Der Duft der Rose
und verriet ihre Lust so deutlich, dass manch einer der Zuschauer nicht länger an sich halten konnte und seinen Samen auf den Marmorfußboden ergoss.
Henri wandte den Blick ab und entdeckte Vincent, der neben der hohen Flügeltür stand. Langsam ging er zu ihm hinüber.
»Hast du der Comtesse deinen Plan offenbart? Seid ihr euch einig geworden?«, fragte Vincent und musterte ihn erwartungsvoll.
Henri schüttelte den Kopf. »Nein. Ich konnte nicht. Beim Gedanken, sie länger als zehn Minuten am Stück ertragen zu müssen, wurde mir speiübel. Abgesehen davon dürfte sie von ihrem verblichenen Gatten in finanzieller Hinsicht recht gut versorgt worden sein.«
»Die Nächste auf meiner Liste wäre ...«
Henri unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Nicht jetzt. Nicht heute. Ich bin nicht in der Lage, diese Situation ein zweites Mal durchzustehen.« Er fühlte sich wie gerädert. Als wäre er gerade noch einmal davongekommen. Im Spiegel sah er, wie sich die Männer in einer Reihe vor Farid aufstellten und die Frau auf seinem Schoß nacheinander in Besitz nahmen. Offensichtlich gab es eine bestimmte Anweisung, denn jeder stieß nur drei Mal zu, ehe er den Platz für den Nächsten räumte. Farid hatte die Lage völlig unter Kontrolle. Eine Tatsache, die Henri in diesem Augenblick ausgesprochen gelegen kam.
»Ich ziehe mich zurück. Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte er müde. Das alles widerte ihn an, und er fühlte sich plötzlich wie ein Greis inmitten herumtollender Halbwüchsiger. »Vielleicht finde ich morgen eine Lösung für mein Problem.«
»Ich begleite dich.« Vincent hielt ihm die Tür auf.
Schweigend gingen sie nebeneinander über den langen Flur, auf dem noch immer Dienstboten hin- und hereilten. Vor Henris Gemächern angekommen, blieben sie stehen. »Ich bin nicht in Stimmung«, stellte Henri klar, und Vincent erwiderte seinen Blick offen.
»Ich will nur bei dir bleiben, bis du schläfst, nichts weiter«, erwiderte er ruhig.
Resigniert ließ Henri ihn eintreten. Auf die Beharrlichkeit, die Vincent gelegentlich an den Tag legte, war Kapitulation die einfachste Antwort.
Aus dem angrenzenden Ankleidezimmer kam Leon und schickte sich an, Henri aus der Jacke zu helfen, aber Vincent entließ ihn mit den Worten: »Danke, wir kommen allein zurecht.«
Leon verbeugte sich steif und ging zur Tür, als Vincent die Brokatjacke ausschüttelte und sorgfältig zusammenfaltete. Dann kniete er sich nieder, um die Schnallen an Henris Schuhen zu öffnen und sie ihm auszuziehen. Während Henri sein Hemd aufknöpfte, goss er Wasser in die Waschschüssel und legte Handtücher bereit.
Henri nahm die Perücke ab und warf sie achtlos auf den Toilettentisch. Er wusch sich die Schminke aus dem Gesicht und betrachtete sich danach eine Weile im Spiegel. Er sah genauso aus, wie er sich fühlte. Alt und ausgebrannt. Wo waren die Stunden und Jahre voller Übermut, voller Leichtsinn und voller Unbeschwertheit geblieben? Vor fünf Jahren hätte er jeden, der ihm gesagt hätte, dass er eine Heirat plane, aus dem Haus geworfen. Damals hatte er in den Tag hineingelebt und sich keine Gedanken um das Morgen gemacht oder darum, wer einmal Belletoile erben sollte. Wie einfach war das Leben doch gewesen.
Er streifte die Hose ab und griff nach dem Nachthemd, das auf dem Bett lag. Vincent hatte sich ausgezogen und ließ seine Kleider achtlos auf einem Haufen liegen, ehe er unter die Decke kroch und sich die Kissen zurechtklopfte.
Henri löschte alle Kerzen, bis auf die eine, die auf seinem Nachttischchen stand, und streckte sich neben Vincent aus. Eine Weile blieben sie stumm nebeneinander liegen, dann rutschte Vincent näher und schmiegte sich an Henris Körper.
»Ich habe eine Idee«, sagte er leise. »Eine Idee, die dir vielleicht das Schlimmste an der Sache erspart.«
Henri brauchte nicht zu fragen, welche Sache Vincent meinte. Er wusste, dass sich sein Geliebter ebenso sehr Gedanken über den Erben von Belletoile machte wie er selbst. Er legte den Arm um ihn und streichelte seine Schulter. »Ich lausche erwartungsvoll«, antwortete er mit einem Lächeln und merkte, dass seine Erschöpfung einem Gefühl tiefer Zufriedenheit Platz machte. Einmal mehr erkannte er, wie wunderbar sein Leben im Grunde doch war.
Vincent befeuchtete seine Unterlippe, seine Finger verkrampften sich in Henris Nachthemd, und auf seinen Wangen waren rote Flecken. »Wenn du eine Frau gefunden hast, die bereit ist, dein Kind zu bekommen, dann könnte ich
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