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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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an ihn.
    Während Ella nickte, hallte erneut Donner um sie herum. »Sei vorsichtig«, rief sie. Obwohl er ebenfalls nickte, bezweifelte sie, dass er sie gehört hatte. Wahrscheinlich hatte er ihrer Miene entnommen, was sie meinte.
    Als Adam die Zeltklappe öffnete, wehte der Wind einen Schwall Regenwasser herein. Ella sprang auf und schloss sie hinter ihm. Die Welt draußen hatte sich in ein tosendes Inferno verwandelt. Der Regen fiel wie ein dichter Vorhang. Etwas prallte gegen die Zeltwand und blieb liegen, sodass eine kleine Einbuchtung entstand. Stimmen schrien vergeblich gegen den Sturm an, und ein Pferd wieherte verängstigt.
    Ellen und Kitty klammerten sich aneinander, während Wolf heulend den Kopf in den Nacken legte. Die Hölle war losgebrochen. Plötzlich ertönte hinter dem Zelt ein schreckliches Splittern und Krachen, das alles andere übertönte. Ein großer Gegenstand wurde in die Luft geschleudert und landete wieder auf dem Boden. Die gesamte Schlucht schien unter ihren Füßen zu beben. Kitty stieß erneut einen Schrei aus, und Ella sprang auf, bereit, um ihr Leben zu laufen.
    »Lasst mich rein!«
    Adam schlug mit der Faust gegen die Zeltklappe. Ella stolperte über Wolf, als sie die Halterung löste und die Zeltklappe aufriss.
    Adam stand vor ihr. Das Wasser tropfte ihm von Nase und Kinn, und das Haar klebte ihm am Kopf. Er rief etwas, das wie »Gefahr« klang, aber der Wind verwehte seine Worte, bevor sie ihn verstehen konnte.
    »Ist mit Bess alles in Ordnung?«, stieß sie hervor.
    »Ich komme nicht in ihre Nähe«, schrie er. »Zu riskant, wenn sie so verängstigt ist!«
    Mit klatschnassen Kleidern trat er ins Zelt. Hinter ihm konnte Ella sehen, dass das Regenwasser wie kleine Bäche den Hügel hinab in Richtung Straße lief. Adam war nicht allein. Verdattert starrte Ella den Jungen mit dem bleichen erschöpften Gesicht und dem nassen dunklen Haar an. Erst als sie seine leuchtend grünen Augen sah, erkannte sie David Marr.
    »Er war draußen«, erklärte Adam.
    Auch Kitty hatte David erkannt und stürzte auf ihn zu. »Du bist ja ganz nass«, fuhr sie fort, als ob das ein Wunder gewesen wäre. »Zieh deine Jacke aus. Und du auch, Adam.«
    Vergeblich versuchten sie, die Kleider zum Trocknen auszubreiten. Dann kauerten sie auf engstem Raum beisammen wie unter Tage verschüttete Bergleute, die auf die Rettung warteten.
    Ella beugte sich zu Adam hinüber, damit er sie verstand. »Was war das draußen für ein Krachen?«, fragte sie.
    Als er sich an sie lehnte, spürte sie seine kalte nasse Haut durch ihr Kleid. »Der Baum. Einer der Äste ist abgebrochen und hat den Karren in tausend Stücke zerschmettert.« Ihren entsetzten Blick erwiderte er mit einem spöttischen Grinsen. »Besser der Karren als das Zelt, Cinderella.«
    Ella zuckte zusammen. Ein Ast! Wenn er das Zelt getroffen hätte, wären Kitty und sie nun vermutlich nicht mehr am Leben gewesen. Sie widerstand der Versuchung, sich wie ein verängstigtes Tier an Adams Brust zu schmiegen. Inzwischen hatte das Zelt eine undichte Stelle, sodass stetig Wasser auf Wolfs Kopf tropfte. Der Hund sah Ella schicksalsergeben an.
    »Hast du deinen Bruder gefunden?« Kittys Frage konnte Wind und Regen nur bruchstückhaft durchdringen.
    David Marr schüttelte den Kopf. Er wirkte so durcheinander, als sei er unvermittelt in einen Albtraum geraten.
    »Und was ist mit deinem Vater?«, erkundigte sich Adam. »Wo ist er?«
    Schweigend starrte der Junge auf seine Hände, die schlaff zwischen seinen Knien hingen. Sein Mund begann zu zittern, und er biss sich auf die Lippe. »Mein Vater ist vor zwei Nächten gestorben. Er wurde heute Morgen beerdigt.«
    Entsetztes Schweigen entstand. Kitty war die Erste, die es brach. »Oh mein Gott«, stieß sie erschrocken hervor. »Das tut mir leid. Hier, trink etwas. Du bist ja völlig erschöpft.«
    David sah zu, wie sie einen ordentlichen Schluck von Adams Brandy in einen Becher goss, und trank ihn widerspruchslos, als sie ihn ihm reichte. Er schnappte nach Luft und musste husten, doch nach ein paar Minuten nahm sein bleiches Gesicht wieder eine gesündere Färbung an. Wie auf ein Stichwort ließ das Unwetter nach, sodass David seine Geschichte erzählen konnte.
    Mr Marr, den Ella bereits auf dem Weg den Big Hill hinauf für schwer krank gehalten hatte, war nach der Ankunft in Bendigo zusammengebrochen. Also hatte David sich allein auf die Suche nach seinem Bruder gemacht und war irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass er nicht

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