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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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amüsierten. Und zwei Fische hatte er schon so gut wie an der Angel, sie arbeiteten in einem piekfeinen Büro an der Alster, wo man sicher nicht wollte, dass Erwin dieses kleine Geheimnis verbreitete, und gern ein paar Scheinchen herüberschob.
    Er hatte Pech, dass Inge Lorenzen an diesem Morgen mit dem Lackieren ihrer Nägel und nicht mit einem Phonodiktat beschäftigt war. Sie sah sich ihre Besucher genau an. Beim Eintritt Erwin Köpkes war ihr Guten-Tag-was-kann-ich-für-Sie-tun-Lächeln wie weggewischt. »Jaa?«, fragte sie gedehnt und musterte ihn über ihre Brille hinweg.
    Erwin hatte seine Alltagsklamotten an, andere besaß er sowieso nicht. Die ungnädige Begrüßung störte ihn nicht. Er stützte seine Ellenbogen unternehmungslustig auf ihren Schreibtisch und sagte: »Köpke mein Name, Verehrteste. Ich möchte mit Herrn von Stein sprechen.«
    Inge Lorenzen zuckte nicht mit der Wimper. »Sind Sie angemeldet?«
    »Ich bin sozusagen ein Freund der Familie«, grinste Erwin. »Sagen Sie ihm einfach, Erwin Köpke ist hier, er wird sich schon an mich erinnern.«
    »Tut mir leid«, kam es im unterkühlten Sekretariatstonfall, »Herr von Stein ist nicht im Hause. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
    »Sie, nee, ich glaube nicht. Wann ist er denn da, der Herr von Stein?«
    »Falls Herr von Stein für Sie da sein möchte, kann ich einen Termin mit Ihnen machen, Herr Köpke. Wo kann ich Sie telefonisch erreichen?«
    In diesem Augenblick traten aus Kirchs Büro Kirch selbst und zwei Besucher, die gerade gehen wollten. Erwin erkannte den Mann sofort wieder. »Ich kann auch mit diesem Herrn reden«, bemerkte er lässig, worauf Inge Lorenzen pikiert antwortete, dass die Termine für den Herrn Professor auf Wochen ausgebucht seien.
    »So lange kann ich nicht warten«, sagte Erwin. Nachdem Kirch die beiden Besucher mit ein paar freundlichen Worten verabschiedet hatte, rief Erwin: »Hallo, mein Herr! Ja, Sie!«
    Inge Lorenzen war entsetzt aufgesprungen, doch bevor sie um ihren Schreibtisch herum war, um Erwin Köpke aufzuhalten, hatte der sich bereits zwischen die Besucher und Kirch gedrängt. »Ich muss Sie unbedingt sprechen!«
    Alexander musterte ihn wie ein Insekt, das irrtümlich durch die Tür geflogen war. Dann irrte sein Blick ab zu seiner Sekretärin, sehr ungehalten.
    Bevor Frau Lorenzen die Sache klären konnte, hatte Erwin schon weitergeredet. »Habe eine Nachricht für Sie – vom Club ›Die Freunde‹.« Er blinzelte Alexander zu. »Verstehen Sie?«
    Hinter den verhangenen Lidern blitzte ein schwacher Funke auf. Kirch machte eine kurze Geste. »Schon gut, Frau Lorenzen, der Herr und ich sind verabredet. Ich hatte vergessen, es Ihnen zu sagen.«
    Inge Lorenzen zuckte die Schultern. Dieses Versehen hätte dem Professor nicht passieren dürfen. Wie sollte sie ahnen, dass er Leute in solchen Kreisen kannte?
    Alexander hatte an seinem Schreibtisch Platz genommen und wies auf den Stuhl davor. »Nehmen Sie doch bitte Platz – wie war doch gleich der Name?«
    »Köpke. Erwin Köpke.« Erwin sah sich um, das feine Büro verunsicherte ihn nicht, ganz im Gegenteil! Im Stillen verdoppelte er seine Summe.
    »Sie haben eine Nachricht für mich, Herr Köpke?« Der Mann vor ihm mit dem Gesicht im Schatten und der dunklen Stimme war gelassen, umso besser, er, Erwin Köpke, war es auch.
    »Feines Büro haben Sie hier und eine feine Aussicht. Sicher nicht billig. Also, ich will gleich mal zur Sache kommen, nicht?« Erwin musterte misstrauisch die Sprechanlage. »Das Ding da ist doch nicht eingeschaltet?«
    »Sie können unbesorgt sprechen, Herr Köpke.«
    »Na gut, ich will nicht lange labern. Ich weiß Bescheid über Ihren Club, was da so abläuft.« Erwin zwinkerte. »Männer laufen als Frauen rum – und das andere, das kann ich mir denken. Soll mir egal sein, ich bin nicht prüde, ich nicht. Aber wenn’s rauskäme, das wäre doch peinlich, was – Professorchen?«
    Alexander lächelte so milde wie ein lauer Frühlingswind. »Unerhört peinlich, da haben Sie recht, Herr Köpke. Bitte, erzählen Sie niemandem etwas davon.«
    Erwin legte eine Hand auf die Brust. »Ich kann schweigen wie ein Grab, von mir erfährt niemand was. Zwanzigtausend, und ich bin stumm wie ein Fisch. Ich meine, zwanzig Lappen, das ist doch nichts für Sie, und wo ich von Sozialhilfe lebe.«
    »Wie tragisch, Sie sind doch noch ein junger Mann, Herr Köpke. Aber der Arbeitsmarkt, ich weiß.« Alexander nickte bekümmert. »Mit vierzig gehört man schon

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