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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Schmerz, der ihren Körper heimsuchte und ständig stärker wurde.
    »Ich glaube, wir sollten bis zur Morgendämmerung hier bleiben und dann erst weiterreiten.«
    John klang sehr sanft, und Fanny war ihm dankbar, dass er sich jegliches »Ich habe es gleich gesagt« sparte.
    »Wir können nicht noch ein Pferd opfern, das würde Ludwig noch wütender machen, schließlich gibt es in Deutsch-Südwest nur so wenige.«
    Er schüttelte leicht den Kopf. »Europäer begreifen nur schwer, dass es Dinge gibt, die man nicht ändern kann. Meine Mutter würde sagen: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.«
    »Aber du bist auch ein halber Europäer, ich meine, Sie sind einer«, verbesserte sich Fanny schnell. Jetzt musste unbedingt die Form gewahrt bleiben.
    »Ja, und genau deshalb bin ich auch geritten, obwohl ich hätte wissen müssen, was ich in diesem Land ändern kann und was nicht. Es ist nun einmal, wie es ist: Im Sommer verschwindet das Wasser, und wenn die Nacht kommt, verschwindet die Sonne. Wer nachts eine Panne hat, wartet, bis die Sonne wieder scheint. So einfach ist es eigentlich, und wir hätten es gleich akzeptieren müssen. Aber wenn man so etwas Unbedachtes tut wie das, was ich heute Abend getan habe, dann muss man wirklich alles versuchen, um schlimmere Konsequenzen abzuwenden. Das haben wir getan, doch jetzt sollten wir alles daransetzen, diese Nacht zu überleben.« John setzte sich neben sie. »Sie kennen das ja schon, wir müssen ein Feuer machen, um die Hyänen abzuhalten.«
    Fanny fühlte sich so elend, dass sie nicht in der Lage war, etwas anderes zu tun, als sich flach hinzulegen. Ihr Blick wandte sich dem Nachthimmel zu, doch durch die dicken, schwarzen Wolken schimmerten nur vereinzelt Sterne, schwach wie im Wind flackernde Kerzen.
    John hockte sich wieder neben sie und betastete den dick angeschwollenen Arm. »Wir müssen das schienen. Sie bleiben liegen, ich kümmere mich um alles.«
    »Mir ist kalt«, brachte Fanny mit klappernden Zähnen hervor. Welcher Teufel hatte sie nur geritten, mit John loszuziehen? Sie wünschte sich nichts sehnlicher als eine Decke und etwas zu trinken.
    »Und es wird noch viel kälter. Wir müssen uns gegenseitig wärmen, das Feuer wird nicht ausreichen.« John stand wieder auf, zog seine Jacke aus und hüllte Fanny darin ein. »Bitte nehmen Sie das, ich bin gleich zurück.«
    Fanny schloss die Augen. Seine Jacke roch nach Honig und Leder und Salz. Der Geruch besänftigte ihren aufgewühlten Magen, aber in ihrem Arm pochte und klopfte der Schmerz wie ein Flaschengeist, der dicker und dicker wurde und aus seinem winzigen Gefängnis befreit werden wollte. Man müsste es kühlen, dachte sie. Dabei war es ja kalt, ihr war kalt. Doch wenn sie an Ludwig dachte, dann wurde ihr schlagartig heiß. Heiß vor Scham. Er würde toben. Möglicherweise konnte sie es schaffen, dass er niemals etwas davon erfuhr. Wenn es ihm keiner sagte, wie sollte er es dann herausfinden? Er redete sowieso nie mit den Angestellten, er befahl nur. Das Pferd!, fiel ihr ein, das tote Pferd. Wie sollte sie das erklären? Nein, sie würde ihm alles beichten müssen. Zwischen Mann und Frau sollte es ohnehin keine Lügen geben.
    Ihre Lippen verzogen sich zu einem freudlosen Lächeln. Charlotte von Gehring … Vielleicht sollte sie überhaupt reinen Tisch machen. Doch durch die Wahrheit würde sich Ludwig entsetzlich gedemütigt fühlen, und ihr Leben würde der Hölle gleichen. Wie schade, dass er nicht der Mann war, als der er sich in den Briefen dargestellt hatte, dann könnte sie mit ihm reden und alle Lügen aus der Welt schaffen.
    Sie versuchte, eine neue Welle von Übelkeit wegzuat men. Dabei stieg ihr wieder der angenehme Duft von Johns Jacke in die Nase, salziger Lederhonig.
    Sie verschob ihr Armband, damit es nicht noch von der Schwellung gesprengt wurde. Nie wieder werde ich in diesem Land ohne eine Decke und ausreichend Essen und Trinken auch nur einen Schritt vor die Tür machen, schwor sie sich. Ganz egal, was für ein Notfall auch immer sie von zu Hause wegholen würde.
    Plötzlich erinnerte sie sich an Ludwigs Arzttasche. Sie könnte wenigstens etwas gegen die Schmerzen einnehmen und den Arm schienen. Sie setzte sich auf, um sie zu holen, doch ihr wurde sofort so schwindelig, dass sie gleich wieder zurücksank. John hatte recht. Sie mussten die Nacht über hierbleiben.
    Sie wartete, bis John mit dem Holz zurückkam. Er fluchte unablässig vor sich hin, während er versuchte, ein

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