Der Duft Der Wüstenrose
üblen Hautausschlag befallen. Jeder, dem sie sich näherte, wich ein Stück zurück, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. Schließlich hatte sie Rosina erreicht.
Walburga gratulierte ihr zur Hochzeit, wünschte ihr viele Kinder und schenkte ihr mit einem sardonischen Lächeln eine Halskette aus den fluchbeladenen Perlen, die sich Rosina voller Freude umlegte. Sie küsste Walburga und lud sie als Tante von Clemens ein, auch zu bleiben, doch die lehnte ab. Das gehöre sich nicht, sagte sie, nachdem sie nicht nur ihre Töchter, sondern auch noch ihren Mann verloren hatte. Rosina dankte ihr nochmals, und Walburga verschwand so unauffällig und leise in der Dunkelheit wie ein Schatten in der Sonne.
Dann war es Josefa also doch nicht gelungen, alle Perlen zu vernichten, dachte Fanny und war neugierig, was nun geschehen würde. Würde Rosina auch Albträume von den Perlen haben?
In diesem Augenblick kam Josefa mit einem Teller Fleisch für ihren Schwiegersohn, der neben Rosina in der Mitte der Tische saß. Als Josefa die Perlen an Rosinas Hals sah, wurde sie kreidebleich, griff sich an den Hals, als würde er ihr zugeschnürt, dann stürzte sie zu Boden.
Rosina sprang auf, kniete sich neben sie und legte ihren Arm um ihre Schultern. »Was ist denn los, Mutter?«, fragte sie.
»Diese Perlen, woher hast du sie?« Josefa konnte kaum sprechen, und Rosina musste sich noch tiefer über sie beugen. »Versprich mir, dass du sie nie, nie, niemals tragen wirst, sie werden deine Kinder töten und alles Unglück der Erde über dich bringen, so wie über Walburga.«
»So ein Unsinn«, mischte sich Clemens ein. »Eure Frau Mutter ist ein wenig erregt durch die Hochzeit. Nehmt die Perlen ab, um sie zu beruhigen, ich werde mich darum kümmern.«
Josefa wollte etwas sagen, aber sie schaffte es nicht mehr. Sie nahm noch einen tiefen, verzweifelten Atemzug, dann schloss sie ihre Augen für immer.
Rosina schüttelte ihre Mutter und schrie sie an, doch bitte bitte wieder aufzuwachen, lauter und immer lauter, bis die Musikanten und schließlich alle Gespräche verstummten und man nur noch das Knacken des Grillfeuers und das zischend ins Feuer tropfende Fett der Spanferkel hören konnte.
Rosina strömten die Tränen über die Wangen. »Clemens, versprich mir, wirf diese Perlen weg, du siehst, was sie uns angetan haben, es war Mutters Letzter Wille.«
Clemens legte den Arm um seine Braut und versprach es hoch und heilig. Aber Fanny wusste, dass er log.
Dieses Mal war sie nicht so überrascht, als sie wieder ein Windstoß erfasste und hoch in die Luft wirbelte. Sie flog weit übers Land, bis sie in einer Stadt am Meer landete.
In Venedig, auf der Insel Murano, in einer Seitengasse nahe dem Canale di San Donato.
Clemens, mittlerweile glatzköpfig und viel dicker als sein Vater, stand vor einem rot glühenden Glashafen und zog mit einem Stab Perlen aus der Schmelze. Schweiß lief ihm von der Stirn und tropfte auf sein schwarzes Wams. Unentwegt leckte er sich die Lippen und murmelte leise Gebete vor sich hin.
Auf dem Tisch lag die Kette, die er Rosina abgenommen hatte, daneben befanden sich in einem flachen, mit schwarzem Samt ausgeschlagenen Holzkasten unzählige andere Perlen, jede auf ihre Art wunderschön, Millefioriperlen, prächtige, siebenschichtige Chevronperlen, Perlen mit unterlegtem Silber und Goldstreifen, kegelförmige, halbrunde, Würfel, Achtecke, Achat- und Granatperlen.
Doch Fanny war klar, dass alle diese Perlen Clemens nicht genügten, ihn verlangte es danach, Perlen mit diesem einzigartigen Schimmer herzustellen.
Fanny stellten sich die Haare auf, wenn sie daran dachte, dass der geheimnisvolle Schimmer allein durch die Leiche von Clemens’ Vater entstanden war. Sie wünschte sich, sie könnte ihn trösten, ihm alles erklären, ihm zurufen, er solle aufgeben und die Perlen einer Kirche spenden, doch aus ihrer Kehle kam kein Laut. Sie durfte all dies nur sehen, aber es war ihr nicht erlaubt, etwas daran zu ändern, so viel hatte sie verstanden.
Plötzlich bewegten sich die Perlen, zuerst leise aneinanderklingelnd, dann lauter. Clemens drehte sich um, betrachtete prüfend das Kästchen und wandte sich dann achselzuckend wieder seiner Schmelze zu.
So konnte er nicht sehen, dass die Perlenkette sich vom Tisch in die Luft bewegte und sich zu drehen begann, schneller und schneller, bis sie einen Sog erzeugte. Dieser weitete sich zu einem gewaltigen Luftstrudel aus, der Fanny verschluckte, mit sich wirbelte und
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