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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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bin ein ehemaliger Kollege Ihres Sohnes. Ich muss Sie dringend sprechen.« Erwin formte mit den Händen einen Trichter. »Sta-Si«, flüsterte er.
    Maria öffnete. »Sie sind vom MfS? Bitte, kommen Sie herein.«
    »Pst! Nicht so laut!« Erwin sah sich um und schlüpfte schnell in den halbdunklen Flur mit dem glänzenden Linoleumbelag. Er grinste. »Muss doch nicht jeder wissen.« Er hielt ihr die Hand hin. »Guten Tag Frau Matuschek. Köpke mein Name, Erwin Köpke.«
    Maria übersah die Hand. »Das sagten Sie schon«, sagte sie kühl. »Bitte nehmen Sie doch im Wohnzimmer Platz.« Sie ging voran und wies auf den Sessel mit dem flachen Kissen.
    »Ich bin so frei.«
    »Trinken Sie einen Kaffee? Das Wasser ist noch heiß.«
    »Danke, gern.«
    Maria verschwand in der Küche. Erwin musterte das beinah ärmlich eingerichtete Wohnzimmer. An der Wand hingen zwei verblichene Fotografien, ein selbst gesticktes Bild nach Vorlage und ein Druck im Plastikrahmen: Bergsee in den Alpen. Die Möbel schienen noch aus Grotewohls Zeiten zu stammen. Erwin wunderte sich.
Kann auch Tarnung sein
, dachte er.
Hat die Mäuse aus den fetten Zeiten vielleicht auf der Bank. Man will ja heute nicht mehr den Bonzen herauskehren.
    Maria stellte den Kaffee und die Dosenmilch vor ihn hin. »Nehmen Sie auch Zucker?«
    »Nein danke.«
    Maria setzte sich auf die Couch. »Was kann ich denn für Sie tun, Herr Köpke?«
    Erwin schlürfte etwas Kaffee.
Pulverkaffee!,
dachte er abwesend.
    »Sie sagten, es ginge um Jan?«, hakte Maria nach.
    Erwin nickte und lächelte. »Waren doch keine schlechten Zeiten damals, was?«
    »Wie man es nimmt. Jan hat seine Arbeit immer korrekt gemacht. Korrekt, Herr Köpke. Er hat sich nichts vorzuwerfen, damals nicht, heute nicht. Heute fährt er Taxi, hat die Konzession anstandslos bekommen.«
    »Klar, Frau Matuschek«, sagte Erwin und schlug einen vertraulichen Ton an. »Jan war ein geschätzter Mitarbeiter und ein guter Kumpel. Man konnte ihm vertrauen, deshalb hatte er ja auch diesen gut bezahlten Posten bekommen.«
    »Ja. Jan ist ein gescheiter Junge. Und korrekt. Das hat er von mir. Ich bin Säuglingsschwester, da muss man auch korrekt sein. Aber worauf wollen Sie hinaus?«
    Erwin musterte die beiden Fotografien an der Wand. Maria beobachtete ihn. »Das sind meine Eltern.«
    »Heute geht es Ihnen wohl nicht mehr so gut, Frau Matuschek?« Erwin fuhr über den fadenscheinigen Stoff der Lehne. »Nichts für ungut, aber der hat ausgedient. Na ja, mir geht es auch nicht besser. Manche gehören eben zu den Verlierern. Sie wohl auch?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich bin zufrieden.«
    »Na, wenigstens eine Kaffeemaschine hätte Ihnen Jan mal spendieren können, als er noch in den Gunsten der Partei stand.«
    »Die Partei hat mir mehr gegeben, als Sie ermessen können, Herr Köpke«, sagte Maria kalt.
    »Wo lebt eigentlich Ihr anderer Sohn?«, fragte Erwin unvermittelt.
    »Mein – anderer –?« Maria schluckte und überlegte hastig. »Wie kommen Sie denn darauf? Jan ist mein einziger Sohn.«
    »Was sagt Ihnen der Name Joachim von Stein?«
    Maria starrte Erwin Köpke mit offenem Mund an. »Nichts«, krächzte sie schließlich.
    »Nichts? So.« Erwin nickte zufrieden und schlug die Beine übereinander. Er war auf der richtigen Fährte. »Weshalb sind Sie dann so erschrocken?«
    »Sie – Sie machen mir Angst. Ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen.« Maria erhob sich. »Wer soll denn das sein, Joachim von Stein?«
    »Bleiben Sie doch sitzen, Frau Matuschek. Gerade das möchte ich von Ihnen wissen.«
    »Wer sind Sie? Wer schickt Sie?«, fragte sie tonlos.
    Erwin besah seine Fingernägel mit den schmutzigen Rändern. »Es – gibt da einige dunkle Punkte in Jans Vergangenheit – und in Ihrer, Frau Matuschek. Sehen Sie, dieser Herr von Stein sieht aus wie Jans Zwillingsbruder, ist das nicht merkwürdig?«
    »Zwillingsbruder?«, flüsterte Maria. Sie ließ sich auf die Couch fallen. »Ja, merkwürdig.«
    »Sie scheinen Näheres darüber zu wissen.« Erwin beugte sich über den Tisch. »Jan ist mein Freund, aber es gibt Leute, die wollen ihm was am Zeug flicken. Ehemalige Stasimitarbeiter, die heute mit einem Heiligenschein herumlaufen, Sie wissen, was ich meine? Wenn Sie was wissen, Frau Matuschek, was Jan belasten könnte, dann sagen Sie es mir lieber.«
    »Ihnen? Wieso Ihnen?« Maria war jetzt wachsbleich und zitterte. Sie hätte gern eine geraucht.
    »Weil ich was für ihn tun kann, wenn es brenzlig wird. Ich

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