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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Alle Kretins dieser Welt halten sich für den großen Bonaparte.«
    »Was hältst du von ihrem Angebot?« Joachim grinste bei dieser Frage.
    Alexander zuckte die Schultern. »Indiskutabel. Niemand schmeißt uns fünf Millionen hinterher, weil wir gern an der Copa Cabana flanieren möchten. Außerdem lasse ich mich von keiner Frau abkommandieren und von so einem verrückten Weib erst recht nicht.«
    »Aber gerade, weil sie verrückt ist, müssen wir klug vorgehen. Vergiss nicht, dass sie mordet und dass sie es auch weiterhin tun wird. Wir sollten zum Schein darauf eingehen und gleichzeitig die Polizei verständigen.«
    Alexander ging ein paar Schritte auf und ab. »Aber vorerst ohne Polizei. Ich möchte den Fisch sicher am Haken haben, bevor wir dort Wind machen.« Er blieb stehen. »Gut. Wir geben diese Anzeige auf. Sie wird sich melden, sagte sie? Wann? Bei wem?«
    Joachim zuckte die Achseln. »Das Weitere müssen wir erst einmal ihr überlassen.«
    ***
    Jan erfuhr am Abend von Saschas Anruf, und er teilte die Ansicht der beiden, dass diese Frau verrückt sein müsse. Keinen Augenblick glaubte er an das Märchen mit den fünf Millionen, und er hielt es ebenfalls für richtig, die Anzeige aufzugeben. Gleichzeitig erleichterte der Anruf ihn etwas. Barbara, die sich ihm immer wieder gegen seinen Willen als Verdächtige aufgedrängt hatte, konnte es nicht sein, sie war nicht verrückt. Sie war gescheit, offen und liebenswürdig. Und sie hatte es weiß Gott nicht nötig, einen Alexander nachzuahmen. Barbara Waszcynski war selbst eine Persönlichkeit mit einem gesunden Selbstbewusstsein.
    Trotzdem oder gerade deswegen beschloss er, ihr noch am selben Abend einen Besuch abzustatten, unangemeldet, um auch die letzten Zweifel auszuräumen. Joachim und Monika sagte er nichts davon. Joachim kannte Barbara nicht, und Monika hatte sie in letzter Zeit nicht mehr erwähnt. Barbara hatte sich lange nicht gemeldet, und Monika war es merkwürdigerweise recht.
    Gegen halb zehn parkte er seinen Wagen vor ihrem Haus in Wellingsbüttel. Auf ihrem Boden und im Wohnzimmer brannte Licht. Er klingelte, und es dauerte etwa eine halbe Minute, bis er Schritte auf der Treppe hörte. Die Tür wurde aufgerissen, und Barbara stand da in ihrem Malerkittel, Gummiband im Haar, und lachte. »Jan! Das ist aber eine Überraschung. Komm doch herein!«
    Jan grinste. »Hast du gewusst, dass ich es bin?«
    »Ja, ich kann die Besucher vom Küchenfenster aus sehen. Setz dich schon mal ins Wohnzimmer, ich mache mich etwas menschlicher, du siehst ja, ich bin bei der Arbeit.«
    »Mit dem grünen Farbspritzer auf der Nase siehst du noch süßer aus«, wagte Jan ein Kompliment, einfach, weil ihm leicht ums Herz war. Eine dreifache Mörderin konnte nicht so unbefangen auf einen Überraschungsbesuch reagieren. Zumal am Tag vor dem vierten Mord, wenn sie ihre Advents-Morde fortsetzen wollte.
    »Ich mache dir auch gleich einen auf die Nase, dann siehst du aus wie ein Troll!«, drohte sie lachend und ging ins Badezimmer. Kurze Zeit darauf erschien sie in Hose, Pulli und ausgetretenen Pantoffeln. Jan stand bereits in der Küche. »Ich habe dein geheiligtes Revier schon mal fürs Wasserkochen benutzt«, rief er.
    »Geheiligtes Revier? Chauvi!«
    »Ich dachte, wir trinken einen Tee. Hast du Advents-Tee?«
    »Ja, oben links bei den anderen Tees. Da ist auch Kandis. Und Pfefferkuchenherzen müssen auch noch da sein. Bring doch alles her.«
    Kurze Zeit später saßen sie gemütlich beisammen, und Jans Verdacht hatte sich verflüchtigt – fast. »Auf deinen Boden lässt du mich heute wohl auch nicht?«, fragte er beiläufig.
    »Warst du sauer deswegen? Ich mag keinen hinauflassen, wenn ich halb fertige Bilder habe, da sind alle Künstler komisch. Heute kannst du mein Atelier gern besichtigen. Ich war furchtbar im Stress – habe ich dir nicht von dieser Benefiz-Gala erzählt? Ich habe noch acht Bilder gemalt, sind nicht meine besten, aber die Warenhäuser nehmen sie. Der Erlös ist für Straßenkinder in Brasilien.«
    »Daran hast du also die ganze Zeit über gesessen?«
    »Ja, hab’s Grünwaldt versprochen.«
    Grünwaldt! Der Name fiel Jan wieder ein. Grünwaldt kannst du auch fragen, der ist nicht schwul.
    »Wann – siehst du ihn denn?«
    »Morgen. Morgen ist die Veranstaltung, ich werde da sein. Kultur pur, Literatur, Musik, Malerei. Es kommen viele Künstler. Willst du mich nicht begleiten, Jan?«
    Jan hörte Englein musizieren. Morgen, an dem berüchtigten vierten

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