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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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wie eine Aura aus Kraft. Niemand musste ihr sagen, dass es eine große Ehre war, ihr vorgestellt zu werden. Mbhali Madiba stand vor ihr wie eine fremdartige Göttin, die wie aus der Erde emporgewachsen war.
    In ihrer Gegenwart schien alles zu schrumpfen, Fanny fühlte sich wie durchsichtig, die Härchen an ihren Armen stellten sich auf, und sie merkte, dass sie flacher und schneller atmete. Es kam Fanny in den Sinn, dass es vielleicht angebracht sein könnte, sich vor dieser, »die Goldene« genannten, Frau zu verbeugen. Doch sie war wie erstarrt und konnte nur den Kopf neigen, dann streckte sie Zahaboo wortlos die Hand entgegen. Als Johns Mutter keine Anstalten machte, diese zu ergreifen, ließ sie sie langsam wieder sinken.
    Fannys Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt. Neugierig betrachtete sie Zahaboo. Ihr Haar war nicht geflochten oder frisiert wie bei allen Eingeborenen, die Fanny bis jetzt gesehen hatte, sondern kurz geschoren. Wie eine weiße Kappe lag es auf ihrem imposanten, ovalen Kopf. An den Ohren baumelten unterarmdicke goldene Reife. Das dreieckige Gesicht wurde von den großen Augen und einer sehr breiten Nase dominiert. Zahaboo wandte sich Fanny zu, die das Gefühl hatte, von diesen unendlich traurig wirkenden Augen verschlungen zu werden.
    Zahaboo zeigte auf die Perlen in Fannys Armband, deutete dann auf das andere Handgelenk und sagte mit sehr tiefer, rauer Stimme etwas zu John in einer Sprache, die Fanny noch nie gehört hatte.
    »Ziputhisa injakazi emhlophe!« Das musste Zulu sein. Fanny fand, dass es wunderschön klang, und sie nahm sich vor, John später zu fragen, was seine Mutter gesagt hatte.
    Zahaboo sprach John nur mit Amandla Dumisani an, sie klang sehr ruhig und bestimmt, aber John reagierte heftig und wurde laut. Schließlich schüttelte seine Mutter den Kopf und verschwand lautlos in der Dunkelheit.
    Fanny unterdrückte den Impuls, ihr nachzugehen. Sie fühlte sich auf einmal so allein und schwach und erschöpft wie damals, als man Charlottes Leiche über Bord geworfen hatte. Sie setzte sich auf einen der Felsblöcke.
    »John?«
    »Ich entschuldige mich für meine Mutter.«
    »Niemand muss sich für seine Mutter entschuldigen«, sagte Fanny.
    »Doch.«
    »Möchten Sie mir erklären, was passiert ist?«
    »Nein.«
    Seine knappen Antworten steigerten noch Fannys Neugier. »Warum wollten Sie denn überhaupt, dass wir uns kennenlernen?«, hakte sie nach, doch John war offensichtlich nicht zu einem Gespräch bereit.
    »Fahren wir«, sagte er und ging ohne ein weiteres Wort zurück zum Karren. Fanny blieb nichts anderes übrig, als hinter ihm her durch die Dunkelheit zu stolpern.
    Kaum hatte sie den Steinkreis verlassen, durchdrang ein frostiger Nachtwind ihre Jacke und schlug seine kalten Klauen in ihre Knochen. Jetzt erst wurde ihr bewusst, wie sehr der Steinkreis sie in einen Kokon aus Wärme und Stille gehüllt hatte. Nun nahm sie plötzlich wahr, wie der Wind um die Köcherbäume strich, hörte ein ständiges Rascheln im Gras und in den Bäumen, hörte das Huschen von Tieren, die nach der Hitze des Tages zum Jagen herauskamen.
    John half ihr auf den Wagen und sagte kein Wort.
    »John Amandla Dumisani Madiba, was hat das alles zu bedeuten?«
    Statt einer Antwort schlug John mit der Peitsche auf die Pferde ein. Der Wagen schoss so ruckartig los, dass Fanny fest auf den Kutschbock gepresst wurde. Nachdem sie eine Weile schweigend gefahren waren, räusperte sich John, doch dann schüttelte er den Kopf und trieb die Pferde heftiger an.
    »Warum sagen Sie mir nicht, was passiert ist?«, versuchte Fanny noch einmal, ihm eine Erklärung zu entlocken.
    Er reagierte wieder nicht, weshalb Fanny ihre Frage gereizt und lauter wiederholte. Dann kamen ihr die ersten Worte, die Zahaboo geäußert hatte, wieder in den Sinn, und sie fügte hinzu: »Was bedeutet Ziputhisa injakazi emhlophe ?«
    John lachte gequält auf. »Na gut, Sie wollen es ja nicht anders. Es bedeutet: ›Bleib weg von der weißen Hexe.‹ Meine Mutter sagt, Sie sind nicht nur eine Lügnerin, sie behauptet auch …« Er stockte.
    »Ja?« Fannys Stimme klang in ihren eigenen Ohren hoch und panisch. Eine Lügnerin – seine Mutter, diese afrikanische Zauberin, hatte sie also durchschaut.
    »Meine Mutter behauptet außerdem, dass Sie in einen Mordfall verwickelt sind. Und, sind Sie nun zufrieden?«
    Fanny sah die Wut in seinen Augen, als er ihr die Worte entgegenschleuderte, und hätte im ersten Moment beinahe

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