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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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hinaustrabten. »Es riecht aber ganz schön scharf hier drinnen«, meinte sie und hielt sich angewidert die Nase zu.
    Pater John grinste. »Ja, der Urin von Schafen hat einen beißenden Geruch. Aber daran gewöhnt man sich.«
    Abbey hatte da ihre Zweifel.
    Als sie auf der anderen Seite der Schuppen ins Freie traten, standen sie an einem Paddock mit Mutterschafen, von denen viele kleine Lämmchen hatten.
    »Oh, wie süß!«, rief Abbey entzückt aus. »Die sind ja niedlich!« Einige Lämmer waren Tage, andere nur wenige Stunden alt. Sie waren schneeweiß, tollten übermütig herum, staksten unbeholfen durch den Staub oder schmiegten sich eng an ihre Mütter. Jack oder Elias Morton waren nirgends zu sehen, aber auf der anderen Seite des Paddocks hielten sich zwei Reiter auf, Aborigines, wie Abbey erkennen konnte.
    »Es ist das erste Mal, dass Jack die Schafe erst Anfang Juli hat decken lassen«, sagte Pater John. »Normalerweise stellt er die weiblichen Tiere viel früher zu den Böcken. Es ist so eine Art Experiment.«
    »Inwiefern?«, fragte Abbey.
    »Die Muttertiere lammen für gewöhnlich im Frühjahr. Das heißt, sie bringen ihre Jungen zur Welt«, erklärte er, als er Abbeys fragenden Blick bemerkte. »Aber im Frühjahr können die Nächte im Clare Valley noch bitterkalt sein. Jack sind schon ein paar Lämmer erfroren, und er hasst es, auch nur ein einziges Tier zu verlieren. Es gibt dann zwar nach dem Regen im Winter genug Futter, aber da Bungaree über ausreichende Grundwasserreserven verfügt, braucht sich Jack in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen. Außerdem ist es auch für die Hirten angenehmer, wenn sie nachts draußen bei der Herde sein müssen und es nicht mehr so kalt ist. Und tagsüber, wenn es richtig heiß ist, finden die Mutterschafe und ihre Lämmer genug schattige Plätze. Ich glaube, das Experiment wird sich bezahlt machen.« John winkte den Aborigines zu, und diese erwiderten seinen Gruß.
    »Gehören die beiden zur Farm?«, fragte Abbey.
    »Ja, sie bewachen die Herde und schützen sie vor tierischen und menschlichen Räubern. Die Eingeborenen mögen Schaffleisch, sie machen mit ihren Speeren Jagd auf die Tiere, und die Lämmer sind für sie eine leichte Beute. Genau wie für die Dingos.«
    Die beiden Reiter lenkten ihre Pferde langsam durch die Herde auf Abbey und den Pater zu.
    Abbey beobachtete sie. »Wie lange sind Schafe eigentlich schwanger?«, fragte sie neugierig.
    »Trächtig nennt man es bei Schafen. Die Tragzeit dauert etwa fünf Monate, zwischen hundertfünfundvierzig und hundertfünfzig Tagen, kann aber von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel dem Nahrungsangebot beeinflusst werden. Ist zu wenig Futter vorhanden, kommen die Lämmer früher zur Welt. Viele überleben dann nicht. Um die Belastung für die Tiere so gering wie möglich zu halten, hat Jack eigens kühle Tage für die Deckzeit ausgesucht.«
    Abbey staunte. Sie hätte nicht gedacht, dass so viele Dinge beachtet werden mussten. Ihre Tante und ihr Onkel in Irland hatten nur ein paar Schweine und eine Kuh gehalten, aber keine Schafe, deshalb wusste sie so gut wie nichts über diese Tiere.
    Inzwischen war einer der beiden Hirten herangeritten. »Tag, Pater John!«, grüßte er. Er musterte Abbey unter der Krempe seines abgewetzten, speckigen Huts hervor.
    Abbey fiel das Gewehr auf, das in einem Schaft am Sattel steckte. Der zweite Viehhirte ritt an der Einfriedung entlang auf sie zu. Auch er trug ein Gewehr. Er war etwas älter als der erste, man konnte ein paar graue Haare unter seinem zerbeulten Hut hervorgucken sehen.
    »Tag, Ernie.« John Quinlan wandte sich Abbey zu. »Abbey, das sind Ernie Carpney und Wilbur Mandawauy. Jungs, das ist Abbey Scottsdale. Sie ist Mrs. Hawkers Gesellschafterin.«
    »Wozu braucht die Missus denn eine Gesellschafterin?«, fragte Ernie ernsthaft.
    John lachte, und auch Abbey musste lächeln.
    »Sie kommt aus der Stadt, wie ihr wisst, deshalb ist ihr das ruhige Leben hier draußen ein bisschen zu eintönig«, erklärte John. Er konnte Ernie ansehen, dass er weder mit dieser Erklärung noch mit dem Begriff »Gesellschafterin« etwas anzufangen wusste. Der Aborigine verscheuchte die Fliegen von seinem Gesicht und blickte völlig verdutzt drein.
    John wandte sich an Wilbur. »Wo ist denn Jack?«
    »Er reitet mit Elias den Grenzzaun ab«, erwiderte der Aborigine mit einer vagen Handbewegung. Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, als sich über einer niedrigen Anhöhe eine Staubwolke

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