Der Duft Der Wüstenrose
Sohn einer Zulufrau und eines Deutschen. Die Zulu leben in Südafrika und sind viel kriegerischer als die Herero und Nama.«
Fanny versuchte, sich das alles zu merken. »Und wo hast du John kennengelernt? Warst du früher in Südafrika?«
Ludwig schüttelte den Kopf. »Wir waren zusammen in einem deutschen Internat, aber das ist eine andere Geschichte.« Er räusperte sich, als ob er einen dicken Kloß im Hals hätte, rief nach Hendrik und bat ihn, sich zu ihnen ans Feuer zu setzen und etwas zu erzählen.
»Aber auf keinen Fall die unanständige Geschichte vom Menschenfresser und der Frau, die so schön stinkt!« John grinste, aber Hendrik verzog keine Miene und setzte sich zu ihnen. Er betrachtete Fanny lange, als ob er überlegen würde, was ihr gefallen könnte. Alle warteten voller Spannung. Endlich klatschte er in die Hände und begann.
»Es ist eine Geschichte, die die ganz Alten seit ewigen Zeiten erzählen. Man nennt sie ›Die sprechenden Perlen‹ …«
Fannys leerer Magen zog sich schmerzhaft zusammen, und sie griff instinktiv an ihr Armband. Ob Hendrik dieses Märchen wegen ihrer Perlen ausgewählt hatte? Sie erinnerte sich an seinen Blick auf ihre Arme.
»Die sprechenden Perlen«, wiederholte Hendrik, »und der Menschenfresser mit dem Topf voller Menschenblut.«
»Keine Menschenfresser!«, protestierte Ludwig. »Meine Braut ist eine Dame!«
»Ludwig, ich bitte dich, das klingt herrlich verrückt, lass ihn weitererzählen.« Fanny musste diese Geschichte unbedingt hören. Ludwig brummte, nickte Hendrik dann aber zu.
»Es war einmal eine Frau mit zwölf Söhnen. Den Ältesten verheiratete sie mit einer schönen jungen Frau, deren Vater sehr reich war, weil er sehr viele Ziegen besaß. Und es wurden immer mehr Ziegen, denn er schlachtete nie auch nur eine einzige von ihnen. Denn er war ein Menschenfresser, genau wie seine Tochter. Nachdem der älteste Sohn also eine Weile bei den Menschenfressern gewohnt hatte, ging er zurück zu seinen Eltern und fragte, ob der nächstälteste Bruder nicht kommen und ihm bei der Arbeit helfen könnte, weil seine Frau mit den Kindern so beschäf tigt sei. Seine Mutter schöpfte keinen Verdacht und gab ihm arglos ihren Sohn mit. Auf dem Weg zum Menschenfresser blieb der ältere Bruder plötzlich stehen und sagte: ›Das ist die Stelle, wo sich die jüngeren Brüder den Lendenschurz ausziehen.‹ Und sein Bruder tat es. Dann kamen sie zu einem Wasserloch, und der ältere Bruder trank reichlich davon. Als aber sein jüngerer Bruder auch trinken wollte, sagte er: ›Halt, Kinder dürfen dieses Wasser nicht trinken.‹ Und wieder beugte sich der jüngere Bruder seinem Befehl. Als die beiden zurück zum Menschenfresser kamen, begrüßte der sie freudig und sagte dem jüngeren Bruder, sein Schlafplatz wäre nicht in ihrer Hütte, sondern im Stall. Danach schlachteten sie eine Ziege zu Ehren seines Besuches. Der Junge schöpfte keinen Verdacht, sondern aß sich mit der Ziege voll und legte sich zum Schlafen nieder.
In der Nacht aber kam der Menschenfresser mit dem Topf, in dem er das Blut vieler schon vorher getöteter Menschen aufbewahrte, und besprenkelte den Jungen mit diesem Blut. Und wenn das einmal geschehen war, dann war man verloren und musste sterben. Und so starb der Junge.«
»Das reicht jetzt!«, fuhr Ludwig verärgert dazwischen. »Hendrik, diese Geschichte mag zu den Weibern in deinem Kraal passen, aber hier bei meiner Verlobten ist sie gänzlich fehl am Platz. Bitte entschuldige das, Charlotte. Ich glaube außerdem, es wird Zeit, das Fleisch zu essen.«
Mit einem Schulterzucken erhob sich Hendrik und ging zurück zu dem anderen Feuer. Fanny sprang auf und folgte ihm. Es war ihr egal, was Ludwig denken würde. »Warum hast du diese Geschichte ausgesucht?«
Hendrik schnalzte mit der Zunge. »Wegen deinem Zeichen und dieser Perlen da.« Er deutete auf die gelben afrikanischen Perlen in ihrem Armband. »Es sind Schutzperlen, die nur Häuptlinge und Zauberer tragen dürfen.«
»Charlotte, kommst du bitte wieder zu unserem Feuer zurück! So ein Verhalten schickt sich nicht.«
Fanny ignorierte Ludwig. »Was für ein Zeichen? Meinst du diese Perlen? Weißt du, wem sie gehört haben?« Sie musste es wissen, um jeden Preis.
Hendrik senkte den Blick und murmelte etwas in einer Sprache, die Fanny noch nie gehört hatte. »Is ge ge luu itliras oms tlinaa Khaisa.«
»Was bedeutet das?«, fragte Fanny und drehte sich zu Ludwig um, der zu ihr eilte.
»Es ist Nama
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