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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Samstag, würde Barbara zusammen mit ihm und mit Grünwaldt auf der Benefiz-Gala sein! Dann konnte sie keinen Mord vorhaben. Jan kam der Gedanke jetzt extrem lächerlich vor. Sie hatte auch keine Scheu, ihn mit Grünwaldt zusammenzubringen. Jan erinnerte sich flüchtig an einen wortkargen Herrn auf der Hamburgausstellung, er wusste nicht, dass er selbst der Grund für dessen schlechte Laune gewesen war.
    Er versicherte Barbara, dass er wahnsinnig gern mitkäme, und dann nahm sie ihn mit auf den Boden, wo sie ihm ihre acht Bilder mit den traurigen Kindern zeigte. »So was mögen die Leute, gerade zu Weihnachten«, sagte sie.
    Jan bemerkte hinten im Dunkeln an der Wand etliche zugehängte Bilder, aber er mochte Barbara nicht nach ihnen fragen. Er ließ sich auf die Couch fallen, auf der eine auffallend neue, saubere Decke lag, und sah sich um. Ein richtiges Maler-Atelier. Keine Sex-Werkzeuge, keine Folterwerkzeuge, keine Video-Kameras, nichts, was auf einen Raum hinwies, wo Orgien stattfanden. Oder Schlimmeres.
    Ein Atelier ist sicher häufig auf einem Boden wegen des Oberlichts
, dachte er, und machte sich klar, dass alle Verdachtsmomente lediglich auf eine Malerin hingewiesen hatten, von denen es viele in Hamburg geben mochte. Gewiss, Barbara gehörte im weitesten Sinne zum Bekanntenkreis, aber sie kannte Monika immerhin zwei Jahre. Absonderliche Neigungen wären Monika doch sicher aufgefallen.
    »Montag fahre ich nach Berlin«, sagte er. »Dann sehen wir uns wohl erst im neuen Jahr wieder?«
    Barbara sagte nichts.
    »Was machst du denn über Weihnachten?«
    »Ich besuche meine Tante im Schwarzwald«, sagte sie schnell.
    »Ach, da hast du eine Tante?«
    »Ja, Tante Lissi. Ich besuche sie regelmäßig zu Weihnachten, da unten ist eine traumhafte Winterlandschaft.« Sie ging zur Tür. »Gehen wir wieder nach unten? Wir machen uns noch einen Nudelauflauf mit Schinken, was hältst du davon?«
    ***
    Joachim und Alexander hatten wegen der Hektik im Büro den Freitagabend im Club ausfallen lassen. Am Samstag vor dem vierten Advent, nachdem Jan sich, etwas von Weihnachtsgeschenken murmelnd, gleich nach dem Mittagessen verabschiedet hatte, machten auch Joachim und Monika noch einen Bummel durch das weihnachtliche Hamburg. »Hoffentlich passiert es heute nicht«, sagte Jan noch zu Joachim, und der erwiderte: »Ja, hoffentlich nicht. Ich glaube, sie wartet ohnehin die Anzeige ab.«
    Aus irgendeinem Grund löste diese Antwort bei Jan ein unbehagliches Gefühl aus. Es verschwand wieder, als er Barbara bei der Benefiz-Gala traf. Sie war todschick angezogen und strahlte soviel Herzlichkeit und Selbstvertrauen aus, dass sie sofort von Leuten umringt wurde. Jan und Grünwaldt standen daneben und sahen sich an. Grünwaldt rang sich ein Lächeln ab, und Jan lächelte zurück. »Wir kennen uns bereits, nicht wahr?«
    Grünwaldt rückte seine Krawatte zurecht, nickte einem vorübergehenden Bekannten flüchtig zu und sagte von oben herab: »Glauben Sie? Mir momentan nicht erinnerlich, helfen Sie mir bitte auf die Sprünge?«
    Jan zwinkerte. »Alt-Hamburg, Hafen, Segelschiffe.«
    »Oh – ja, an die Ausstellung erinnere ich mich. Barbara hatte gut verkauft. Aber an Sie – tut mir leid, es war so voll auf der Eröffnungsfeier.«
    »Wer sagt denn, Herr Grünwaldt, dass ich auf der Eröffnungsfeier dort war? Die Ausstellung lief doch sechs Wochen?«
    Grünwaldt befummelte weiter seine Krawatte. »Äh – hatten Sie nicht Eröffnung gesagt?« Ungehalten sah er sich nach Barbara um, die immer noch Hände schüttelnd Auskünfte gab. Dann spießte er Jan mit einem missbilligenden Blick auf. »Sind Sie ein guter Bekannter von Barbara?«
    »Das kann man so sagen. Und Sie? Kennen Sie sie schon lange?«
    »Seit ihrer Kindheit«, prahlte Grünwaldt. »Ich kannte schon ihren Vater, ein Prachtkerl von einem Mann, leider verunglückt.«
    »Dann vertreten Sie wohl so etwas wie die Vaterstelle an ihr?«, fragte Jan harmlos, während er auf das Transparent auf der Bühne entzifferte: ›Brasiliens Kinder sind unsere Kinder.‹
    Grünwaldt straffte seine Gestalt. »Ich bin ihr Agent, mein Herr.«
    »Das ist ja so ähnlich«, meinte Jan beiläufig. »Hatte Barbara denn noch andere Talente außer dem Malen? Das Theater beispielsweise? Kostüme? Verkleiden?«
    »Nicht dass ich wüsste«, kam es scharf. »Barbara ist eine recht ernsthafte Frau, so etwas hätte sie für Firlefanz gehalten. Sie lebte und lebt für ihre Malerei.«
    Da kam Barbara auch schon auf

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