Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
Männer mit einem Fleischermesser erstochen«, gab Alexander zu bedenken. »Das bringt eine Frau einfach nicht.«
    »Weshalb nicht? Von hinten, hast du gesagt, in einem Moment, wo die armen Kerle dachten, sie werden gleich gebumst. Ich bitte dich, da sind sie doch wehrlos wie Opferlämmer.«
    Alexander schwieg. Er musste Joachim recht geben. Aber der Gedanke war unerträglich. Dieser Sascha – ein nichtsnutziges Weib – sollte ihm diesen üblen Scherz gespielt haben, sollte in seinem Namen – nicht auszudenken, diese Entehrung! – sollte in seinem Namen und Habitus Stricher aufgegabelt und sie dann erstochen haben? Und diese Frau lief immer noch frei herum? Lachte sich ins Fäustchen. Oh! Wie Alexander sie lachen hörte! Da gab es doch ein Lied. Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei – drei Morde! Und die Polizei verdächtigte ihn, während diese Frau am nächsten Samstag ihren vierten Mord begehen würde!
    »Was is ’n?«, nuschelte Joachim nach dem fünften Wodka.
    »Wir müssen sie finden, Joachim! Diese Frau. Sie wird weitermorden.«
    »Ja, aber wo? Wo denn? Alle kannten Sascha, aber wie sollen wir die Frau finden?«
    »Sie ist krank, sie möchte wie ein schwuler Mann leben. Das ist ihre Schwäche, damit packen wir sie.«
    Joachims Kopf sank an Alexanders Schulter. »Mmh, glaubst du?«
    Alexander richtete Joachim auf. »Komm, lass uns schlafen gehen. Wir reden morgen darüber.«
    ***
    Joachim kam gegen neun Uhr etwas verkatert ins Büro und murmelte im Vorübergehen »Alexander kommt später.«
    Missbilligend beobachtete Inge Lorenzen, wie Steinchen gähnend durch die Glastür zur Linken seinem Büro zustrebte. Alexander? Die beiden mochten sich ja duzen, aber nicht bei ihr. »Wann kommt denn der Herr Professor ins Haus?«, rief sie ihm hinterher.
    Joachim drehte sich in der Tür um. »Der Herr Professor«, betonte er, »wird uns gegen Mittag mit seiner Gegenwart beehren, gnädige Frau.«
    Inge Lorenzen begriff die Ironie und lächelte versöhnt. »Gut, gut. Ich muss es nur wissen. Frohes Schaffen, Herr Doktor!«
    In seinem Büro angekommen, schloss Joachim erst einmal die Tür ab, was er sonst nie tat. Dann rief er zu Hause an. Monika war am Apparat. »Hallo Monika. Gibst du mir bitte Jan?«
    »Wo bist du denn?«
    »Im Büro, Monika, wo sonst?«
    »Und wie geht es Alexander? Hast du ihn gut gepflegt?«
    »Ihm geht es wieder gut.«
    »Das tut mir leid. – Jaaaan!«
    »Hallo Joachim? Was ist denn?«
    »Jan«, sagte Joachim leise in die Muschel, »wir müssen uns heute unbedingt sprechen, aber allein, ohne Monika. Kannst du das einrichten?«
    »Heute Nachmittag hat sie ihre Schreibgruppe. Um halb fünf im Brauereikeller?«
    »Um halb fünf. Bis nachher.«
    Joachim legte den Hörer auf und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. Er warf einen Blick auf den rotbraunen Aktendeckel auf seinem Schreibtisch, schob ihn zur Seite und starrte aus dem Fenster. Er dachte an Sascha.
    Als Alexander um halb zwölf zu ihm hereinkam, sah er immer noch aus dem Fenster. Er zuckte zusammen. »Wie war’s?«
    »Zieh dich an, wir gehen zum Chinesen an der Ecke, da erzähle ich dir alles.« Er sah nicht fröhlich aus.
    Beim Essen erfuhr Joachim, dass die Gegenüberstellung nicht so gut verlaufen war. Der Kellner im ›Roten Hahn‹ und der Bursche am Empfang im ›Haus Waldesruh‹ in Winsen hatten zwar eindeutig ausgesagt, dass keiner der acht gleich gekleideten Herren mit ihren Besuchern identisch sei. Die fünf Stricher, die auf der Straße angesprochen worden waren, hatten jedoch alle auf Alexander gezeigt. Allerdings, festlegen wollte sich keiner von ihnen, es war ja schon dunkel gewesen.
    »Und was bedeutet das für dich?«
    »Dass der Verdacht nicht ausgeräumt ist. Immerhin haben sie mich aus acht Männern herausgepickt.«
    Joachim stieß einen Pfiff aus. »Das Mädel muss dich wirklich gut imitiert haben.«
    Alexanders Hände lagen flach auf dem Tisch, er neigte seinen Oberkörper nach vorn wie bei einem Angriff. »Die Irre, wolltest du sagen. Verrückte entwickeln manchmal eine gewisse Genialität.«
    Joachim häufte sich Reis auf den Teller. »Dein Chopsuey wird kalt. – Wie geht es nun weiter? Stehst du unter Arrest oder so etwas?«
    »Nein, für einen Haftbefehl reichte es noch nicht«, schnaubte Alexander und dachte an den blonden Becker, der ihm das mit Bedauern mitgeteilt hatte. »Aber ich hätte Hamburg bis auf Weiteres nicht verlassen dürfen.«
    »Wie? Auch nicht

Weitere Kostenlose Bücher