig machen.
»Nein, ganz im Ernst«, sagte Abbey. »Ich verstehe das nicht, erklären Sie’s mir.«
»Sie können es nicht verstehen, weil es Ihnen an Respekt fehlt für das, was ich tue, weil Sie zu jung und zu irisch sind.«
Abbey zuckte unwillkürlich zusammen. Was in aller Welt hatte ihre irische Abstammung damit zu tun? »Könnte es nicht vielmehr daran liegen, dass es eine Qual ist, köstliche Mahlzeiten zubereiten zu müssen, wenn man selbst nichts davon essen darf? Irisch oder nicht, ich hätte ein großes Problem damit.«
Sabus Miene verriet ihr, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Hastig wandte er abermals das Gesicht ab.
»Mrs. Hawker und ihr Sohn können nicht verstehen, wie schwer das ist, hab ich Recht? Aber ich kann es verstehen, Sabu. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Lassen Sie mich an Ihren Fastentagen kochen. Ich koche gern, mir macht es wirklich nichts aus. Mr. Hawker hat zwar gesagt, er würde Sie für die Tage, an denen Sie nicht kochen, nicht bezahlen, aber Sie brauchen das Geld ja nicht, oder? Sie haben keine Familie, und Sie tragen das Geld auch nicht in die Stadt.«
»Ich habe keine Familie in Australien, aber ich habe eine sehr große Familie in Indien«, gestand der Koch.
»Was?« Das hörte Abbey zum ersten Mal. »Schicken Sie Geld nach Hause?«
»Fast alles, was ich verdiene«, antwortete er bescheiden. »Zu Hause sind sie auf meinen Lohn angewiesen.«
Abbey sah Sabu plötzlich in einem ganz anderen Licht. Sie hatte ihn immer für selbstsüchtig gehalten, doch jetzt hatte sie Achtung vor ihm. »Wissen die Hawkers davon?«
Sabu schwieg. Doch sein stolzer Gesichtsausdruck sprach Bände.
»Ich verstehe«, sagte Abbey langsam. »Ich habe früher in einer Erdwohnung in Burra gehaust, Sabu, aber das erzähle ich auch niemandem. Manchmal ist Stolz aber am falschen Platz. Die Hawkers würden sicher Verständnis zeigen, wenn sie die Wahrheit wüssten.«
»Ich bin schon so lange bei ihnen, sie sollten mir auch so vertrauen und mich respektieren«, gab der Koch erregt zurück.
»Das tun sie auch, Sabu. Sie halten große Stücke auf Sie. Sonst hätten sie Ihre Wutanfälle und Extratouren wohl kaum so lange hingenommen.«
Sabu funkelte sie finster an, aber Abbey schmunzelte. Der Koch schaute rasch weg, weil er fürchtete, er werde ihr Lächeln erwidern, und diese Blöße wollte er sich auf keinen Fall geben.
»Wenn Sie von hier weggehen, können Sie das Geld, das ich Ihnen beim Lügner-Poker abgeknöpft habe, nicht mehr zurückgewinnen«, fuhr Abbey fort. »Nicht, dass Sie die geringste Chance gegen mich hätten! Ich bin einfach zu gut für Sie«, stichelte sie.
»Ich könnte Sie jederzeit schlagen«, fuhr Sabu auf. »Mit Leichtigkeit!«
»Tja, das werden wir wohl nie erfahren, wenn Sie weggehen, nicht wahr?«
»Wenn Mr. Hawker mich feuert, wird mir gar nichts anderes übrig bleiben«, erwiderte Sabu trocken.
Abbey hörte das leise Bedauern in seiner Stimme. »Sagen Sie ihm die Wahrheit«, beschwor sie ihn. »Dann wird er Sie auch nicht feuern.«
»Ich kann nicht«, antwortete der Koch störrisch und schob trotzig das Kinn vor.
Abbey stieß einen gereizten Seufzer aus. »Na schön, wie Sie meinen. Ich hab’s jedenfalls versucht.« Sie ging zur Tür. »Na ja, wenn Sie nicht mehr da sind, kann ich mir die Küche wenigstens so einrichten, wie es mir gefällt«, sagte sie betont beiläufig. »Dann fliegen auch alle diese
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