Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
einspringen, wo Not am Mann ist.«
Der Pater nickte. »Außerdem besuche ich Familien in der ganzen Gegend, wenn sie meinen Beistand brauchen.«
Inzwischen hatten sie die Kirche erreicht. Pater Quinlan hielt Abbey die Tür auf, und sie ging hinein. Es war angenehm kühl im Innern des Gotteshauses, das aussah wie jede andere Kirche, mit Reihen von Bänken, die Kissen zum bequemen Knien auf dem Fußteil hatten. Es gab auch wunderschöne Buntglasfenster, ein riesengroßes über dem Altar und ein kleineres im hinteren Teil der Kirche.
Pater Quinlan lächelte, als er Abbeys verzückte Miene sah. »Die Fenster wurden von Handwerkern aus Penwortham gefertigt, einem Vater und seinem Sohn. Wunderschön, nicht wahr?«
Abbey, in ehrfürchtiges Staunen versunken, nickte stumm. Das Sonnenlicht brach sich in den lebhaften Blau- und Rottönen der Scheiben und malte Regenbogen auf die Kirchenbänke.
Abbey spürte, dass Pater Quinlan sie prüfend ansah. Sie drehte ihm den Kopf zu. »Was ist, Pater?«
»Wie kommt es, dass so eine bildhübsche Person wie Sie noch nicht verheiratet ist?« Hätte sie einen Ehemann gehabt, wäre sie wohl kaum Sybil Hawkers Gesellschafterin geworden.
Abbey brach unvermittelt in Tränen aus. Nach den Ereignissen der vergangenen Tage war sie überempfindlich.
»Aber, aber, Kindchen!« Pater Quinlan fasste sie am Arm und führte sie zu einer Bank. »Kommen Sie, setzen Sie sich.«
»Entschuldigen Sie«, murmelte Abbey. Dankbar nahm sie das angebotene Taschentuch und wischte sich die Tränen ab.
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Was bedrückt Sie denn, mein Kind? Ich kann Ihnen vielleicht nicht helfen, aber es wird Ihnen guttun, wenn Sie sich alles von der Seele reden.«
Pater Quinlans offenkundige Anteilnahme und die erhabene Atmosphäre in der Kirche lösten Abbeys Zunge. Sie erzählte ihm ihre ganze Lebensgeschichte, einschließlich der furchtbaren Umstände, unter denen sie mit Ebenezer Mason getraut wurde, und der Begegnung mit den Hawkers in Clare, als sie vor dem Büro für Arbeitsvermittlung ohnmächtig zusammengebrochen war. Sie vertraute sich Pater John rückhaltlos an, und er hörte ihr aufmerksam und schweigend zu.
Als sie geendet hatte, war ihr, als wäre eine große Last von ihr genommen worden. Sie schnäuzte sich ein letztes Mal und sagte: »Danke, dass Sie mir zugehört haben, Pater.« Ein schwaches Lächeln spielte um ihre Lippen. »Da kennen wir uns kaum ein paar Minuten, und schon erzähle ich Ihnen meine ganze Lebensgeschichte. Sie müssen einen schönen Eindruck von mir haben.«
»Zu meiner Arbeit als Mann Gottes gehört auch, dass ich den Mitgliedern meiner Gemeinde mit Rat und Tat zur Seite stehe«, entgegnete Pater John. »Wenn Sie eine schwere Bürde zu tragen haben, finden Sie Trost in Gottes Liebe und in mir einen guten Zuhörer. Vergessen Sie das nie.«
»Danke, Pater. Ich vermisse meinen Vater so sehr«, fügte Abbey leise hinzu. »Ich fühle mich so einsam.«
»Sie sind nicht allein, mein Kind, denken Sie immer daran, Gott ist zu jeder Zeit bei Ihnen, er weist Ihnen den Weg und beschützt Sie. Er hat Sie auch nach Clare geführt, wo Sie den Hawkers begegnet sind.«
»Meinen Sie wirklich?«, fragte Abbey, die eher an Zufall glaubte.
»Aber natürlich. Jetzt sind Sie an dem Platz, den Gott für Sie ausgesucht hat.« Er schlug sich auf die Schenkel und beugte sich näher zu Abbey. »Wie wär’s mit einer kleinen Nervenstärkung?« Ohne auf Antwort zu warten, stand er auf, ging nach vorn zum Altar und bückte sich hinter das Lesepult. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er eine Flasche Wein in der Hand.
Abbey traute ihren Augen nicht. Sie staunte noch mehr, als der Pater einen kleinen Kelch vom Altar nahm und den Wein darin einschenkte.
»Nein, danke, für mich nicht«, wehrte sie ab. Wein aus einem Messkelch zu trinken war ihrer Meinung nach ein Sakrileg.
»Unsinn! Nach allem, was Sie durchgemacht haben, wird Ihnen ein kleiner Schluck guttun, glauben Sie mir!«
Abbey zögerte, nahm dann aber den Kelch entgegen und trank einen Schluck.
»Na, geht’s wieder?«, fragte der Pater.
Abbey kam aus dem Staunen nicht heraus, als der Pater die Flasche nahm und direkt daraus trank.
»Ja, danke«, antwortete sie.
Pater John wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Wird Mrs. Hawker Sie nicht vermissen?«
»Ich glaube nicht. Clementine Feeble ist bei ihr. Eigentlich wollte ich einen kleinen Spaziergang machen.« Sie stand auf. »Ich werde dann mal
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