Der Duft der Rose
opulenter Orgien zu zelebrieren. Daher kenne ich alle Spielarten der körperlichen Liebe, auch wenn ich nicht alles davon selbst ausprobiert habe. Es wird schwer sein, mich aus der Fassung zu bringen, Nicholas, aber Ihr könnt es gerne versuchen.« Sie beugte sich vor und streifte seinen Mund mit ihren Lippen, dann trat sie einen Schritt zurück. »Ich erwarte Euch morgen in meinem Arbeitszimmer, um die Pläne für die Seifenmanufaktur zu besprechen. Pünktlich um zehn Uhr.«
10
Henri beobachtete das fröhliche Treiben im Ballsaal von Belletoile. Das leise Unbehagen, das sich seit dem Diner in ihm ausbreitete, versuchte er mit reichlich Cognac zu vertreiben. Bisher allerdings erfolglos.
Farid bot als Zeremonienmeister eine souveräne Leistung. Er war vom Hals bis zu den Zehen in hautenges schwarzes Leder gehüllt. Sein Gesicht dagegen blieb unbedeckt, und sein Haar fiel ihm offen auf die Schultern. Er zog die Blicke auf sich, und Männer wie Frauen hingen an seinen Lippen. Gerade spielte man eine Charade mit schlüpfrigen Begriffen, und es war nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Gäste übereinander herfallen würden.
»Hast du schon mit ihr gesprochen?« Vincent war zu Henri getreten und reichte ihm ein Glas Cognac.
»Nein.« Henri stellte sein leeres Glas beiseite und nahm einen kräftigen Schluck aus dem gefüllten.
»Du solltest es hinter dich bringen, solange sie noch Kleider trägt«, meinte Vincent trocken. »Soll ich sie in ein Nebenzimmer lotsen?«
Henri fixierte die junge, blondgelockte Frau, die sich gerade lachend am Erraten des dargestellten Begriffs versuchte. Sie war die Witwe des Comte de Melliers, den er nicht besonders gut gekannt hatte. Ebenso wenig wie Arianne, die jetzt eine Kandidatin für den Titel der Duchesse de Mariasse war. Auf den ersten Blick hatte er an ihr nichts auszusetzen. Sie war leidlich hübsch, mit einem runden Gesicht und leicht vorstehenden blassblauen Augen.
»Ja, bring sie in den türkischen Salon.« Arianne de Melliers war so gut wie jede andere. Er lehrte das Glas in einem Zug. »Ich komme nach.«
Von seinem Platz aus beobachtete Henri, wie Vincent die junge Frau in ein Gespräch verwickelte und schließlich mit ihr den Raum verließ. Er wartete einige Augenblicke, ehe er den beiden folgte. Obwohl er sich sicher bewegte, schien sein Verstand wie in eine flauschige Wolke gebettet, die ihn in eine gelöste Stimmung versetzte. Alles war halb so schlimm. Er würde heiraten, einen Erben zeugen und ansonsten ein glückliches Leben führen.
Als er eintrat stand die Comtesse vor einem Wandteppich, der eine orientalische Schlachtszene nachstellte. Ein rosenholzfarbenes Kleid mit aufwendigem Spitzenbesatz betonte ihre üppige Figur und die goldblonden Haare. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn freundlich an. »Euer Gnaden, ich kann Euch gar nicht sagen, wie beeindruckend ich Belletoile finde. Ich war zuletzt vor zwölf Jahren mit meinen Eltern hier und dachte, dass sich die Wirklichkeit in meiner Erinnerung verklärt hätte, aber das Schloss und der Park sind in der Tat überwältigend.«
Die flauschige Wolke, auf der Henri schwebte, lullte ihn bei diesen Worten weiter ein. Ein guter Beginn, der einer Herzogin von Mariasse würdig war. »Es freut mich, dass Ihr Euch hier so wohlfühlt, Madame de Melliers.« Er verbeugte sich und griff nach der Hand der Frau, um sich darüber zu beugen. Sie trug nur einen einzigen, mit glitzernden Brillanten besetzten Ring. Ihre Hand lag kühl und trocken in seiner. Henri kniff leicht die Augen zusammen. Auf ihrem Handrücken befanden sich anstelle der Fingerknöchel kleine Grübchen, wie er mit leisem Schaudern feststellte.
»Ich wollte schon viel früher einmal herkommen, aber mein verstorbener Mann - Gott hab ihn selig - pflegte eine lächerlich prüde Einstellung gegenüber den schönen Dingen des Lebens. Die Gerüchte über die Nächte der Aphrodite waren nicht dazu angetan, ihn zu bewegen, Euch einen Besuch abzustatten.« Sie zuckte mit den Schultern und lächelte wieder. Ihre runden, leicht vorstehenden Augen verliehen ihrem Gesicht den staunenden Ausdruck eines Kindes, das zum ersten Mal eine Sternschnuppe erblickt.
»Wie bedauerlich. Wollen wir uns nicht setzen?« Henri führte sie zu einem mit Pfauen bestickten Lehnsessel und nahm ihr gegenüber Platz. Auf einem niedrigen Tischchen standen eine Karaffe mit Wasser und einige Gläser.
»Raoul war leider kein Mann von Welt, wie Ihr es seid, Euer Gnaden. Er war damit
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