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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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dieser freundlich. »Aber als ich sagte, dass ich keine Frau habe, habe ich damit nicht gemeint …«
    Kitty wich zurück, und ihr Tonfall wurde scharf. »Wie du meinst, kein Problem. Vielleicht ein andermal«, fügte sie ein wenig wehmütig hinzu.
    »Vielleicht«, sagte Adam.

7
    Ella wachte in einem Bett auf.
    Draußen erklangen Stimmen und das Hufgetrappel eines Pferdes. Fahles Sonnenlicht fiel durch die schlichten Vorhänge auf die alte Steppdecke, deren Ränder mit Rosen bestickt waren. Da die Ritzen zwischen den groben Brettern der weiß gestrichenen Wände mit Lehm und Tonerde abgedichtet waren, herrschte im Zimmer kaum Zugluft.
    Außer dem Bett gab es nur ein Möbelstück im Raum, eine gedrungene, schlecht gezimmerte Kiste, in deren Deckel man ein Loch für das Waschbecken gesägt hatte. Eine seitlich befestigte Stange diente zum Aufhängen der Kleider. Alles war sehr einfach und spartanisch, aber sauber.
    Für Ella war es das Paradies.
    Am Vorabend hatte sie sich in einer Sitzbadewanne mit gerader Rückenlehne gewaschen. Warmes Wasser hatte ihre angezogenen Knie umspült, während sie sich Haare und Körper mit einer nach Rosenblättern duftenden Seife einschäumte. Man hatte ihr ein weißes Nachthemd gegeben, das sie umwehte wie eine Wolke. Und um den Luxus vollkommen zu machen, hatte sie beim Hinlegen unter der Bettdecke einen angewärmten Ziegelstein vorgefunden. Mit einem Lächeln auf den Lippen war sie eingeschlafen.
    Nach einer erholsamen Nacht fühlte sie sich nun erfrischt.
    Ella strich mit der Hand über den fadenscheinigen Stoff der Bettdecke. Trotz ihrer friedlichen Stimmung meldeten sich schon wieder die ersten Zweifel.
    Widerstrebend dachte sie an das, was sie über ihre Vergangenheit wusste. Dann sah sie wieder Nancys feindselige und drohende Miene und Adams lächelndes Gesicht vor sich, und ihre Finger verharrten auf den ausgeblichenen Blumen. Adam hatte behauptet, Nancy Ure nur oberflächlich zu kennen. Doch sobald Nancy ihm um den Hals gefallen war, war ihr klar gewesen, dass das nicht stimmte. Hatte Eben nicht gesagt, die beiden hätten sich einmal sehr nahegestanden? Und hatte er Adam nicht mit seiner Abmachung mit Nancy aufgezogen?
    Allerdings wollte Ella es lieber nicht so genau wissen. Sie schob den Gedanken beiseite und wackelte lächelnd mit den Zehen. Das Bett war wundervoll. Sie fühlte sich warm und geborgen. Wann hatte sie das letzte Mal so empfunden? Inzwischen hatte sie jedenfalls nur selten Gelegenheit dazu. Doch vielleicht war das schon vor ihrem Gedächtnisverlust so gewesen, da dieses Gefühl offenbar Kindern vorbehalten war.
    Plötzlich stand ihr ein Bild vor Augen. Ein anderes Bett mit Vorhängen auf beiden Seiten. Durch hohe Fenster strömten Sonnenstrahlen herein. Atemlos versuchte Ella, den Eindruck festzuhalten, und beugte sich vor, als könne sie auf diese Weise besser sehen …
    Im nächsten Moment klopfte es an der Tür, und die Erinnerung zerplatzte wie eine Seifenblase. Ella stöhnte auf und war kurz versucht, die Decke über den Kopf zu ziehen und sich schlafend zu stellen.
    »Mrs Seaton?«
    Es war Kitty. Offenbar war Flucht unmöglich, und Ella gab sich geschlagen. »Herein«, rief sie.
    Kitty trug dasselbe Kleid wie gestern und hatte die braunen Locken im Nacken zusammengesteckt. Sie trug einen Wasserkrug, aus dem verlockender Dampf aufstieg, ein Handtuch und ein Stück Seife. Außerdem noch einen Kamm und etwas, das wie ein Kleiderbündel aussah. Sie lächelte zwar, musterte Ella jedoch neugierig. »Mrs Ure sagt, Sie sollen aufstehen und zum Frühstück herunterkommen. Ich habe Ihnen etwas aufgehoben.«
    Ella ahnte, dass sie das Kitty zu verdanken hatte, denn Mrs Ure gehörte sicher nicht zu den Leuten, die für Langschläfer das Frühstück warm stellten. Nach dem gestern belauschten Gespräch hatte sie Kitty keine freundliche Geste zugetraut. Nun sah sie sie mit anderen Augen. Wie alt mochte sie sein? Mit ihren schimmernden Locken und der makellosen Haut wirkte sie nicht älter als sechzehn. Doch ihre Augen verrieten sie, denn sie waren zwar groß und blau, blickten aber alles andere als unschuldig drein. Sie betrachteten die Welt schonungslos und schienen geprägt von einer Lebenserfahrung, wie sie nur wenige junge Mädchen in ihrem Alter besaßen.
    Ella kletterte aus dem Bett und wusch sich, wohl wissend, dass sie Seife und warmes Wasser nie wieder für selbstverständlich halten würde. Währenddessen machte Kitty sich am Bett zu schaffen. Als Ella sich

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