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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Maskottchen Saschalein so gern und Alexander möchte sich Saschalein ans Revers heften.«
    Joachim packte die kalte Wut, seine vorsichtige Höflichkeit fiel von ihm ab. »Du möchtest sein wie Alexander, aber du bist es nicht!«, schrie er. »Alexander würde keine Morde begehen!«
    »Nein?« Er hörte ein spöttisches Seufzen. »Im Bett kennst du ihn besser als ich, das gebe ich neidvoll zu. Aber wie kannst du wissen, was Alexander täte, wenn er frei wäre wie ein Adler? Er ist wie ein Raubtier, das man in Ketten geschlagen hat. Ich will diesem großen, starken Tier die Freiheit geben.«
    »Indem du ihn beinah ins Gefängnis gebracht hättest?«
    »Unterstelle mir keine Gemeinheiten. Ich habe die Morde immer dann begangen, wenn Alexander im Club war. Ein perfektes Alibi, nicht wahr? Vielleicht für den Club nicht sehr erfreulich, aber so spielt das Leben.«
    Joachim wurde durch Frau Lorenzen unterbrochen. »Ach, lassen Sie sich nicht stören, ich wollte nur Ihre Kaffeetasse mitnehmen. In der Küche läuft nämlich gerade der letzte Spülgang für heute.«
    Joachim hielt die Hand auf den Hörer, bis sie draußen war. Dann sagte er leise und eindringlich: »Hier kommt ständig jemand herein, ich kann nicht ungestört sprechen. Bitte, sag mir, was du von uns willst.«
    »Du und Alexander, ihr müsst das Land verlassen!«
    Joachim lachte trocken. »Das Land verlassen? Einfach so? Und weshalb?«
    Auf der anderen Seite kam eine Weile nichts, nur angestrengtes Atmen. Dann sagte Sascha: »Ich möchte, dass du es verstehst. So wie Jan dein Zwillingsbruder ist, so ist Alexander mein Zwilling. Aber wir können nicht gemeinsam existieren, einer von uns beiden muss verschwinden.«
    Sie hat den Verstand verloren
, dachte Joachim, und heuchelte Verständnis. »Du meinst wohl so etwas wie einen Seelen-Zwilling?« Sascha bestätigte, dass es die Sache einigermaßen gut treffe.
    »Und ich muss auch das Land verlassen?«
    »Ohne dich wäre Alexander todunglücklich. Ich will nicht, dass er leidet, ich will, dass er lebt, liebt und frei ist von allen beruflichen und gesellschaftlichen Zwängen. Das ist auch Alexanders Wunsch, oder nicht?«
    Joachim räusperte sich. »Und wo soll dieses Utopia liegen?«
    »In Rio. Ihr werdet beide nach Rio gehen, es ist doch euer Traum?«
    Joachim lachte. »Ein teurer Traum. Um dort, wie du dich ausdrückst, frei wie ein Adler zu leben, braucht man sehr viel Geld.«
    »Reichen fünf Millionen?«
    Joachim schluckte. »Du besitzt fünf Millionen?«
    »Sie gehören euch, wenn ihr einverstanden seid.«
    Sie ist völlig verrückt
, dachte Joachim.
Man muss sie einsperren, wenn man nur wüsste, wer hinter Sascha steckt?
»Das müsste ich mit Alexander besprechen«, sagte er vorsichtig.
    »Tu das«, erwiderte sie kalt. »Wenn er zustimmt, gebt ihr in der Dienstagsausgabe der Morgenpost unter den Grußanzeigen Folgendes auf: ›Das Wetter in Rio ist fabelhaft‹. Andernfalls werde ich dafür sorgen, dass Alexander beim nächsten Mord kein Alibi hat.«
    »Sascha!«, schrie Joachim und umklammerte den Hörer, als könne er sie festhalten. »Was ist danach?«
    »Danach melde ich mich wieder.«
    »Aber …«
    Sie hatte aufgehängt. Joachim starrte zwei Minuten vor sich hin und grübelte über das merkwürdige Gespräch nach. Fahrig griff er nach seiner Kaffeetasse, aber er griff ins Leere, sie befand sich bereits im letzten Spülgang.
Schade
, dachte er,
schade, dass Sascha verrückt ist. Alexander und ich mit fünf Millionen in Rio, das würde uns gefallen.
    Er rief bei Frau Lorenzen durch. »Hat er noch Besuch?«
    »Ist gerade weg.«
    »Dann komme ich vorbei.«
    Auch Alexander schien einen anstrengenden Tag hinter sich zu haben, er wirkte abgespannt. »Noch jemand, der einem hart arbeitenden Menschen kein ruhiges Wochenende gönnt?«, fragte er müde.
    »Das kann man so sagen. Sascha hat angerufen!«
    Schlagartig war alle Müdigkeit aus Alexanders Gesicht gewichen, sein geschmeidiger Körper streckte sich, als bereite er sich auf einen Angriff vor. »Und?« Die fiebernde Ungeduld in seinem Blick schien zu fragen: Hast du sie am Schlafittchen?
    Joachim schilderte ihm das Telefongespräch, während Alexander kerzengerade am Fenster stand und seine Finger leise auf das Glas trommelten. Mit einer unsäglich verächtlichen Handbewegung kommentierte er die Sache. »Ich habe dir gleich gesagt, dass sie verrückt ist. Sie meint, sie sei mein Zwilling? Wie nennt man das? Napoleonischen Größenwahn? Na, so ist es doch.

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